Freispruch für die Angeklagte, Rüge für Staatsanwaltschaft

1.10.2015, 08:41 Uhr
Symbolbild: Sogenannte Kräutermischungen in bunten Päckchen mit Fantasienamen sind legal zu erwerben. Polizei und Ärzte warnen vor den Gesundheitsschäden.

© dapd Symbolbild: Sogenannte Kräutermischungen in bunten Päckchen mit Fantasienamen sind legal zu erwerben. Polizei und Ärzte warnen vor den Gesundheitsschäden.

Schon länger hatte die Polizei den Freund von Beate B. (Name geändert) wegen Drogenhandels auf dem Bildschirm. Bei einer Hausdurchsuchung in der Wohnung der 19-Jährigen wurde dann auch prompt Cannabis gefunden. Der Freund wurde mittlerweile wegen Drogenhandels verurteilt und gab bei seiner Gerichtsverhandlung an, dass Beate B. nicht wusste, dass er bei ihr „Stoff“ gebunkert hatte. Trotzdem stand die junge Frau jetzt vor dem Jugendrichter. Beim „Besuch“ der Polizeibeamten hatte sie eher nebenbei gesagt, dass sie kurz vorher einen Joint geraucht habe.

Auf Freispruch plädierte Rechtsanwalt Detlef Stadler (Schwabach) von Anfang an. Es sei eine Kräutermischung gewesen, die Beate B. eine halbe Stunde vor der Polizeiaktion geraucht habe, sagte er. Obwohl niemand wisse, was drin ist, seien die Kräutermischungen legal und gut über das Internet zu besorgen, wusste der Anwalt, der dem Gericht entsprechende Angebote aus dem Internet vorlegte.

„Der Markt boomt“, sagte Stadler, der es schon merkwürdig fand, dass man seine Mandantin überhaupt vor den Kadi zerrt.

Der Anwalt der Angeklagten stellte zudem die Frage, ob es zulässig war, die 19-Jährige ob ihres Zustandes zu befragen, und er stellte unmissverständlich klar: „Bei Marihuana weiß man was man hat – bei zulässigen Kräutermischungen nicht.“

Er unterstrich, dass die junge Frau aus dem Landkreis Roth mittlerweile verinnerlicht habe, dass selbst das Rauchen von Kräutermischungen nicht dienlich ist, insbesondere wenn man auf einem Dorf lebt und auf den Führerschein angewiesen ist.

Jugendrichter Reinhard Hader war etwas ratlos und fragte die Staatsanwältin, warum überhaupt Beate B. angeklagt wurde und was nun zu tun sei. Er habe die Verhandlung zugelassen, um auch mal dem Drogendezernat den „pädagogischen Hinweis“ zu geben, dass nicht jede Kleinigkeit vor Gericht landen müsse, sagte er.

„Was machen wir jetzt?“, fragte der Richter, und er bekam von Detlef Stadler sofort eine Antwort: „Freispruch.“

Seine Mandantin stehe im Leben, habe einen Job, wisse, was es heißt, einen Führerschein zu besitzen, und sie habe sich von dem früheren Freund getrennt. „Ich weiß nicht, warum sie angeklagt wurde“, so der Anwalt, der dem Vorschlag der Staatsanwältin, das Verfahren gegen eine Geldauflage einzustellen sofort widersprach: „Nee, das ist ein Freispruch“, sagte Stadler, und er wollte damit den Staat nicht aus der Pflicht entlassen, die Kosten für das aus seiner Sicht überflüssige Verfahren zu übernehmen.

Von einer „skurrilen Anklage“ sprach schließlich auch der Richter: Es gab einen Freispruch für Beate B., und die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse. Ob die Staatsanwaltschaft lernt, Pipifax von Wesentlichem zu unterscheiden, wollte Hader von der Staatsanwältin wissen, doch die winkte ab. Sie hatte vor der Urteilsverkündung ja auch auf einen Freispruch plädiert.

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