Der Kampf gegen den Verfall

18.4.2012, 08:15 Uhr
Der Kampf gegen den Verfall

© Schmitt

Wolfgang Dippert, Leiter des Schwabacher Stadtarchivs, muss die verschiedensten Medien „für die Ewigkeit aufbewahren“, wie er den Anspruch der Archivare beschreibt. Und das ist gar nicht so einfach.

Denn dabei hat er nicht nur gegen den Verfall zu kämpfen. Dokumente lassen sich ja immerhin fotografieren oder digitalisieren. Doch selbst bei Sicherung auf Mikrofilm oder DVD stellt sich eine Frage ganz drängend: Gibt es dafür in absehbarer Zeit überhaupt noch Geräte, mit denen sich die Daten lesen lassen? „Existiert das Format in 1000 Jahren noch?“, lautet Dipperts Zweifel. Hinzu kommt, dass auch die Träger digitaler Daten nicht ewig haltbar sind. Nur eine Glas-DVD würde wohl bis zum jüngsten Tag existieren.

Das bringt noch mehr Probleme für den Archivar. Schließlich werden die Ergebnisse von Verwaltungshandeln immer mehr ausschließlich in digitaler Form festgehalten. Bestes Beispiel sind Standesamtsbücher, die unbedingt ins Archiv gehören. „Denn sie bilden die Grundlage für vielerlei Rechte“, sagt Dippert. Man denke nur an Adoptionen.

Mitte des 19. Jahrhunderts wurde Papier aus Textilfasern von zellulosehaltigem Industriepapier abgelöst. Seither haben die Archive in Deutschland alle dasselbe Problem: Bei Lichteinfluss beginnt in jedem Papier aus Holz ein nicht zu stoppender Zersetzungsprozess. Es vergilbt, wird brüchig und kann dann unter mechanischer Belastung reißen oder abblättern. „Das lag nur hier und schon fliegen die Brösel rum“, sagt Dippert, nimmt das Protokoll der Wahlversammlung auf und wischt mit der Hand winzige Papierreste vom Tisch. Obwohl es gutes Papier ist und ziemlich jung, „sind die Schäden schon relativ groß“, stellt Dippert fest.

Das Schwabacher Archiv besitzt annähernd 1000 Meter solcher, ähnlicher und auch noch wesentlich früherer Dokumente. „Das älteste Original stammt aus der Zeit um 1400“, sagt Dippert. Da ist der Kampf gegen den Papierfraß in erster Linie ein Mengenproblem, aber auch ein finanzielles.

Denn Behandlungsverfahren, die der Auflösung entgegenwirken, gibt es sehr wohl. Allerdings nicht kostenlos. „50 Cent pro Seite“. Klingt wenig, summiert sich aber bei den riesigen Mengen enorm.

Auch bei Videomaterial, Super-8-Filmen und Tonbändern sind Schäden möglich. Eine Entmagnetisierung, die das Abspielen unmöglich macht, wäre ebenso fatal wie chemische Zerfallsprozesse oder Schimmelbefall der Bänder.

„Ich muss sie ja anhören, ob das überhaupt bedeutsam ist“, sagt Dippert. Motive für die Aufbewahrung sind nicht nur für Schriftgut der rechtliche und beziehungsweise der historische Wert.

Manchmal sind die Datenträger für Film und Ton aus dem letzten Jahrhundert aber bereits verklebt.

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