Glosse: Wie die Schwabanesen ein armes Opfer fanden

11.2.2019, 12:36 Uhr
Glosse: Wie die Schwabanesen ein armes Opfer fanden

© Foto: Wilhelm

Kollege Correll muss noch viel lernen. Naja, er ist ja auch der mit Abstand Jüngste im Tagblatt-Team. Er hat noch viel Zeit.

Das mit dem Recherchieren, Schreiben, Fotografieren und vor allem dieses neumodische Online-Zeugs, um das sich der Rest von uns erfolgreich drückt, das klappt ja schon so weit halbwegs akzeptabel.

Aber wie man unbeschadet den traditionellen Besuch der Schwabanesen übersteht und dreiste Attacken auf die Geschmacksnerven schon im Ansatz erkennt, das hat er noch nicht raus. Sein Problem: Er glaubt einfach an das Gute im Menschen. Selbst bei denen im Narrenkostüm.

Eine absurde Idee

Die Schwabanesen sind aber auch so was von raffiniert. Kommen mit majestätischem Prinzenpaar und dem süßen Kinderprinzenpaar, lullen uns ein, wie nett wir von der Zeitung doch immer über den Fasching berichten, verteilen huldvoll Orden und Bussis und spendieren sogar noch eine große Schachtel voller Faschingskrapfen.

Ob da etwa wieder einer mit Senf dabei ist? Nein, nein, verspricht der Hofmarschall unschuldigst, wie wir denn auf so eine absurde Idee kämen.

Kollege Hess fällt nach gefühlten 200 Berufsjahren darauf natürlich nicht mehr herein. Zur akuten Gefahrenabwehr nutzt er alle Instrumente zivilisierter Kulturtechnik, greift zum Messer und schneidet seinen Krapfen erst einmal durch. Zum Vorschein kommt: Marmelade. Alles okay, dann kann er gewohnt kraftvoll zubeißen.

Nur Geduld haben

Kollege Möller dagegen verzichtet darauf, gleich das Messer zu zücken. Er hat eine subtilere Strategie entwickelt: Er spielt den guten Gastgeber, schenkt Kaffee ein, serviert süße Pappdinger, die man nicht mehr Negerküsse nennen darf, schäkert mit dem Kinderprinzenpaar. In Wirklichkeit wartet er nur ab und behält die Verteilung der Krapfen stets im wachen Augenwinkel. Man muss nur Geduld haben, bis das Opfer gefunden ist: Kollege Correll.

Ihm unterläuft der nun wirklich unfassbarste Anfängerfehler. Statt sich selbst einen Krapfen zu nehmen und damit eine doch ganz hoffnungsvolle 20:1-Chance auf eine süße Kalorienbombe zu haben, lässt er sich vom Hofmarschall einen Krapfen zuschieben und bedankt sich sogar noch höflich für die nette Geste.

Einen Bissen klüger

Einen Moment später ist er einen Bissen klüger. In einem Akt übermenschlicher Selbstüberwindung schluckt er ihn herunter. Was aber tun mit einem angebissenen Senf-Krapfen?

Im Vorjahr hatte dieser kulinarische Exzess den Prinzen höchstpersönlich getroffen. Da dieses Amt äußersten Einsatz verlangt, hat er ihn pflichtbewusst aufgegessen.

Kollege Correll ist aber kein Prinz. "Damals habe ich mir gedacht: Wenn’s mich mal erwischt, mach’ ich das niemals." Stattdessen hat er einen konstruktiven Vorschlag. Senf sei ja ein guter Anfang. Wenn jetzt noch die Bratwürste hinzukämen: Drei in am Grapfm! So schmeckt der Fasching. Schwabanesen, merkt Euch das fürs nächste Jahr!

Verwandte Themen


Keine Kommentare