Glosse: Alles im grünen Bereich an der Kaffee-Front

8.4.2018, 05:58 Uhr
Glosse: Alles im grünen Bereich an der Kaffee-Front

© Foto: Jainta

Mittlerweile ist es ja in vielen Büros so, dass sich jeder seine eigene Kaffeemaschine mitbringt. Es gibt schließlich verschiedene Vorlieben: Der eine schwört auf klassischen Filterkaffee, der nächste mag die praktischen Pad-Maschinen lieber und noch ein anderer hat vielleicht zuviel Geld und stellt sich gleich einen ganzen Vollautomaten neben den Schreibtisch. Kann man ja vorher nicht wissen, ob man an einem ganz normalen Dienstag eher Lust auf einen Espresso oder einen Latte macchiato hat.

Bei uns ist das nicht so. Wie die meisten wahrscheinlich schon vermutet haben, steht in der Tagblatt-Küche eine alte, lilafarbene Filtermaschine, die sicher einmal modern war – zum 30. Geburtstag vom Redaktionsleiter vielleicht. Die Maschine steht unter der liebevollen Obhut unseres Producers Hermann M. Und dank seiner aufopferungsvollen Pflege des Oldtimers war bislang an der Kaffee-Front immer alles im grünen Bereich.

Bis vor einigen Monaten diese mysteriösen Vorfälle begannen. Da schmeckte der Kaffee plötzlich so bitter, undefinierbar, auch ein bisschen säuerlich in Richtung Spülmittel. In der Redaktion herrschte helle Aufregung. Um genau zu sein: in der halben Redaktion. Die Kollegen rog, gw und he trinken nämlich eher sporadisch Kaffee. Der Rest aber, meine Wenigkeit eingeschlossen: eine Frage von Leben und Tod.

Das Kaffeeproblem wurde also sofort angepackt und zwar zielführend und lösungsorientiert, wie es in der heutigen Wirtschaftssprache immer so schön heißt. Hermann M. tat zuerst das naheliegende. Er ließ einmal das Entkalkungs- und Säuberungsmittel durchlaufen, dann ein paar Mal Wasser. Der neue Kaffee lief durch, rj probierte als Erstes: keine Verbesserung. Wie rj das gemerkt hat, bei der Menge an Milch und Zucker, die er sich immer reinschüttet, das sei dahingestellt, jedenfalls hatte er Recht: keine Verbesserung.

Hermann M. kombinierte messerscharf, dass es am Kaffeepulver liegen musste. Der Rest, der sich in der Dose befand, roch auch schon etwas älter. Er entsorgte ihn. Der frisch geöffnete Kaffee – wir hatten schon nicht mehr daran geglaubt – schmeckte hervorragend. Das Problem war gelöst! Dachten wir.

Ein paar Wochen später komme ich ins Büro, mache den Computer an, hole mir einen Kaffee und setze mich – Kollege rj zeigt auf meine Tasse und sagt: "Furchtbar." Auf meiner Tasse ist das Wappen eines gewissen Fußballvereins aus der direkten Nachbarschaft, der gerne mal verliert. Kollege rj ist Fan eines gewissen Fußballvereins aus der entfernteren Nachbarschaft, der immer gewinnt. Ich denke also: Er meint den Club mit seinem "furchtbar". Ist aber nicht so. Er meint den Kaffee.

Diesmal ergreift uns die nackte Panik. Damit hatte keiner gerechnet. Ich renne mit erhobenen Armen durch die Redaktion und rufe: "Ich kann so nicht arbeiten!" Kollege rj überlegt, ob die Zeitungsproduktion an diesem Tag ausfallen muss wegen Unterkoffeinierung. Hermann M. wirft nicht nur das Kaffeepulver weg, sondern die Dose gleich mit – sie war ungefähr so alt wie die Maschine und wer weiß, vielleicht sammeln sich da Keime oder so. Ein entsetzlicher Gedanke kommt auf: Wir könnten die alte, lilafarbene Filtermaschine durch eine Neue ersetzen.

Nach einigen Säuberungsdurchläufen schmeckt der Kaffee wieder normal. Das Problem ist vorerst gelöst. Die Ursache liegt jedoch weiter im Dunklen. In der Redaktion herrscht jetzt jeden Morgen diese unterschwellige Angst vor schlechtem Kaffee. Wir haben mittlerweile gelernt, damit zu leben. Unserer alten, lilanen Maschine zuliebe, die hoffentlich noch ein paar Jahre durchhält.

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