Glosse: Buchstabenvergabe mit der Salzstreuer-Methode

22.4.2018, 06:06 Uhr
Glosse: Buchstabenvergabe mit der Salzstreuer-Methode

Ich weiß nicht, ob Sie’s schon wussten: Ich wohne seit 2006 in der Hermann-Groshut-Straße. Wer auf seiner Karten-App oder auf einem altmodischen Faltplan nachschaut, der wird wissen: Diese Straße gibt’s gar nicht in Schwabach.

Das tut aber nichts zur Sache. Als ich in Roth in die Hermann-Groshut-Straße gezogen bin, habe ich mich jedenfalls bei meiner Kommune beschwert, weil das so ein seltsamer Straßenname sei, der an einen mir bis dato unbekannten berühmten Sohn der Stadt Roth, einen jüdischen Bankier, erinnern soll.

Ich muss immer sagen: "Groshut mit einfachem s"

Erinnerungskultur schön und gut, aber ich fürchtete, dass ich ab sofort Zeit meines Lebens meine Adresse am Telefon oder sonstwo buchstabieren muss, weil man Groshut ja normalerweise mit scharfem ß schreibt, nur eben in diesem Fall nicht. Die im Rathaus haben damals gesagt, nein, sie haben mir versichert, das mit dem einfachen s und das mit dem scharfen ß sei doch überhaupt kein Problem, weil
mein Straßenname, selbst wenn er jetzt neu sei, ja bestimmt in sämtlichen Computern gespeichert sei, selbstverständlich auch in denen der Stadt.

Seit zehn Jahren bekomme ich von dieser Stadt alljährlich einmal im Juni ein Schreiben mit dem Hinweis, dass wegen einer Sportveranstaltung am soundsovielten Juli einige Straßen in meinem Wohngebiet gesperrt werden müssten, darunter auch die – Achtung, jetzt kommt’s – "Hermann-Großhut-Straße". Heilig’s Blechle, habe ich es nicht schon vor zwölf Jahren gewusst?

Warum ich die Geschichte hier so ausbreite? Weil es Hermann-Gros(ß)hut-Straßen selbstverständlich überall gibt. Gut in Erinnerung sind noch die inzwischen ausgetauschten Hinweisschilder an der B 466, die uns Autofahrer zunächst nach "Barthelmeßaurach" ausgeleitet haben und an einem weiteren Schild die Entfernung nach "Barthelmesaurach" mit einem Kilometer angegeben haben.

Dann die Erinnerung an einen der berühmtesten Söhne Nürnbergs, Adam Kraft. Nach dem Bildhauer und Baumeister ist in Schwabach nicht nur ein Gymnasium benannt, sondern auch eine Straße. Auch das Burgstädtchen Hilpoltstein wollte den bekannten Künstler posthum hochleben lassen, legte sich aber auf eine orthografisch eher zweifelhafte Adam-Krafft-Straße fest, die es nach wie vor dort gibt.

Oh, ein unterzähliges "f"

Bevor wir in Schwabach darüber lachen, sollten wir und vergegenwärtigen, dass auch hier die Sache mit einem über- oder unterzähligen "f" schon einmal für Schlagzeilen gesorgt hat. Schließlich war einem Straßenschild in der Limbacher Eichendorffstraße, benannt nach dem berühmten Lyriker, doch tatsächlich ein "f" abhanden gekommen, sodass nur eine "Eichendorfstraße" übrig blieb. Die Stadt hat das natürlich längst aus der Welt geschafft. Doch der Teufel liegt anscheinend weiter im Detail.

Als jetzt die "Bodelschwinghstraße" ein neues Straßenschild spendiert bekam, fehlte doch tatsächlich ein "h". Wer von der B 466 rechts abbiegt, fährt jetzt in die "Bodelschwingstraße" ein, 200 Meter weiter biegt er dann von der "Bodelschwinghstraße" auf die Steinmarckstraße beziehungsweise Gutenbergstraße ein. Petra Shaqiri, eine Anwohnerin der Bodelschwing(h)straße, hat die Redaktion auf den kleinen Rechtschreibfehler aufmerksam gemacht und eine ganz interessante Frage aufgeworfen: Bis zu welcher Hausnummer wohnt man jetzt eigentlich in der "Bodelschwingstraße" und ab welcher Hausnummer gilt die richtige Bezeichnung mit dem "h"?

Lieber nur noch einzelne Buchstaben?

Probleme über Probleme, die anderswo relativ rigoros gelöst werden. Dort tragen Straßen keine Namen mehr, sondern nur noch Buchstaben (A, B, C, D...). Das hat angeblich damit zu tun, dass sich Rettungsdienste leichter tun – ein Argument, das allerdings aus dem Zeitalter vor der Navigation mittels GPS stammt. Ich dagegen tippe: Da wollte sich niemand mehr ins Großhut-, Krafft-, Barthelmeßaurach-, Eichendorf- und Bodelschwing-Fettnäpfchen setzen. Ganz schön schlau.

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