Die Liedertafel Schwabach-Forsthof feiert ihren 185. Geburtstag

7.10.2015, 09:38 Uhr
Die Liedertafel Schwabach-Forsthof feiert ihren 185. Geburtstag

© Foto: Archiv Seyferth

Nach einem Festwochenende im Juni dieses Jahres sind nun Chormitglieder und die Bevölkerung am Sonntag, 11. Oktober, um 15 Uhr zu einem Festkommers und Stadtteilfest in den „Inspektorsgarten“ (Hotel/Gasthof Raab) eingeladen. Nach Kaffee und Kuchen wird Friedrich Seyferth unterhaltsam durch die Vereinsgeschichte führen. Und gesungen wird natürlich auch.

Was war los im Jahr 1830, dem Gründungsjahr des ältesten Gesangvereins in der Stadt? – Schwabach zählte gerade einmal 7136 Einwohner, recherchierte die Vorsitzende der Liedertafel Schwabach-Forsthof, Rosy Stengel. Bürgermeister und gleichzeitig Rechtsrat war Karl Martini; Johann Georg Bestellmeyer wurde mit dem Segen von König Ludwig I. zum fränkischen Abgeordneten gewählt und Adolf Henselt war 16 Jahre alt.

Der Männergesangverein „Liederkranz“, der nach Angaben der Stadtheimatpflegerin Ursula Kaiser-Biburger im Jahr 1842 in „Liedertafel“ umbenannt wurde, trat bereits als Männerchor auf. Frauen waren nicht zugelassen.

Aus dem Jahr 1858 gibt es die ersten Aufnahmestatuten (Satzung), die im Stadtarchiv aufbewahrt werden. „Aufnahmefähig ist jeder Gebildete guten Rufs“, heißt es im Paragrafen 1 der Satzung. Die Aufnahme geschah mittels Ballotage – das ist die geheime Abstimmung durch die verdeckte Abgabe verschiedenfarbiger Kugeln – durch den Ausschuss (heute Vorstand). Die Aufnahmegebühr betrug einen Gulden, der Jahresbeitrag zwei Gulden. Die Mitglieder verpflichteten sich zu jährlich zehn bis zwölf Gesangsproben und die Teilnahme an einem Ball. Vorschriften über Anstand und gute Sitten wurden nicht gegeben, „weil diese Eigenschaften von Gebildeten vorausgesetzt werden.“

Die Liedertafel Schwabach-Forsthof feiert ihren 185. Geburtstag

Fusion mit Radlerverein

Um die Jahrhundertwende wurde es still um die Sängerschaft. Informationen gab es nach Rosy Stengels Worten erst wieder ab dem Jahr 1914. Damals bestand bereits der Radlerverein „Die Freien Radler“, deren Ziel neben dem Radfahren auch die Geselligkeit und das Singen war. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde er 1919 durch Michael Feuerstein wiederbelebt. Bereits damals wurde der Wunsch laut, aus dem Radfahrverein heraus einen Gesangsverein zu gründen, was schließlich 1924 geschah.

Die drei nach internen Querelen übrig gebliebenen Sänger der „Liedertafel“, Fabrikbesitzer Justus Schmauser, Oberlehrer Biebert und Schuhmachermeister Hörauf, erlaubten die Übernahme des Namens unter der Prämisse, dass dem Namen „Liedertafel“ auch noch „Schwabach als dem eigentlichen Gründungsort neben Forsthof hinzugefügt werden müsse. Sie übergaben dann auch die historische Vereinsfahne, ein Vereinsbild und ein Trinkhorn. Lehrer Gundel wurde Chorleiter. Die Proben fanden bereits im „Inspektorsgarten“ statt, erbaut 1805 durch den Bauinspektor Franz Keim.

Die Liedertafel Schwabach-Forsthof feiert ihren 185. Geburtstag

© Archivfoto: Gössnitzer

In dem Statuten-Heftchen aus dem Jahr 1924 ist nachzulesen, dass Mitglied „jede unbescholtene (männliche) Person werden konnte, sofern sie das 17. Lebensjahr vollendet hatte. Von jedem Sänger wurde erwartet, dass er „unverkürzt und regelmäßig die Proben besucht“ und einen „wahrheitsgetreuen Grund“ als Entschuldigung nennen musste, wenn er einer Probe fern blieb. „Sänger, die öfter als drei Mal hintereinander unentschuldigt fehlen, werden nach vorher erteilter Rüge ausgeschlossen.“

1924 zählte Schwabach übrigens 11 782 Einwohner, Bürgermeister war Dr. Georg Betz, und Uigenau und Forsthof wurden nach Schwabach eingemeindet. In der Stadt gab es noch 124 Goldschlägereien. Sepp Engelhardt, langjähriges Vereinsmitglied und SPD-Stadtrat, wurde geboren.

Im Zweiten Weltkrieg war die „Liedertafel verboten. In Uigenau und Forsthof waren in fast jedem Haus zum Teil von Amts wegen Heimatvertriebene aus den Ostgebieten oder Ausgebombte aus Nürnberg untergebracht. Die Verweildauer erstreckte sich über einige Monate bis hin zu einigen Jahren, was schon gelegentlich zu Reibereien führte. 1950 lebte der Verein wieder auf. Die wenigen Männer beschlossen, dass auch Frauen mitsingen dürfen. Seit 1951 gab es den gemischten Chor, und Unterreichenbach wurde Patenchor. Aus dem Jahr 1954 ist bekannt, dass zur „Liedertafel Schwabach-Forsthof“ sogar drei Chöre gehörten: der ursprüngliche Männerchor, ein kleiner Frauenchor und der gemischte Chor. Letzteren gibt es auch heute noch. Er zählt zurzeit 55 aktive und 75 passive Mitglieder. Vorsitzende des Vereins ist seit 2009 Rosy Stengel, die schon vorher einmal den Vorsitz innehatte und auch Kassiererin war. Seit 15. Januar 1974 singt sie im Chor mit.

Fahne fürs Stadtmuseum

Was gibt es sonst noch zu erwähnen? – 1963 wurde eine neue Fahne geweiht, die alte dem Stadtmuseum übergeben. Schwabach zählte 24 116 Einwohner, das Stadtkrankenhaus II wurde fertiggestellt, die Lebenshilfe wurde gegründet und der Bau des Markgrafensaales begonnen. Oberbürgermeister war damals Hans Hocheder.

1974: Festjubiläum 50 Jahre Eingemeindung von Forsthof und Uigenau nach Schwabach. Die Stadt zählt 33 695 Einwohner; Oberbürgermeister ist Hartwig Reimann.

2005: 175-jähriges Jubiläum der Liedertafel mit großem Chorkonzert im Markgrafensaal unter der Schirmherrschaft von OB Hartwig Reimann. Der Weiterbau der Bundesstraße 2 a wird gestoppt, die Musikschule in der Stadt feiert 25. Geburtstag.

2010: Konzert im Markgrafensaal zum 180. Geburtstag. Die Stadt zählt 38 879 Einwohner. Im Tanz-Cafe Nobis findet die letzte Veranstaltung statt. Matthias Thürauf ist inzwischen Oberbürgermeister.

Muss i denn und Zuckerpuppe

Und 2015? Schwabach zählt 41 731 Einwohner. Die Stadtkirche St. Martin und St. Johannes wird nach fünfjährigen Sanierungsarbeiten wiedereröffnet. Der Neubau der Landsknechtsbrücke samt einer Hubbrücke für den Fuß- und Radweg über die Schwabach ist fertig. Die Stadt muss erneut Hunderte von Flüchtlingen aufnehmen. Chorleiter der „Liedertafel Schwabach-Forsthof“ ist (seit 2002) Vladimir Kowalenko. Das Repertoire ist längst über die traditionelle Volkslied-Chormusik erweitert worden, wie ein Blick in das Programm des Jubiläumskonzertes im Juni dieses Jahres zeigt: Gesungen wurden unter anderem One Way Wind, Kriminaltango, Muss i denn, Zuckerpuppe oder Country Roads.

Der „Liederkranz Schwabach-Forsthof“ freut sich über neue Mitglieder (aktiv und passiv). Die Proben finden immer mittwochs um 19.30 Uhr im Hotel/Gasthof Raab in der Rittersbacher Straße statt. Kontakt: Rosy Stengel, Telefon (0 91 22) 54 12 oder Heidi Distler, Telefon (0 91 22) 6 00 21 88.

Verwirrung ums Gründungsjahr

Das genaue Gründungsdatum der „Liedertafel“ herauszufinden ist nicht einfach. In der Festschrift des Vereins zur Weihe einer neuen Fahne im Juni 1963 steht beispielsweise zu lesen, dass das altehrwürdige Banner aus dem Jahr 1829 stammt. Im Stadtlexikon steht, dass der „Liederkranz“, der 1923 zur „Liedertafel“ wurde, „wahrscheinlich 1841“ gegründet wurde. Und unter dem Stichwort „Liedertafel Schwabach“ ist dem Stadtlexikon zu entnehmen, dass der Gesangverein „faktisch schon seit 1838 bestanden hat.“ Fest steht auf jeden Fall, dass auf der Fahne im Stadtmuseum die Jahreszahl 1830 eingestickt ist.

Keine Kommentare