Fairtrade: "Von Sonntagsreden zum Handeln"

16.6.2017, 06:00 Uhr
Fairtrade:

© Foto: Wilhelm

Zum Muttertag und Valentinstag verteilt die Stadt "faire Blumen", "faire Schokolade" verkauft sie auf dem Weihnachtsmarkt. Über den Arbeitskreis Sport wurden "faire Bälle" verteilt, das Stadtmuseum stellt seinen Ausschank auf "fairen Kaffee" um. Der hat bereits in einigen Dienststellen der Stadtverwaltung seine Anhänger gefunden.

Die Luitpoldschule hat ihr jüngstes Schulfest unter das Motto "Feiern mit Fairtrade" gestellt. Das Wolfram-von-Eschenbach-Gymnasium bewirbt sich um den Titel "Fair-Trade-Schule". Und zur 900-Jahr-Feier hat die Stadt "faire Schoko-Give-Aways", also kleine Geschenke, für Feste in Auftrag gegeben.

Keine Vorgaben

Konkrete Zahlen über Abnahmemengen fair gehandelter Produkte durch die Stadt konnte der für die Fairtrade-Kampagne zuständige Bürgermeister Dr. Roland Oeser den Stadträten nicht nennen. Auch gebe es keine Vorgabe für einzelne Dienststellen. Die ist aber kein Versäumnis, sondern Konzept: "Der Informations- und Angebotscharakter ist besser als Vorschriften", betont Oeser.

Wir brauchen Bewusstseinswandel

1000 Euro stehen ihm für die Fairtrade-Aktion pro Jahr zur Verfügung. Organisatorisch unterstützt wird er dabei von Andrea Lorenz aus der Pressestelle der Stadt.

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Wer die Ungerechtigkeiten des Welthandels mit den Möglichkeiten einer Kleinstadt bekämpfen will, läuft zwangsläufig Gefahr, dass selbst bestens gemeinte Ansätze kaum über Symbolpolitik hinauskommen. Das weiß auch Oeser: "Es geht um den Übergang von Sonntagsreden zum Handeln." Voraussetzung dafür: ein Stück Bewusstseinswandel. Deshalb: "Werbung ist das Wichtigste."

Doch Oeser stellt auch die entscheidende Frage: "Ändert sich wirklich etwas?" Seine Antwort: Zumindest gebe es hoffnungsvolle Ansätze. Bundesweit hätten Produkte mit dem Fairtrade-Siegel immerhin ein Handelsvolumen von bereits über einer Milliarde Euro.

Engagement ausbauen

Und auch die Fairtrade-Kommunen wollen ihr Engagement ausbauen. 20 Städte und Gemeinden seien bereits vernetzt. "Dieses Bündnis wurde geschlossen, damit Fairtrade kein Lippenbekenntnis bleibt", betont Oeser. Vorreiter sei Nürnberg. "Dort gibt es bereits eine halbe Stelle bei der Stadt, die sich um die Beschaffung kümmert."

Doch in der Diskussion waren die skeptischen Stimmen unüberhörbar. Leider, so CSU-Fraktionssprecher Detlef Paul, sei Fairtrade wohl "vor allem fürs Gewissen gut". Für die Menschen in den armen Ländern werde sich kaum etwas Entscheidendes ändern, "solange wir im Supermarkt immer nur das Billigste kaufen".

Auch Roland Krawczyk (CSU), selbst erfahrener Händler, sieht die Situation ernüchtert: "Hier geht es ganz klar um Finanzen. Ich sehe es zum Beispiel an den Vereine: Da wird das Günstigste gekauft, sonst findet das Fest nicht statt."

"Alles hängt mit allem zusammen", zitiert SPD-Fraktionschef Werner Sittauer den berühmten Soziologen Theodor Adorno und erinnert an den Zusammenhang zwischen elenden Lebensverhältnissen und Flüchtlingsströmen. "Aber da müssten wir jetzt tiefer einsteigen."

Höhere Ebenen gefragt

Um wirklich etwas zu ändern, seien "höhere Ebenen" wie die EU gefragt, meint Bruno Humpenöder (Freie Wähler).

"Aber damit macht man es sich zu einfach", hält OB Matthias Thürauf (CSU) entgegen, "das ist kein Grund, selbst gar nichts zu tun." So wie regionale Produkte oder Bio-Qualität mittlerweile feste Bestandteile des Angebots seien, so könne dies auch bei Fairtrade-Ware der Fall sein. "Kürzlich habe ich faire Schokolade probiert, die hat einfach genial geschmeckt. Ziel müsste es eigentlich sein, die Eine-Welt-Läden überflüssig zu machen."

Entscheidende Impulsgeber

Die haben in Deutschland entscheidende Impulse gegeben, um das Thema Fairtrade überhaupt ins Bewusstsein zu bringen. Roland Oeser würdigte auch ausdrücklich das Engagement des Teams des Schwabacher Eine-Welt-Lades im Evangelischen Haus unter Leitung von Ingrid Ittner-Wolkersdorfer.

Der Eine -Welt-Laden versteht sich selbstverständlich nicht als Konkurrenz zu Supermärkten. Doch will er an konkreten Beispielen zeigen, dass Handel auch ohne größtmöglichen Profit funktionieren kann. "Wir haben feste Kundschaft, die in den vergangenen Jahren auch gewachsen ist", erklärt Ingrid Ittner-Wolkersdorfer.

Das Angebot reicht von den "Klassikern" wie Kaffee, Schokolade und Tee bis zu Wein, Kunsthandwerk und Keramik. Und die Preise? "Kaffee ist etwa doppelt so teuer als im Supermarkt", sagt Ingrid Ittner-Wolkersdorfer. "Aber beim Tee sind die Preise mittlerweile beinahe gleich."

 

Der Eine-Welt-Laden befindet sich im Evangelischen Haus in der Wittelsbacherstraße 4. Geöffnet hat er am Dienstag, Donnerstag und Freitag von 16 bis 18 Uhr und am Samstag von 10 bis 12.30 Uhr. Telefon: (0 91 22) 9256-234.

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