Glosse: Von der Arbeit im Haus, das Verrückte macht

25.11.2018, 05:58 Uhr
Was Asterix und Obelix mit streikenden Druckern zu tun haben: Kennen Sie das Haus, das Verrückte macht?

© A3322 dpa-Film Universum Film Was Asterix und Obelix mit streikenden Druckern zu tun haben: Kennen Sie das Haus, das Verrückte macht?

Wer in der Vorwoche das "Goldrichtig?!?" gelesen hat, der weiß, dass in der Tagblatt-Redaktion das Wort "furchtbar" immer wieder gern benutzt wird. Es dürfte wohl selten so oft gefallen sein wie am Donnerstag. Denn Donnerstag war Streik-Tag. Die Frage, warum die Drucker streiken, soll hier nicht diskutiert werden – es ist ihr gutes Recht. Aber was das bei uns in der Redaktion auslöst, das können Sie sich nicht vorstellen.

Erste Auswirkungen

8.14 Uhr: Eine Mail trifft ein mit der Info, dass gestreikt wird. Leider ohne weitere Information, sprich: Umfang, Dauer oder Auswirkungen des Streiks sind nicht bekannt. Bei uns gibt es allerdings prompt erste Auswirkungen. Einige Redakteure bekommen Schnappatmung, andere flüstern mehrmals das Wörtchen "furchtbar" vor sich hin. Ein Damokles-Schwert hängt schon zu früher Stunde über der Redaktion.

Wir wissen nämlich, was Streik bedeutet: Erst ist unklar, ob überhaupt gestreikt wird, es lohnt sich also nicht, Seiten fertig zu machen. Es könnte ja sein, dass man sie dann wieder aufbrechen und abändern muss, was oft länger dauert als sie neu zu bauen. Dann erfährt man irgendwann mittags: Eine gemeinsame Ausgabe mit Roth, Hilpoltstein und Gunzenhausen soll erscheinen.

Da ist dann mindestens ein Redakteur den ganzen Tag beschäftigt, die Aufteilung der Seiten zu koordinieren. Es ist für uns in Schwabach oft schon schwierig zu klären, wie viele Seiten das Lokale, der Sport und das Was-Wann-Wo bekommen. Drei Parteien, drei Meinungen. Jetzt kommen also noch einmal sechs, sieben weitere Parteien dazu. Da ist Diplomatie gefragt.

Ein Sack Reis in Gunzenhausen

Über allem schwebt – furchtbar! – das Wissen um die Reaktion der Leser am nächsten Tag: Was interessiert uns das Rother Christkind? Warum berichtet das Tagblatt plötzlich davon, wenn in Gunzenhausen ein Sack Reis umfällt? Wir zahlen doch nicht für Nachrichten aus Hilpoltstein, wo liegt das überhaupt? Das ist vielleicht etwas überspitzt ausgedrückt, aber glauben Sie mir, wir müssen uns einiges anhören.

Damit nicht genug. Wenn wir am für Freitag nur rund zweieinhalb Schwabacher Seiten machen können, dann bleiben Artikel liegen. Das heißt, wir konnten uns am Donnerstag schon darauf einstellen, dass für den Samstag einige Seiten mehr nötig sein würden. Mehr Seiten, mehr Arbeit, mehr Schnappatmung, mehr "furchtbar!".

Man muss sich das vorstellen wie in diesem Asterix-Film. Da gibt es "das Haus, das Verrückte macht". Irgendwann springen alle Personen in diesem Haus nur noch in der Gegend herum, zwitschern wie Vögel oder grunzen wie Wildschweine. Manche schlagen hilflos den Kopf an die Wand, andere springen zum Fenster hinaus um davonzufliegen. Genau so sah es am Donnerstagnachmittag in der Tagblatt-Redaktion aus.

Großes Durchatmen

Nachdem der Journalisten-Notarzt allen Redakteuren Pferde-Beruhigungsmittel gespritzt hatte und die ersten Seiten für den Samstag vorgebaut waren, beruhigte sich schließlich die Situation. Ein großes Durchatmen war spürbar. Hauptsache ist doch, dass jeden Tag eine Zeitung erscheint.

Und was dann drin steht, kann durchaus den Horizont erweitern. Ohne die Streik-Ausgabe hätten Sie, liebe Tagblatt-Leser, niemals erfahren, dass die Hilpoltsteiner Stadtkapelle heute ein Benefizkonzert gibt. Das wäre doch wirklich schade gewesen.

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