„Ich erlebe tolle menschliche Kontakte“

30.8.2016, 08:26 Uhr
„Ich erlebe tolle menschliche Kontakte“

© Foto: Wilhelm

Ehrenamt. „Ehrlich gesagt, ich finde diesen Begriff nicht wirklich passend“, sagt Sabine Paasche-Kassian. „Ich mache das aus Menschlichkeit und nicht wegen der Ehre oder weil ich ein Amt haben will.“ Die Kunsthistorikerin und Heilpraktikern ist eine von fünf Frauen, die mittwochs und donnerstags in die Unterkunft kommen und mit Flüchtlingskindern spielen — und natürlich sprechen. So lernen die Kinder die ersten Wörter Deutsch. „Aber alles ganz spielerisch“, betont sie. „Die Kinder lernen unheimlich schnell. Sie sind sehr lebendig, sehr ungestüm, sehr direkt, einfach unheimlich gut drauf. Das ist schön zu erleben.“

Freiwilligen Deutsch-Unterricht für Erwachsene bietet eine von Christa Scholl organisierte Gruppe, der die Biologin Sylvia Sommer angehört. Sprachliche Starthilfe noch vor den formellen Integrationskursen. „Ich wohne gegenüber und hatte so ein bisschen Angst vor dem Zelt. Da war ja ungewiss, wie das werden wird“, erzählt sie. Gerade deshalb aber habe sie sich gesagt: „Man muss etwas tun. Der erste Schritt zur Integration ist doch, auf die Leute zuzugehen.“ Und die anfängliche Angst? Kein Thema mehr. Im Gegenteil: „Ich erlebe tolle menschliche Kontakte und gehe immer sehr gestärkt aus den Stunden heraus. Eigentlich ist es ja gar nicht so viel, was ich mache. Aber die Flüchtlinge bedanken sich so überschwänglich, dass es mir fast peinlich ist.“

Elke Janson hat sich von Anfang um die ersten ganz elementaren Probleme gekümmert. Zusammen mit sieben anderen Frauen organisiert sie die Kleiderkammer. „Manche sind ja wirklich nur mit den Klamotten gekommen, die sie am Leib hatten“, berichtet sie. Deshalb waren die vielen Kleiderspenden auch dringend notwendig. Mittlerweile ist die Kleiderkammer gut gefüllt, sind die Flüchtlinge halbwegs ausgestattet. „Anfangs hatten wir die Kleiderkammer zweimal in der Woche geöffnet, dann einmal und jetzt so etwa alle zehn Tage“, berichtet Elke Janson. „Zu Beginn waren wir ganz viele Helfer. Keiner von uns hatte einen blassen Schimmer. Etwas mehr Anleitung wäre da schon hilfreich gewesen.“ Sie selbst hat ans Aufhören nie gedacht: „Ich habe wirklich noch nie etwas Negatives erfahren. Mir macht das weiter großen Spaß.“

„Mir macht es einfach Freude zu helfen“, sagt auch Harald Rödl. „Und es interessiert mich, Menschen aus anderen Kulturen kennenzulernen. In meiner Berufszeit bin ich in 40 Jahren in der ganzen Welt herumgekommen und habe nie schlechte Erfahrungen machen müssen.“ Nun will er seinen Beitrag zur Gastfreundschaft in Deutschland leisten.

Deshalb hat der Schwanstettener den dortigen Helferkreis mitgegründet und engagiert sich nun in Schwabach, wo immer man ihn braucht: als Nachhilfelehrer, als Fahrdienst zum Arzt, auch bei der Wohnungs- und Arbeitsplatzsuche hilft er.

Wer mit den vier Helfern spricht, erlebt Menschen voller Zuversicht. Keine Ernüchterung? Bei all den Mühen, die Integration eben auch bedeutet? Nach Köln? Angesichts des Aufstiegs der AfD?

„Ernüchterung? Nein“, sagt Sabine Paasche-Kassian. Von der viel diskutierten gekippten Stimmung haben die vier Helfer in Schwabach noch nichts wahrgenommen. Aber sie erleben die Probleme, etwa die Konflikte zwischen Iranern und Irakern oder zwischen Afrikanern und Flüchtlingen aus Ländern der ehemaligen Sowjetunion. „Natürlich ist Integration eine gewaltige gesellschaftliche Aufgabe“, sagt Sabine Paasche-Kassian ganz nüchtern. „Aber alles, was ich jetzt dafür tun kann, trägt Früchte in der Zukunft.“

Und schon in der Gegenwart. „Die Stimmung in der Halle“, sagt die hauptamtliche Asylsozialberaterin Miriam Schmidle vom Diakonischen Werk, „ist trotz der schwierigen Lebensumstände insgesamt unglaublich gut.“

Nähere Infos zur ehrenamtlichen Hilfe bei Miriam Schmidle. E-Mail: miriam.schmidle@diakonie-roth-schwabach.de

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