Amtsgericht Schwabach: Wilder Westen auf der A6

16.5.2017, 14:40 Uhr

Am 14. September vergangenen Jahres soll von K. auf der Autobahn zwischen dem Kreuz Nürnberg-Süd und der Ausfahrt Schwabach-Süd den 45-jährigen Michael P. (Name geändert) zunächst durch Langsamfahren provoziert und später massiv bedrängt haben.

Er sei nach der Aufhebung einer Geschwindigkeitsbegrenzung über Kilometer hinweg auf der linken Spur weitergefahren, beklagte P., dann habe er selbst mal auf die mittlere Spur auf gleiche Höhe zu dem Mercedes-Fahrer aufgeschlossen und ihm durch Handzeichen deutlich zu machen versucht, dass er ihn doch endlich vorbeifahren lassen solle, so der Zeuge.

"Wie Rumpelstilzchen"

Das sei aber noch nicht alles gewesen, so der 45-Jährige. Ausgebremst habe ihn der Mercedes-Fahrer, von der Fahrbahn wollte er ihn drängen und nach dem Verlassen der Autobahn habe sich der Freiherr hinter der Bahnunterführung in Schwabach beim Abzweig Angerstraße vor ihn gesetzt, sei ausgestiegen und habe versucht, seine Beifahrertüre aufzumachen. "Wie Rumpelstilzchen ist er um mein Auto herum gehüpft", sagte Michael P.; von K. habe ihn als "fette Sau" bezeichnet, habe "das Auto komplett durchgeschüttelt" und seinen Wagen beschädigt. Dann sei er mit quietschenden Reifen weggefahren.

Dem Anwalt des Freiherren, Dr. Jens Graf aus Mannheim, kam das alles nicht geheuer und ein wenig weltfremd vor. Er wusste, dass die Ehefrau des Angeklagten mit dem Handy Videoaufnahmen von dem Vorfall auf der Autobahn gemacht hatte, lehnte sich genüsslich in seinen Stuhl zurück, schlug seine Beine und Arme über Kreuz und begann Fragen zu stellen, um dabei aus dem Fenster des Gerichtssaales zu schauen. Da kam Michael P. ins Schleudern.

War es der "Stinkefinger"?

"Könnte es sein, dass ihre Handbewegung auf der A 6 der Stinkefinger war?" Keine Antwort. "Sie sind in Ruhe hinter meinem Mandanten hergefahren?" – "Ich bin nicht an seiner Stoßstange dran gewesen." "Wo steht Ihr Auto über Nacht?" – "In einem Carport." – "Könnte es sein, dass der Wagen schon vorher beschädigt war?" – Keine Antwort. – "Sie sind zur Polizei gefahren, um den Schaden anzuzeigen?" – "Ja das liegt auf meinem Heimweg." – "Haben Sie auf dem Weg zur Polizei angehalten?" – "Nein." – Woher wussten Sie dann von einem Schaden?" – Keine Antwort.

"Standen Sie schon einmal wegen eines Verkehrsdeliktes vor Gericht?" – "Vor vielen Jahren." – "Warum?" – "Wegen Nötigung." – "War Ihr bisheriges Fahrverhalten bereits Anlass zu Beanstandungen Dritter gewesen?" – "Nein, ich kann mich zumindest nicht erinnern." – "Einträge in einem Verkehrsregister?" – "Bestimmt ja." – "Warum?" – "Wegen Geschwindigkeitsüberschreitung."

Schnelles Ende

Der Rechtsanwalt aus Mannheim beantragte nach diesem Frage- und-Antwortspiel ein Rechtsgespräch, und dann war die Verhandlung auch schnell zu Ende. Richter Michael Schlögl gab bekannt, dass das Verfahren gegen Freiherr von K. vorläufig eingestellt werde. 1500 Euro muss der 60-Jährige an die Verkehrswacht Schwabach bezahlen, dann ist der Fall endgültig erledigt. Für den Richter und die Staatsanwaltschaft waren die Angaben des Belastungszeugen zu schwach, um von K. verurteilen zu können. Die 1500 Euro waren wohl für die Beleidigung.

"Der Rest fand wohl eher anders herum statt", meinte Verteidiger Graf. "Oder glauben Sie, dass die Ehefrau meines Mandanten das Fehlverhalten Ihres Mannes gefilmt hat?"

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