Anwalt auf der Anklagebank: Vorwurf des Parteiverrats

30.1.2016, 09:57 Uhr

Die Verhandlung wurde auf Freitag, 5. Februar, vertagt, da sie nach einem Wechsel der Vorsitzenden des Schöffengerichts „komplett anders aufgezogen wird“, wie Verteidiger Alexander Seifert (Nürnberg) feststellte. Er möchte Akten aus vorausgegangenen Zivilverfahren, die für die neue Vorsitzende Birgit Eckenberger „von größter Relevanz“ sind, durcharbeiten.

Zeit für Akteneinsicht

Schon einmal wurde am Amtsgericht gegen den Juristen verhandelt. Das Verfahren wurde damals unterbrochen, da Anwalt Seifert bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht in das Verfahren eingebrachte Akten einbeziehen wollte.

Zwischenzeitlich wurde Richterin Birgit Eckenberger mit dem Fall betraut. Ein Befangenheitsantrag von Anwalt Seifert gegen Eckenberger, die am 22. Oktober 2015 das Verfahren neu angehen wollte, wurde abgelehnt, so dass nun in dieser Woche verhandelt werden konnte.

Doch auch dieser Termin begann holprig, denn nun bezeichnete sich eine Schöffin selbst als befangen, da sie mit dem Angeklagten gemeinsam die Schulbank gedrückt hatte. „Ich habe da schon ein bisschen Probleme“, räumte sie im Gerichtssaal ein, weshalb die Richterin für Ersatz sorgen musste. Dazu muss man wissen, dass die Schöffen vor einer Verhandlung nicht wissen, wer angeklagt ist.

In dem Fall gegen den Schwabacher Juristen ging es laut Staatsanwalt Franke darum, dass sich der Anwalt in zehn Fällen des Parteiverrats schuldig gemacht habe, da er in derselben Rechtssache zwei Parteien „durch Rat oder Beistand pflichtwidrig gedient haben soll“.

Laut dem Vertreter der Anklagebehörde war der Anwalt zunächst von der Baufirma A. B. C. (Name erfunden) beauftragt worden, finanzielle Ansprüche gegenüber mehreren Auftraggebern des Unternehmens außergerichtlich oder gerichtlich einzutreiben. Bereits im März 2010, so der Staatsanwalt, habe die Baufirma dann allerdings ihre Forderungen an eine Factoring-Gesellschaft abgetreten. Factoring ist eine Finanzdienstleistung zur Zwischenfinanzierung, um Liquidität und Eigenkapitalquote — in diesem Fall der Baufirma — zu verbessern.

Im Dezember 2010 sei dann aber gegen das Bauunternehmen die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet und ein Nürnberger Anwalt zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden. Dieser Anwalt, so Franke, habe nunmehr die Auffassung vertreten, dass der Factoring-Vertrag nichtig sei, und die Forderungen der Baufirma zur Insolvenzmasse gehören.

Der Insolvenzverwalter, so sagte der Staatsanwalt, habe dies dem Schwabacher Anwalt am 10. Januar 2011 bei einer Besprechung mitgeteilt und ihm eine weitere Inkassotätigkeit verboten, nachdem er erfahren habe, dass dieser mittlerweile von der Factoring-Gesellschaft beauftragt worden sei, die Forderungen einzutreiben.

Obwohl der Schwabacher Jurist gewusst haben müsse, dass über die Wirksamkeit des Factoringvertrages unterschiedliche Auffassungen bestünden, sei dieser in mehreren Fällen sowohl für die Baufirma als auch für die Factoring-Gesellschaft tätig geworden, sagte der Staatsanwalt. Er habe Prozesse, die er für die Baufirma geführt habe, umgestellt und nunmehr Zahlungen an die Factoring-Firma verlangt. Zehn Fälle listete Staatsanwalt Franke auf.

Der Schwabach Anwalt bestreitet die Vorwürfe.

Zur Sache: Wenn der Anwalt zwei Parteien dient

Der Paragraf 356 des Strafgesetzbuches regelt den Parteiverrat. Demnach heißt es unter

Ziffer 1: „Ein Anwalt oder ein anderer Rechtsbeistand, welcher bei dem ihm in dieser Eigenschaft anvertrauten Angelegenheit in derselben Rechtssache beiden Parteien durch Rat oder Beistand pflichtwidrig dient, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Ziffer 2: Handelt derselbe im Einverständnis mit der Gegenpartei zum Nachteil seiner Partei, so tritt Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren ein.“

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