Authentische Schicksale

11.12.2007, 00:00 Uhr

Die Anthologie «Nie wieder Krieg!» erscheint in kurzer Zeit bereits in der dritten Auflage. Worin sehen Sie die Gründe für diesen Erfolg?

Höverkamp: Kriegs- und Nachkriegsromane gibt es viele, doch unsere Anthologie schildert erstens authentische Schicksale, die nicht romanhaft gestylt wurden, und zum zweiten ist es die Mischung aus vielen Themen wie Bombennächte, Flucht und Vertreibung, Kriegshölle, Hunger und Not. Gerade diese Vielfalt scheint für die Leser reizvoll zu sein.

Wer hat mitgewirkt?

Höverkamp: Einige prominente Autoren wie Hermann Glaser, Wolfgang Buhl und Klaus Schamberger. Wir haben aber auch Texte von Hermann Kesten und Elisabeth Engelhardt, beide schon verstorben, aufgenommen. Einige Autoren, die bereits eigene Bücher veröffentlichten, haben auch Geschichten beigetragen, wie Stefanie Bachstein, Günter Baum und Robert Unterburger. Und eine Anzahl von Texten stammt von den Mitgliedern des Autorenkreises Blaue Feder, den ich leite. Selbstverständlich habe auch ich als Herausgeberin einige Textbeiträge beigesteuert wie etwa ein Interview mit meinem Vater, der als Soldat den Russlandfeldzug mitmachen musste.

Was wollten Sie mit dieser Anthologie beim Leser bewirken?

Höverkamp: «Nie wieder Krieg»: Dieser Titel ist eine Utopie. Aber gerade jüngere Menschen, die den Zweiten Weltkrieg nicht erlebt haben, können durch unsere Geschichten aufgerüttelt werden.

Welche Resonanz gibt es in den Medien?

Höverkamp: Eine überraschend große. In Zeitungen, Zeitschriften und im Rundfunk. Die Buchbesprechungen und Berichte über unsere Lesungen sind durchwegs positiv. Offenbar berühren unsere Geschichten tief.

Im Frühjahr sind Sie zur Leipziger Buchmesse eingeladen, dort Ihre Anthologie vorzustellen. Welche Hoffnungen knüpfen Sie daran?

Höverkamp: Man hat ein zahlreiches interessiertes Publikum. Welche positiven Folgen eintreten könnten, da lasse ich mich gerne überraschen.

Sie leiten eine Schreibwerkstatt in Nürnberg. Denken Sie an ein Folgeprojekt mit einem ähnlichen Thema?

Höverkamp: Wer meine bisherigen Publikationen kennt, weiß, dass ich keine Neigung zu einer «Serienschriftstellerin» habe. Meine Themen wechseln von Buch zu Buch sehr extrem.

Woran arbeiten Sie gerade?

Höverkamp: Ich arbeite an einem großen Projekt, das mich noch etliche Jahre in Anspruch nehmen wird. Es gibt aber unter Autoren eine Übereinkunft: Spreche nie über den Inhalt deiner Projekte, damit sie dir glücken.

Wie beurteilen Sie die aktuelle literarische Szene im Landkreis Roth und in der Stadt Schwabach? Was finden Sie gut, was sollte verbessert werden?

Höverkamp: Es gibt viele gute Projekte, zum Beispiel die Frauenkulturtage, den Abenberger Turmschreiber, die Reihen «Schwabach liest» und «Rother Lesungen», die Verleihung des Elisabeth-Engelhardt-Literaturpreises, die Gründung der Rother Autorengruppe Sonderzeit und den Beginn der Reihe «Schwanstetten liest». Was wir Mitglieder der schreibenden Zunft uns wünschen, ist, mehr Unterstützung von Seiten der Politik und Wirtschaft. Denn es kann nicht angehen, dass von Schriftstellern erwartet wird, dass sie entweder ehrenamtlich lesen und mit einem «Trinkgeld» oder einer Hutsammlung abgespeist werden. Es ist ein Gradmesser der Kultur eines Volkes, wie hoch oder wie gering es seine Künstler schätzt. Auch Projekte von allgemeinem Interesse und künstlerischem Wert sollten stärker gefördert werden, vor allem Arbeiten auf dem Gebiet der literarischen Forschung, denn solche Projekte gehen über die privaten finanziellen Möglichkeiten der Autoren hinaus. Auch die Möglichkeit, einem

Autor für eine begrenzte Zeit Wohn- und Arbeitsmöglichkeiten zu bieten, sollte für jede größere Kommune eine Selbstverständlichkeit sein. Gerade solche Projekte, wie in Abenberg das Turmschreiben, fördern das Image einer Gemeinde sehr nachhaltig.

Interview: Robert Unterburger