Challenge: Die größte Geburtstagsparty des Jahres

18.7.2014, 05:58 Uhr
Challenge: Die größte Geburtstagsparty des Jahres

Am Sonntag steigt im und am Kanal bei Heuberg, auf der 180 Kilometer langen Radstrecke durch den südlichen Landkreis Roth und auf der abschließenden Marathonstrecke die größte Geburtstagsparty des Jahres. 3500 Einzelstarter und 650 Staffeln - zusammen also knapp 5500 Frauen und Männer - machen sich auf dem beschwerlichen Weg in den Rother Stadtgarten.

Nicht nur die Masse, auch die Klasse stimmt. Bei den Frauen sind von den ersten fünf der letztjährigen Ironman-Weltmeisterschaft immerhin vier am Start, darunter Hawaii-Siegerin Mirinda Carfrae aus Australien, die Vorjahressiegerin Caroline Steffen (Schweiz) herausfordert. Mirinda Carfrae ist die Siegerin des 30. Challenge Roth: Mit 08:38:53 Stunden erzielte sie die zweitbeste Zeit aller Zeiten. Bei den Männern kamen mindestens ein halbes Dutzend Profis für den Sieg in Frage. Die pfeilschnellen Australier Luke McKenzie (aktuell Hawaii-Zweiter) und Pete Jacobs (Hawaii-Sieger 2012) sowie der Südafrikaner James Cunnama (Roth-Sieger 2012) wollen den Europäern zeigen, wo der Langdistanz-Hammer hängt. Diese Europäer sind: Titelverteidiger Dirk Bockel (Luxemburg), Eneko Llanos (Spanien) und der unverwüstliche Timo Bracht (Deutschland). Der Deutsche kämpfte sich dieses Jahr mit einer Zeit von 07:56:00 Stunden auf den ersten Platz.

Unvorstellbar, wie der Triathlon in Roth gewachsen ist. Im September 1984 waren gerade einmal 83 Männer (und eine Frau) bei der Geburtsstunde dabei. Ein paar hundert Zuschauer kamen zur Kreissportanlage, um den ersten Sieger dieser damals noch seltsamen Kombi-Sportart zu feiern, den Nürnberger Feuerwehrmann Franz Michels.

Für jeden Sportler ein Helfer

Und heute? Heute kümmern sich mehr als 5000 freiwillige Helfer um das Wohl der Athleten. Das 2014er Rennen war nach Freischalten des Anmeldeportals nach exakt 195 Sekunden (!) ausgebucht. Wenn das veranstaltende Team Challenge alle Wünsche berücksichtigen könnte, würden sich am Sonntag weit über 10 000 Triathleten auf den Weg machen. Das ist schon alleine aus logistischen Gründen nicht möglich.

Der Triathlon in Roth ist zweifelsohne eine Erfolgsgeschichte, aber auch in einer Erfolgsgeschichte gibt es Höhen und Tiefen. Nach dem rasanten Auf in den 1980er Jahren (1985 Bayerische Meisterschaft, 1996 Deutsche Meisterschaft, 1987 Europameisterschaft, 1988 Ironman-Premiere) kamen die goldenen 1990er Jahre mit ersten Weltbestzeiten und immer neuen Rekordstarterfeldern.

Doch nach 2001 gab der Vater des Rother Triathlon, Detlef Kühnel, nach Streitigkeiten mit der World-Triathlon-Corporation die Ironman-Lizenz zurück. Sein damaliger Wettkampfsprecher Herbert Walchshöfer musste den Reset-Knopf drücken und startete den Triathlon unter dem Label "Challenge" neu.

Fünf Jahre lang konnte Walchshöfer das neue, rasante Wachstum der Traditionsveranstaltung noch begleiten. Nach seinem Tod 2007 führten Frau und Kinder Walchhöfers Lebenswerk fort. Und wie! Aus dem einsamen Wettkampf in der fränkischen Provinz ist längst eine bald 30 Rennen umfassende Serie geworden, die das große Konkurrenzunternehmen Ironman immer wieder piesackt - von Ironman allerdings auch immer wieder gepiesackt wird. Längst ist daraus ein bisweilen absurd anmutender Kleinkrieg um Lizenzen und Verträge geworden.

Der Faszination des Rennens selbst hat das - glücklicherweise - bis heute nicht geschadet. 220 000 Interessierte tummeln sich entlang der Wettkampfstrecken - und das trotz der brütenden Hitze. Der Triathlon in Roth ist damit Bayerns größte Ein-Tages-Sportveranstaltung, größer als jedes Champions-League-Finale von Bayern München in der heimischen Allianz-Arena.

Die Brennpunkte

Für Triathlon-Fans ist der Schwimmstart um 6.30 Uhr im Kanal unterhalb von Heuberg ein Muss. Auf der Radstrecke gilt: Auch wenn es viele kleine und mittelgroße Stimmungsnester wie am Seligenstädter Berg (Heideck), am Kalvarienberg (Greding), am Kränzleinsberg (Hilpoltstein) oder in Eckersmühlen (Biermeile!) gibt, ist das Non-plus-Ultra für alle Radsport- und Partyfans doch der Solarer Berg in Hilpoltstein. Unglaubliche Menschenmassen versammeln sich hier alljährlich (zumindest in der ersten Radrunde), um die Athleten diesen harmlos aussehenden Sieben-Prozenter hinaufzubrüllen.

Nach dem Wechsel vom Rad zum Laufen versammeln sich viele Fans entlang des Main-Donau-Kanals, in Eckersmühlen, an der Schleuse in Leerstetten (Bewirtung übernimmt hier seit Jahren der SV Leerstetten) und am Plärrer in Schwand. Dort sorgt auch in diesem Jahr der örtliche Schwander Carnevalsverein für Stimmung, für Verpflegung und für den nötigen Durchblick. Den Schwander Plärrer passieren die Sportler aufgrund des sternförmigen Streckenverlaufs binnen weniger Minuten gleich dreimal, ehe es wieder zurück Richtung Roth geht. In Roth angekommen, müssen die Sportler zunächst noch einmal eine (eher ungeliebte) Extra-Schleife über den Marktplatz und durch die Innenstadt drehen, ehe im Stadtgarten das Finisher-Tor wartet.

Die schnellsten Sportler waren knapp acht Stunden lang unterwegs, die Langsamsten werden wohl mehr als 17 Stunden brauchen. Zu diesen Langsamsten könnte Madonna Buder gehören. Die sportbegeisterte Nonne aus den USA ist 83. Um 22.30 Uhr wird sie im Zielt erwartet. Sollte sie das schaffen, wäre sie die älteste Frau, die jemals bei einem Langdistanz-Triathlon gefinisht hat. Ein Fall für das Guinness-Buch der Rekorde.

 

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