„Kitt“ und Herpersdorf, das hält seit 75 Jahren

14.12.2010, 22:52 Uhr
„Kitt“ und Herpersdorf, das hält seit 75 Jahren

© Marr

„Mit 90 Jahren ist Karl Kittsteiner nicht nur unser ältestes Mitglied. Er war auch einer der erfolgreichsten Fahrer in der ruhmreichen Geschichte des Vereins. Die einmalige Erfolgsserie, die den RC Herpersdorf einst in ganz Deutschland bekannt machte, leitete Karl Kittsteiner mit seinen vielen großen Siegen in den Jahren 1936 bis 1939 und mit seinem ersten Deutschen Meistertitel 1940 ein“, erinnerte Puschmann bei seiner Laudatio, die auf Wunsch des Altmeisters nicht bei der Jahresabschlussfeier, sondern im Katzwanger Haus von Karl Kittsteiner stattfand. „Bei dem Schnee geh´ ich nimmer raus“, erklärte der rüstige Rad-Rentner, für den auch in seinen erfolgreichsten Jahren ein Vereinswechsel nie in Frage kam. „Beim RC Herpersdorf habe ich einst begonnen und bei meinem Verein, dem ich sehr viel zu verdanken habe bin ich immer geblieben“, betont der Jubilar der sich über die Ehrung sichtlich freute.

„Kitt“ und Herpersdorf, das hält seit 75 Jahren

© Marr, Fotoarchiv

Schon als Schüler bewunderte der in Worzeldorf geborene Karl Kittsteiner die Radsportler des RC Herpersdorf, der damals noch ein kleiner Dorfverein war. „Vor allem um ihre Rennmaschinen haben wir Buben die Fahrer beneidet“, erzählt Karl Kittsteiner, der sich 1935 als 15-Jähriger gemeinsam mit seinem Freund Konrad Kessler dem RC Herpersdorf anschloss.

Die Erfahrenen abgehängt

An sein erstes Rennen erinnert er sich noch ganz genau: „Es war ein Vereinsrennen, bei dem alle Jahrgänge gemeinsam starteten. Konrad und ich waren die Jüngsten. Wir fuhren da noch mit unseren schweren alten Tourenrädern mit.“ Beim RC Herpersdorf staunte man aber nicht schlecht, als die zwei Neulinge trotzdem den gesamten Verein auf Anhieb ziemlich respektlos abhängten. Karl Kittsteiner gewann die Vereinsmeisterschaft 1935 vor Konrad Kessler.

Ein Ergebnis, das sich noch oft wiederholen sollte: Schon als Jugendfahrer stürmten die beiden „Ks“ bei allen Rennen über die damals noch sehr schlechten und staubigen Landstraßen von Sieg zu Sieg, wobei der spurtstarke Kittsteiner fast immer vor Konrad Kessler gewann.

DM-Titel in Serie

Nach ihrem Wechsel in die Amateurklasse trumpften Kittsteiner/Kessler erst richtig auf: 1940 gewann Kittsteiner die Straßen-DM vor Kessler. Von 1938 bis 1943 führten beide ohne Unterbrechung (!) die Jahreswertung der besten deutschen Straßenfahrer an. Ein einmaliger Rekord, auf den Karl Kittsteiner noch heute stolz ist.

1946 wechselte Karl Kittsteiner ins Lager der Berufsfahrer und gewann auf Anhieb auch die deutsche Straßenmeisterschaft der Profis. Danach begann er mit dem Stehersport: „Reich wurde man da damals auch nicht, aber als Steher konnte ich doch etwas mehr verdienen“, erinnert er sich schmunzelnd. Bis 1957 zählte Karl Kittsteiner noch rund zehn Jahre zur deutschen Spitzenklasse der Steher: Dreimal wurde er Vize-Meister hinter Motoren und 1954 holte er sich den deutschen Meistertitel.

Ohne „plagen“ geht es nicht

Den Stehersport verfolgt der „Kitt“, wie ihn seine vielen Fans und Freunde nennen, am Reichelsdorfer Keller noch immer aufmerksam und begeistert. „Da hat sich zwar sehr viel seit meiner Zeit geändert, aber plagen müssen sich die Fahrer noch immer ganz gewaltig, wenn sie vorne mitmischen wollen“, stellt er bewundernd fest.

Wie oft er als Fahrer, Funktionär und Zuschauer am Reichelsdorfer Keller war, kann Karl Kittsteiner heute nicht mehr sagen. „Sicher mehrere tausendmal, denn da war ich oft mehr als zuhause. Die Rennbahn ist für mich ganz einfach ein Stück meines Lebens. Ich hoffe nur, dass diese Bahn und mit ihr auch der schöne Stehersport noch recht lange erhalten bleibt.“