Glosse: Endlich sind wir in der Zukunft angekommen

19.11.2017, 05:58 Uhr
Computer und Telefon. Was lange getrennt existieren musste, kommt nun zusammen.

© Patrick Pleul/Archiv (dpa) Computer und Telefon. Was lange getrennt existieren musste, kommt nun zusammen.

Aus aktuellem Anlass eine Information der Kategorie "Unnützes Wissen": Heute ist in Amerika der "National Push-button Phone Day", der nationale Tag des Tastentelefons. Klingt komisch, ist aber so. Und passt zu einem anderen Thema: Beim Schwabacher Tagblatt hat vor kurzem die Zukunft begonnen.

Wer schwache Nerven hat, der sollte sich lieber setzen, diese Information wird Sie umhauen. Also: Wir können jetzt per Mausklick einen Telefonanruf einleiten!

Sozusagen von selbst

Man klickt am Bildschirm auf einen Kontakt, dann auf ein grünes Abheben-Symbol – und schon wählt das Telefon. Sozusagen von selbst. Jeder kann sich vorstellen, welche Begeisterung in der Redaktion herrschte. jk hat die brandheiße Info sofort an die Rother Kollegen gefaxt. Per Hauspost wurden auch die Mitarbeiter im anderen Gebäudeteil in Kenntnis gesetzt. Kollege he hat sogar einige seiner Brieftauben losgeschickt, um die frohe Botschaft zu verkünden.

"Soll ich dich mal anrufen von meinem Bildschirm aus?", rief jk ins Nebenzimmer und prompt klingelte bei rj das Telefon. Nicht, dass sich die beiden viel zu erzählen hätten. Und wenn, dann könnten sie es bequem durch die stets geöffnete Tür tun. Wenn sich rj mit seinem Stuhl umdreht, dann können sie sich dabei sogar ansehen. Aber darum geht es ja nicht.

Um sechs Uhr morgens

Dass wir uns nicht falsch verstehen. Bei uns im Büro stehen immer noch die gefühlt 80 Jahre alten schwarzen Tastentelefone, die wahrscheinlich in vielen anderen Büros auch zu finden sind – außer vielleicht bei Firmen wie Google oder so, die sich schon länger in der Zukunft befinden. Jedenfalls, diese alten Tastentelefone muss man noch immer benutzen, sprich, den Hörer abheben, um telefonieren zu können. Nur wählen ist nicht mehr nötig.

Wir müssen uns allerdings in ein Computer-Programm einloggen, um diese innovative Technologie nutzen zu können. Das wiederum führt dazu, dass wir jetzt bereits um sechs Uhr morgens in die Arbeit kommen. Warum? Es dauert mindestens zwei Stunden, sich in alle 28 für uns obligatorischen Programme mit jeweils unterschiedlichen Passwörtern einzuloggen (Sicherheit geht vor!) und eine Tasse Kaffee zu trinken. Manchmal lässt man den Kaffee auch weg, wenn das Internet mal wieder langsam ist.

Einige Beispiele gefällig? Es gibt ein E-Mail-Programm, ein Kalender- und Planungsprogramm, ein Redaktionsprogramm, ein Bildarchiv-Programm, ein Programm für die Webseite, ein Foto-Programm, ein Sport-Ergebnisse-Eintrageprogramm und jetzt eben auch ein Telefonieren-per-Mausklick-Programm. Digitalisierung ist halt was Schönes. Es soll jedoch auf keinen Fall der Eindruck entstehen, als würde die bahnbrechende Neuerung in der Redaktion mit Undank aufgenommen.

Neues Zeitalter

Für Kollege und Chefdiplomat gw beginnt sogar definitiv ein neues Zeitalter. Immer seiner Zeit voraus, telefoniert er schon seit Jahren mit einem Headset. Für Hörer abheben ist er zu beschäftigt. Sein gnadenlos optimierter Tagesablauf beinhaltet etwa 350 nonstop geführte Telefonate. Jetzt muss er nicht einmal mehr wählen. Es ist durchaus denkbar, dass er durch diese Zeitersparnis bald über 500 Telefonate pro Tag schafft.

Am morgigen Sonntag ist übrigens internationaler Männertag und Welt-Toiletten-Tag. Ein Zusammenhang kann nach sorgfältiger Recherche nicht ausgeschlossen werden.

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