Auf den Spuren der Hugenotten in Schwabach

30.5.2018, 06:00 Uhr
Die Hugenotten haben in überall Schwabach ihre Spuren hinterlassen.

© Lea-Verena Meingast Die Hugenotten haben in überall Schwabach ihre Spuren hinterlassen.

Trotz Auswanderungsverbot und angedrohter Galeeren- und Haftstrafen hielt sie nichts mehr in Frankreich: Mehr als eine Million Hugenotten waren auf der Flucht, nachdem der Sonnenkönig, Ludwig XIV., im Oktober 1685 das Edikt von Nantes aufhob und den Reformierten ihre Glaubensfreiheit in Frankreich entzog.

Katholische Zwangstaufen

"Gottesdienste waren verboten, protestantische Schulen wurden geschlossen und Kinder römisch-katholisch zwangsgetauft", erzählt Klaus Huber, der seit 1968 Führungen durch Schwabach anbietet. Calvinistische Geistliche mussten das Land innerhalb von 14 Tagen verlassen. Eine Fluchtwelle ungeahnten Ausmaßes setzte ein.

Die meisten Hugenotten fanden in den Niederlanden Zuflucht, andere in England und Amerika. Auch die Markgrafen von Brandenburg-Kulmbach-Bayreuth und Brandenburg-Ansbach nahmen französische Glaubensflüchtlinge auf. Im Ansbacher Ortsteil Hennenbach entstand auf Anweisung des Markgrafen Johann Friedrich von Ansbach die erste Gemeinde. Allerdings regte sich auch Widerstand, Kritiker fürchteten ein Eingreifen Frankreichs.

Nach dem Tod des Markgrafen wurden die Flüchtlinge nach Erlangen und Schwabach geschickt. "Anders als in Ansbach geplant sollten sie nicht in einer gesonderten Hugenottensiedlung leben", weiß Huber. Mehrere Häuser in Schwabach wurden den Flüchtlingsfamilien zur Verfügung gestellt, zum Beispiel das Gebäude auf dem heutigen Königsplatz, in dem sich der Gasthof "Goldener Stern" befindet.

"Die Hugenotten waren durchaus gern gesehen, weil sie ihre Fähigkeiten der Handwerkskunst mitbrachten, und erhielten Steuervergünstigungen", erzählt der 77-Jährige. Ende des 17. Jahrhunderts hatten sich 500 Hugenotten in Schwabach niedergelassen, wo bislang 3300 Einwohner gelebt hatten.

Wo sich heute ein Brillengeschäft auf dem Königsplatz befindet, fanden französische Strumpfwirker ein Zuhause. In der Südlichen Mauerstraße entstand ein zweistöckiges Haus mit einer Gobelin-Manufaktur, in der gewebte Wandteppiche entstanden.

Bedeutende Gewerbestadt

Schwabach entwickelte sich zu einer bedeutenden Gewerbestadt. In dem Haus am Spitalberg, in dem heute das Schwabacher Tagblatt entsteht, ließen sich ein Schreiner und Strumpfwirker nieder. In der Benkendorferstraße lebte ein französischer Rotgerber am Nadlersbach.

Auch in der Architektur hinterließen die Hugenotten ihre Spuren. "Einige Häuser haben Mansarddächer", so Huber. Bei ihnen sind die Dachflächen im unteren Bereich abgeknickt, sodass geradlinige Dachschrägen vermieden werden. Der Name geht auf den französischen Architekten François Mansart zurück.

Die Franzosenkirche in Boxlohe errichteten die Glaubensflüchtlinge aus Steinen der Burgruine Kammerstein. "Innerhalb von nur sechs Wochen wurde sie erbaut, das war schon eine Leistung", sagt der 77-Jährige. Im November 1687 fand der erste Gottesdienst statt – allerdings ohne Kirchenweihe, denn die ist in der evangelisch-reformierten Kirche unüblich. Zudem gibt es keinen Altar, wie er in katholischen und evangelisch-lutherischen Kirchen zu finden ist.

Typisch französisches Gebäck

"Diese Schlichtheit finde ich beeindruckend", schwärmt Huber. Die Glocke und Orgel, die sich heute in der Kirche befinden, wurden nachträglich im 18. und 19. Jahrhundert hinzugefügt. Neben der Kanzel hängen zwei Gobelins, auf denen das Vaterunser und das Glaubensbekenntnis sowie die zehn Gebote in altfranzösischer Sprache eingewirkt sind.

Unweit der Kirche standen in der Boxlohe ein Pfarrhaus und eine französisch-refomierte Schule. "Auf Französisch lernten die Kinder Sprachen und Philosophie und hatten Katechismusunterricht", so Huber. Nebenan befand sich ab 1774 eine Bäckerei, der "Franzosenbeck". "Da soll es gute Baguettes und Croissants gegeben haben, typisch französisch eben."

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