Bogenschießen: Konzentrationstraining mit Spaßfaktor

19.1.2017, 06:01 Uhr
Bogenschießen: Konzentrationstraining mit Spaßfaktor

© Foto: Wilhelm

In Carlos Haut will man eher nicht stecken. Der Drache hat zwar viele bedrohlich spitze Zähne, aber sein Gesichtsausdruck ist eindeutig: Da bibbert einer vor Angst. Und das aus gutem Grund. Denn Carlo ist die neue Zielscheibe für die Bogenschießgruppe.

Doch er ist keineswegs die einzige Neuanschaffung. „Von dem Geld haben wir Köcher gekauft, Carbonpfeile, Handschuhe, Armschützer und natürlich 15 neue Bögen. Das alles in verschiedenen Größen und für Rechts- und Linkshänder“, erklärt Manuela Campbell. „Dank der Spende sind wir für die kommenden Jahre gut ausgerüstet. Jetzt müssen wir nicht mehr improvisieren.“

„Kinder halten Regeln ein“

Dabei legen Manuela Campbell und ihre Erzieher-Kollegin Conny Lanzer größten Wert auf klare Regeln. Denn geschossen wird mit echten Pfeilen, so spitz wie Carlos Zähne. „Das ist kein Spielzeug“, betont Conny Lanzer. „Das ist den Kindern auch bewusst. Deshalb halten sie die Sicherheitsregeln auch ein.“ Die wichtigste: „Nicht auf Leute schießen“, sagt der sechsjährige Colin. Genau wird darauf geachtet, dass in der Turnhalle im Keller der Tagesstätte kein Kind über die als Sicherheitslinie aufgestellten Sitzbänke steigt und in die Schussbahn läuft.

Beim Demonstrationsschießen für die Spender sind zwei Mädchen und zwei Jungs im Alter von sechs bis acht Jahren am Start. Carlo, der Drache, hat noch Schonfrist. Die Kinder zielen auf einen großen grünen Vorhang. „Das Schöne am Bogenschießen ist ja auch, dass man es ganz leicht gestalten kann, damit die Kinder von Anfang an Erfolgserlebnisse haben“, erklärt Manuela Campbell. „Und den Schweregrad kann man auch erhöhen.“

„Super gemacht“

Sorgfältig zieht Colin einen Pfeil aus seinem Köcher, führt ihn langsam über den Kopf zum Bogen, legt ihn ein und fixiert ihn an der Sehne. Dann spannt er, zielt, trifft und lächelt. „Super gemacht“, applaudiert Raiffeisenvorstand Dr. Carsten Krauß.

Nach den Kindern sind die Spender an der Reihe. Conny Lanzer weiht zunächst Wilhelm Wehr, dem Nürnberger Kreisdirektor der Allianz, dann Carsten Krauß und dessen Marketingleiterin Karin März in die Geheimnisse des Bogenschießens ein. Auch Lebenshilfe-Geschäftsführer Martin Keller und Elke Rodenbucher vom Lebenshilfe-Vorstand versuchen ihr Glück.

Für die Erwachsenen wird die Zielscheibe mit dem verängstigten Drachen aufgestellt. Einige Treffer muss Carlo tatsächlich einstecken.

Dabei ist Bogenschießen gar nicht so einfach, wie es aussieht. Beim Einlegen des Pfeils ist Fingerfertigkeit gefragt, beim Spannen des Bogens auch Kraft. „Bohh, ganz schön schwer“, sagt Carsten Krauß, als er anzieht. Und beim Loslassen sollte man nicht nur auf das Ziel, sondern auch auf die richtige Haltung des Bogens achten. Sonst gibt es schnell blaue Flecken am Unterarm.

„Kinder kommen zur Ruhe“

Doch in der Schwierigkeit liegt die Herausforderung. Auch und gerade für die Kinder im heilpädagogischen Zentrum. „Bogenschießen trainiert die Koordination des ganzen Körpers. Die richtige Haltung, die Körperspannung, das Zusammenspiel von Augen und Armen. Erstaunlicherweise sind gerade die sonst so zappeligen ADHS–Kinder hier besonders geduldig“, berichtet Manuela Campbell. „Bogenschießen ist eine große Konzentrationsleistung. Die Kinder kommen richtig zur Ruhe.“

Ein weiterer Vorteil: „Mädchen wie Jungs sind gleichermaßen hoch motiviert, wenn es zum Bogenschießen geht“, sagt die Erzieherin. Bewegungstraining, das Spaß macht. Ganz besonders, wenn man trifft. „Die Kinder erfahren hier riesige Erfolgserlebnisse. Sie wachsen richtig.“

Nur für Carlo ist das keine gute Nachricht.

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