Eine Schande: Zweitliga-Sport in Kreisliga-Umgebung

8.10.2018, 17:00 Uhr
Beste Spielerin war in der Schwimmbadhalle Anja Stupar (li.), hier gegen die Schwabacher Aufbauspielerin Sara Hansel.

Beste Spielerin war in der Schwimmbadhalle Anja Stupar (li.), hier gegen die Schwabacher Aufbauspielerin Sara Hansel.

Es gibt jetzt mit Mila Walden eine Hallensprecherin und einen noch üppiger als sonst besetzten Zeitnehmertisch. In Höhe der Mittellinie ist eine Kamera für einen Livestream aufgebaut, das Ergebnis ist Sekunden nach der Schlusssirene im Netz nachzulesen. Die Spielerinnen sind jetzt im Besitz von Autogrammkarten. Zweitliga-Basketball hat für den letztjährigen Regionalliga-Meister aus Schwabach einige Veränderungen gebracht. Die augenfälligste ist die Verpflichtung eines ausländischen Profis. Brooke Le Mar aus New York soll den Neuling konkurrenzfähig machen in einer Liga, in der die Konkurrenz aber minimum mit zwei Profis unterwegs ist, mitunter auch mit vier.

Halle nicht zweitligareif

Was sich nicht geändert hat im Schwabacher Basketball, das sind die Rahmenbedingungen. Die so genannte Schwimmbadhalle ist schon als Schulsportarena mindestens grenzwertig. Als Sportstätte für Zweitliga-Sport ist sie für Spielerinnen und Zuschauer, für Schiedsrichter und die bedauernswerten Sportfotografen eine Zumutung.

"Ich hätte nicht gedacht, dass man hier so dicke Bretter bohren muss", sagte der Schwabacher Trainer David Muck vor der Heimspielpremiere gegen die Rhein-Main-Baskets. Bei der Stadt, so klingt das durch, ohne dass es Muck explizit sagt, gebe es halt null Interesse, Leistungssport in irgendeiner Art zu fördern. "Es ist bezeichnend, dass unser Gegenüber von der Stadt beim Gespräch über mögliche Kooperationen und Unterstützung erst nach 20 Minuten gemerkt hat, dass es nicht um Volleyball, sondern um Basketball geht."

Mini-Etat

Wofür die Stadt nichts kann: Das Geld ist bei den Kia Baskets eminent knapp. Einen Profi kann man sich mit Ach und Krach leisten. Brooke Le Mar, zuletzt in der Bundesliga aktiv, aber nach einem Kreuzbandriss lange außer Gefecht, macht den Aufsteiger schneller, giftiger, gefährlicher, unberechenbarer, besser. Mehr gibt der Etat nicht her. Schwabach ist in dieser Hinsicht das absolute Schlusslicht der Liga. "Der Zweitletzte hat ungefähr das Doppelte an Geld zur Verfügung", schätzt Muck.

Wie sehr man sich finanziell nach der Decke strecken muss, macht auch folgende Episode deutlich. Das Trainingslager zur Saisonvorbereitung absolvierte der Zweitligist in Neustadt/Aisch, weil dann die Spielerinnen beim Trainer und bei dessen Mutter übernachten konnten.

Vor diesem Hintergrund ist für die Kia Baskets jedes Spiel ein Spiel gegen einen schier übermächtigen Gegner. Entsprechend bescheiden sind die Ziele abgesteckt. "Es macht keinen Spaß, ein halbes Jahr durch Süddeutschland zu touren und eine Klatsche nach der anderen zu bekommen", sagt Muck. Wenigstens drei Siege sollen her.

Das klingt nach ganz wenig, aber die Liga umfasst ja nur acht Teams, nach 14 Spielen ist schon wieder Schluss. Absteigen kann Schwabach gar nicht, weil kurz vor Rundenbeginn noch eine Mannschaft aus der 2. Liga zurückgezogen hat und damit als erster und einziger Absteiger feststeht. Das Schwabacher Zweitliga-Projekt ist also mindestens auf zwei Jahre angelegt, und wenn man Namenssponsor Jochen Scharf vom Schwabacher Kia-Autohaus glaubt, dann wird im Hintergrund schon daran gearbeitet, die Zeit zu nützen, um sich langfristig besser aufzustellen.

Unter dem Korb eine Macht

Den gestrigen Gegner, die Rhein-Main-Baskets aus Langen, hatte David Muck vor dem Spiel als nicht ganz so stark eingeschätzt wie vergangene Woche den ersten Gegner Ludwigsburg (wo Schwabach mit 52:72 verloren hatte). In den ersten beiden Vierteln straften ihn die Gäste aber Lügen. Die augenfälligsten Unterschiede gab es beim Rebound und bei den Freiwürfen.

Die überragende Anja Stupar pflückte sage und schreibe 13 Bälle unter dem eigenen Korb weg und weitere drei unter dem gegnerischen. Darüber hinaus kam sie auf 20 Korbpunkte. Mit Spielmacherin Nelli Dietrich (21), der extrem körperbetont spielenden Amerikanerin Kailey Edwards (12) und der jungen Alica Köhler (10) gab es drei weitere Spielerinnen, die zweistellig trafen.

Bei Schwabach hängt das Wohl und Wehe vor allem von Brooke Le Mar ab. Mit 24 Punkten war die Amerikanerin wie schon in Ludwigsburg treffsicherste Schützin. Sie ist auch die einzige, die Trainer Muck fast permanent auf dem Feld belässt. An ihr wuchs Anna Furmann (14 Punkte). Auch die bekannt kampfstarke Theresa Heinz (8), Aufbauspielerin Sara Hansel und in der zweiten Halbzeit Neuzugang Leo Vatthauer genügten phasenweise höheren Ansprüchen. Kapitän Katharina Kreklau, die auf einen Teil der Vorbereitung hatte verzichten müssen, fehlt es dagegen noch an der körperlichen Frische und der Explosivität, um einen Ansturm wie den der Rhein-Main-Baskets aufhalten zu können.

17 Punkte Rückstand

Nach zehn Minuten führten die Gäste jedenfalls schon 25:17, zur Halbzeit stand es 46:29. Nach dem Wechsel sah man eine deutlich aggressiver verteidigende Schwabacher Mannschaft, die mit einem 20:16-Teilerfolg im dritten Drittel den Rückstand auf 49:62 verkürzte. Als beim Stand von 54:67 binnen Sekunden Le Mar und Vatthauer zwei Dreier in den Korb zwangen, stand es nur noch 60:67, eine Überraschung lag vier Minuten vor Schluss plötzlich im Bereich des Möglichen. Bis auf 66:71 verkürzten die Einheimischen.

Doch die Bank der Rhein-Main-Baskets konnte ja noch reagieren. Mit Stupar, Edwards und Dietrich, die zuvor kleinere Pausen erhalten hatte, kehrten die Korsettstangen der Gäste wieder auf den abgenutzten Schwingbodenzurück. Und so wurde aus dem 66:71 noch ein 70:77. Verdient für die Gäste. Aber auch eine starke Leistung des Aufsteigers. Auf die nächsten Heimspiele darf man sich jedenfalls freuen. Sogar in der Schwimmbadhalle.

Metropol Baskets Schwabach: Anna Furman (14), Brooke Elisabeth Le Mar (24), Theresa Heinz (8), Anna Bimazubute (5), Lea Vatthauer (9), Julia Gentsch, Kerstin Clauß, Sara Hansel (2), Diana Fett (8), Katharina Kreklau, Jana Hedwig, Lineke Przbille.

Rhein Main Baskets Langen: Kailey Louise Edwards (12), Alica Köhler (10), Jule Seegräber (2), Jasmin Weyell (4), Nelli Dietrich (21), Saskia Stegbauer (2), Louisa Schmidt (2), Sari Cornelius (4), Anja Stupar (20), Hannah Schick.

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