Karibik statt Klassenzimmer

22.10.2010, 11:44 Uhr
Karibik statt Klassenzimmer

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Das Projekt heißt „Classroom under Sail“, also Klassenzimmer unter Segeln (KUS). Unter dem Motto „Schule einmal anders“ bieten die Universität Erlangen-Nürnberg und Partner eine sechsmonatige Reise auf dem Segelschiffs „Thor Heyerdahl“. Das Bayerische Kulturministerium hat KUS einem Schulbesuch im Ausland gleichgestellt.

Karibik statt Klassenzimmer

Inzwischen sitzt Barbara Distler wieder auf der Schulbank der Klasse Q11 des Wolfram-von-EschenbachGymnasiums Schwabach. Ob sie denn in heimischen Gefilden schon wieder ganz angekommen ist? Barbara antwortet mit einem sehnsüchtigen Blick: „Leider, aber es geht ja auch nicht anders.“

Segeln ist eines ihrer Hobbys. Bisher hat sie am Brombachsee abgelegt. Mit Eltern und Bruder einige Male auch auf offener See. Dann las ihre Mutter einen Zeitungsartikel über das Projekt „Schule einmal anders!“ Sechs Monate auf einem Segelschiff. Fremde Länder erkunden. Sofort war Barbaras Neugierde geweckt. „Doch nur einmal so anmelden und dabei sein, ist nicht. Da muss man sich bewerben und ein Auswahlverfahren durchlaufen.“

Die achtjährige aktive Vereinszugehörigkeit und die Jugendarbeit im Segelverein WSGR Rangau kamen Barbara dabei zu Gute. Schließlich waren neben den Segelkenntnissen auch soziales Engagement und Teamfähigkeit gefordert.

Schließlich gehörte sie zu den 30 Schülerinnen und Schülern aus Bayern, die am Bollhörnkai in Kiel vor dem imposanten traditionellen Segelschiff „Thor Heyerdahl“ standen. Der Einzug in die Vier- bis Sechsmannkammern ließ sie erstmals erschrecken: „Ich habe viel zu viel Gepäck dabei.“ Jedoch nach dem ersten Arrangement war alles verstaut.

Start ins Abenteuer

Beim ersten Etappenziel St. Cruz de Tenerife lebte Barbara bei einer Gastfamilie und besuchte eine deutsche Schule. Zudem durften die Schülerinnen in handwerklichen Praktika kleinere Tätigkeiten auf dem Schulschiff erledigen. Dann begann die große Reise über den Atlantik in die Karibik. Die durften die Schüler erstmal so richtig genießen: Schnorcheln in Riffs, Übernachten auf einer unbewohnten Insel.

In Panama ging man drei Wochen an Land. In dieser Zeit wurde das Segelschiff für einen Touristentörn genutzt. Die Schüler intensivierten ihr Spanisch, erkundeten den Regenwald und erklommen dabei den höchsten Berg Paru, an dessen Fuß eine Kaffeeplantage liegt, deren Kaffeebohnen zu den besten der Welt zählen.

Völliges Neuland betraten Barbara und ihre Schulschiffkameraden mit dem Besuch der Naso-Indianer und einem Einblick in ihre Lebensgewohnheiten. Ein Leben mitten in der Natur. Die indianischen Transportmittel sind keine Autos, sondern Einbäume, mit denen im Fluss gepaddelt wird, das Badzimmer liegt ebenfalls im Fluss, das Obst liegt nicht in einer Schale auf dem Tisch, sondern hängt am Baum und gegessen wird, was die Natur momentan so hergibt. „Zimperlich darfst da nicht sein“, blickt Barbara zurück, in der Gruppe lernt man es sehr schnell, mit solchen abenteuerlichen Erfahrungen umzugehen, dazu zählen auch die Läuse des Regenwaldes.

Auf Kuba unternahm die Crew eine Fahrradtour, lernte fünf Tage lang die Hauptstadt Havanna kennen und erkundete das Land in einem alten Zug. „Es war einfach lang, laut, lustig und schaukelnd sowie die Dörfer und die Landschaft waren beeindruckend“. Auf den Bermudas mussten notwendige Schiffsabreiten durchgeführt werden und auf den Azoren erklomm die Schulschifftruppe Berge.

Neben solchen Höhepunkten der Unterrichtsalltag an Deck: Chemie, Physik, Deutsch, Mathe... Die Schüler mussten zudem Dienste an Bord übernehmen. Auf wenigen Quadratmetern lebten sie ständig zusammen. „Ich habe gelernt mit Situationen und Menschen zurechtzukommen, denen ich nicht aus dem Weg gehen kann“, sagt Barbara.

Und dann waren da noch der peitschende Regen, die stürmischen Atlantikwinde. „Die Erlebnisse werde ich ein Leben lang nicht vergessen.“ Vor allem einen Moment nicht: „Ich die erste, die nach der langen Überfahrt die Karibikinseln gesehen hat: Land in Sicht!“