Glosse: Franz Josef Strauß wäre stolz auf Schwabach

1.4.2018, 05:58 Uhr
Die Debattenkultur hätte ihn gefreut, die Abwesenheit der Parteifreunde vielleicht weniger.

© Heinz Wieseler/Archiv (dpa) Die Debattenkultur hätte ihn gefreut, die Abwesenheit der Parteifreunde vielleicht weniger.

Wenn man als Journalist noch nicht so lange dabei ist, dann sind Stadtratssitzungen schon immer ein bisschen aufregend. Also, so die ersten ein, zwei Male. Man weiß ja nie genau, was passiert. Passt man kurz nicht auf, kann schon das Abwasser privatisiert sein oder ein Hallenbad gebaut. Wobei, man hat ja vorher die Unterlagen, so schlimm ist es also nicht. Aber aufpassen muss man trotzdem. Ob die Stadtratsmitglieder sich nämlich einig sind oder nicht, das steht in den Unterlagen nicht drin.

Ich war allerdings schon bei der ein oder anderen Stadtratssitzung und habe die Erfahrung gemacht, dass – sagen wir es mal so – die Demokratie manchmal eine recht zähe und ermüdende Angelegenheit sein kann. In Rednitzhembach zum Beispiel, habe ich an dieser Stelle schon einmal darüber geschrieben: Man kann sagen, die Hembacher haben es gern harmonisch, man könnte auch sagen, der Herr Spahl hat seinen Laden im Griff.

Nur noch ein Thema

Aber die jüngste Schwabacher Stadtratssitzung, die fiel ganz eindeutig in die Kategorie: spannend. Nicht in der ersten Dreiviertelstunde. Da wurden die Punkte alle recht zügig abgenickt. Schließlich war nur noch ein Thema übrig – der Bau eines Dehner-Gartenmarkts an der Alten Rother Straße.

Noch beim Sachvortrag des Stadtbaurats Ricus Kerckhoff deutete nichts darauf hin, dass die ganze Sache länger als fünf Minuten beanspruchen würde. Dann ergriff Dr. Brunner von der SPD das Wort und plötzlich brachen die Dämme. Ein womöglich lang aufgestautes Diskussions-Bedürfnis entlud sich in einer Flut von Meinungsäußerungen, es wurde gestritten und geschimpft, was soll ich sagen, es war fast wie in Zeiten von Franz Josef Strauß und Herbert Wehner.

Die Show genießen

Schulreferent Frank Klingenberg war wegen eines anderen Tagesordnungspunkts anwesend. Ich war als Berichterstatter da. Wir warfen uns amüsierte Blicke zu. Wenn ich Klingenbergs Reaktion richtig deute, dann waren er und ich die einzigen Anwesenden, für die der Dehner-Neubau keine wirklich essenzielle Bedeutung hatte – wir konnten die Show genießen.

Das Ergebnis der Diskussion kennen aufmerksame Tagblatt-Leser selbstverständlich schon. Die Dehner-Planungen sind erst einmal vom Tisch. Hinweisen kann man aber durchaus noch einmal auf das Abstimmungsverhältnis: 19 zu 16 gegen die Planungen. Ich habe nachgezählt. Alle 15 anwesenden CSUler haben dafür gestimmt. Im Stadtrat sitzen eigentlich 19 CSU-Mitglieder. Wenn also alle dagewesen wären... Die Erklärung ist wahrscheinlich recht einfach. Den CSU-Stadtratsmitgliedern ging es wie mir: Wir hatten keine Ahnung, dass dieses Thema plötzlich in einer Kampfabstimmung enden würde.

Ein bisschen geschlampt

Jedenfalls – wie so oft im "Goldrichtig?!?" – will ich auf etwas völlig anderes hinaus. Vor lauter Aufregung, in einen derart aufregenden Stadtrat hineingeraten zu sein, habe ich prompt ein bisschen geschlampt beim Artikelschreiben. Da wurde aus Bürgermeister Oeser der 2. Bürgermeister Oeser. Es gibt in Schwabach aber gar keinen 2. Bürgermeister. Es gibt einen Oberbürgermeister und zwei Bürgermeister. Punkt.

Noch schlimmer: Ich habe den Schwabacher SPD-Chef Peter Reiß und den ab und an Leserbriefe schreibenden Schwabacher Bürger Claus Reis ein bisschen durcheinandergebracht. Lieber Herr Reiß, lieber Herr Reis, es tut mir leid, ich weiß eigentlich, dass Sie zwei verschiedene Personen sind.

So, jetzt geht’s mir schon viel besser. Wenn die Zeitung sich nicht mehr um Genauigkeit bemüht, wer dann? Deshalb weist mich Kollege jk auch hier und da darauf hin, dass ein silberner Audi höchstens bei den Scheichs in Dubai herumfährt – in Schwabach gibt es nur silberfarbene Audis.

Das sind die Probleme, die pensionierte Deutschlehrer nachts wach halten. Könnten Spötter sagen. Aber wir nehmen das schon ernst. Und wenn wir’s versauen, dann schreiben wir halt nächste Woche wieder ein "Goldrichtig?!?". Frohe Ostern!

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