Gutes Klima für historisch wertvolle Bücher in der Stadtkirche

28.4.2015, 10:11 Uhr
Gutes Klima für historisch wertvolle Bücher in der Stadtkirche

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Dank einer großzügigen Spende der Firma Ingenieurbüro Tobias Ritzer GmbH kann nun einer Hauptgefahr für den Erhalt der wertvollen Bücher, der anhaltend zu hohen Luftfeuchtigkeit, fachgerecht und nachhaltig begegnet werden.

Als Michael Reichel, der Bibliotheksbeauftragte der Kirchengemeinde St. Martin, 2010 die Verantwortung für dieses „Schatzkästlein“ übernahm, fand er vieles in einem bedauernswerten Zustand vor: Regale und Bücher waren vom Staub der Jahrzehnte verschmutzt, vom Holzwurm und teilweise auch von Schimmel befallen; eine Ordnung war nur schwer zu erkennen, der Raum war mit vielen Fremdobjekten zugestellt.

So war es geradezu ein Glücksfall, dass wegen der anstehenden Generalsanierung der Kirche alles ausgeräumt werden musste und die Bücher- und Zeitschriftenbestände im kühlen Keller des Stadtarchivs für einige Zeit Asyl fanden.

Auch Lions großzügig

Im Herbst 2012 wurden dann im Bibliotheksraum Holzdecken und Holzfußboden saniert, die Wände getüncht und die Elektroinstallation erneuert. Es folgte eine komplette Neumöblierung mit maßgerechten Holzregalen und einem Computer-Arbeitsplatz. Die Kosten dafür übernahm zu einem Großteil der Lions-Club Schwabach. Nur eine historische Sitzgruppe, ein altes Stehpult und vom früheren Mesner Spachmüller eingebrachte Bilder blieben von früher erhalten.

Im Sommer und Herbst 2013 wurden dann alle literarischen Bestände zurückgeführt und unter Respektierung der alten Ordnung neu aufgestellt, wobei eine Abteilung A (rund 1000 Bände Handschriften und Drucke bis 1810) und eine Abteilung B (neuere Werke) eingerichtet wurden. Die zunächst in einen Dachbodenraum darüber ausgelagerten Zeitschriftenbände des 19. und 20. Jahrhunderts mussten schließlich im Sommer 2014 in ein Erweiterungsregal im Bibliotheksraum verbracht werden, weil unter dem Kirchendach die meist viel zu hohe Luftfeuchte eine dauerhafte Lagerung verbietet.

Doch auch der Bibliotheksraum war, wie laufende Messungen ergaben, meistens zu feucht. Bibliotheksfachleute fordern für die Lagerung von Büchern 50 Prozent (+/- 10 Prozent) relativer Feuchte, in der Bibliothek waren es aber häufig über 70 Prozent. So stellte die Firma Ritzer auf Anfrage und zum Testen zunächst für mehrere Monate ein mobiles Entfeuchtungsgerät leihweise zur Verfügung. Als es dann darum ging, eine endgültige Lösung zu schaffen, bot Tobias Ritzer an, ein auf Dauerbetrieb ausgelegtes hochwertiges Gerät samt Installation zu spenden.

Vor wenigen Wochen wurde es nun fachgerecht an einer Mauer der Bibliothek eingebaut und in Betrieb genommen. Damit dürfte gesichert sein, dass der teilweise bis ins 15. Jahrhundert zurückreichende Buchbestand es klimatisch so gut hat wie bisher noch nie in seiner halbtausendjährigen Geschichte. Während der zu Ende gehenden Bauarbeiten an der Stadtkirche sollen noch Brandschutz und Einbruchsicherheit für den Büchereiraum nachhaltig verbessert werden.

Das alles ist wichtig, damit sich die nun begonnenen vielfältigen und zeitaufwändigen Arbeiten lohnen, um die Bibliothek wieder auf Vordermann zu bringen. Nachdem es fast ein halbes Jahrhundert lang keine Restaurierungsarbeiten an den Büchern mehr gegeben hatte, kommen diese nun langsam in Gang. Erste Bände, bei denen im Wesentlichen nur der Einband stark beschädigt ist, werden in der Schwabacher Buchbinderwerkstatt von Karsten Volland restauriert. Wenn auch die bedruckten Blätter stark in Mitleidenschaft gezogen sind, muss eine auswärtige Restaurierungswerkstatt beauftragt werden. Ein erster Band, dessen Restaurierung die Bürgerstiftung „Unser Schwabach“ bezahlt, ist zurzeit in der Fachwerkstatt in der Partnergemeinde Teschen in Bearbeitung. Weitere sollten zeitnah folgen, soweit die benötigten Mittel – oft mehrere tausend Euro pro historischem Band – aufgebracht werden.

Viel Zeit und Fachkenntnis erfordert auch die sorgfältige elektronische Katalogisierung samt Teilreinigung der Bestände. So werden nicht nur die äußeren Merkmale der einzelnen Bände sorgfältig dokumentiert, sondern auch alle darin enthaltenen einzelnen Druckwerke. Nicht selten finden sich in einem einzigen Band fünf bis zehn oder noch mehr unterschiedliche Werke, oft von ganz verschiedenen Autoren. Nicht nur der jeweils vorliegende Druck wird genau bestimmt, sondern auch der Nachweis des Werkes im internationalen Online-Katalog „Worldcat“ festgehalten. Ebenso auch die Fundstellen der im Internet zugänglichen „Digitalisate“, die es bereits für sehr viele Werke des Altbestandes gibt, zumeist angefertigt vom Digitalisierungszentrum der Bayerischen Staatsbibliothek in München.

Ausstellung geplant

Da eine solch umfassende Bearbeitung pro Titel etwa eine halbe Stunde benötigt, wird es wohl bis Ende 2016 dauern, bis Reichel, zeitweise unterstützt von Studierenden und derzeit durch einen Ein-Euro-Jobber, in ehrenamtlicher halbtägiger Arbeit die gesamte Abteilung A elektronisch erfasst hat. Für 2017 denkt er dann anlässlich des 500-jährigen Reformationsjubiläums und des Festjahres „900 Jahre urkundliche Erwähnung Schwabachs “ an eine Ausstellung einer Auswahl der bibliophilen Schätze.

Schon vorher, nämlich ab Sommer 2015, soll es gelegentlich Benefiz-Führungen für kleine Gruppen in der Bücherei geben, um auf diese Weise einen Beitrag für die dringend notwendigen Buchsanierungen zu erhalten. Termine werden rechtzeitig im Schwabacher Tagblatt bekannt gegeben.

Spenden für Buchsanierungen der Kirchenbibliothek sind willkommen unter Angabe des Spendenzweckes auf das Spendenkonto der Kirchengemeinde Schwabach St. Martin: IBAN: DE82 7645 0000 0000 1097 36.

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