Landwirtschaft: Ein Jahr zum Abhaken

8.9.2018, 06:00 Uhr
Landwirtschaft: Ein Jahr zum Abhaken

© Foto: Günther Wilhelm

SCHWABACH/ROTH — "Heuer ist die Erntezeit zwei bis vier Wochen früher also sonst", sagt Werner Wolf, der Leiter des Amts für Landwirtschaft Roth/Hersbruck. Davon zeugen nicht nur die vielen bereits leeren Maisfelder.

In den letzten Zügen ist auch die Tabakernte. Ebenfalls knapp zwei Wochen früher als in normalen Jahren. Aber was war in diesem Sommer noch normal? "Tabak hält schon was aus", sagt Johannes Spachmüller. "Aber das heuer, das ist schon extrem."

Erfolg auch ohne Subvention

Vor zwei Jahren hat der 26-Jährige den elterlichen Hof in Haag übernommen. Die Spachmüllers gehören zu den Tabakbauern, die es auch nach Wegfall der Subventionen 2009 geschafft haben, sich auf dem Weltmarkt zu behaupten. Auch Spargel und mittlerweile Haselnüsse sind weitere Standbeine. "Die wichtigste Einnahmequelle aber ist noch immer der Tabak", erklärt Spachmüller.

Tabak aus Franken steht für guten Ertrag mit allerbester Qualität. Der Nikotingehalt ist niedrig, der Zuckeranteil sehr hoch. Das macht ihn besonders für den anspruchsvollen Wasserpfeifenmarkt so begehrt.

Problem gut zu erkennen

Johannes Spachmüller führt in die große Lagerhalle, wo der Tabak nach der Trocknung am Hof sortiert und in große Kartons zum Abwiegen in Kottensdorf verpackt wird.

Landwirtschaft: Ein Jahr zum Abhaken

© Foto: Wilhelm

"Die schlechtesten Blätter haben wir ja schon auf dem Feld gelassen", erklärt er, "aber auch jetzt kann man das Problem noch gut sehen." Aus einem großen Berg zieht er zwei Blätter. Eines ist kräftig gelb und mit fester Struktur. "So sollten eigentlich alle sein." Zum Vergleich hält er das andere daneben. Selbst für den Laien ist die braune Spitze unübersehbar.

"Wir haben ein doppeltes Problem", sagt Spachmüller. "Uns fehlt etwa ein Drittel der Menge. Und auch die Qualität ist geringer." Sonst seien rund 80 Prozent der Ernte in der ersten und zweiten von drei Qualitätsklassen, heuer aber nur 50 bis 60 Prozent.

Wie den Spachmüllers geht es praktisch allen Tabakbauern. Manchen sogar schlimmer. "Wir haben 21 Betriebe in unserer Erzeugergemeinschaft Bayern", sagt deren Vorsitzender Thomas Burk aus Gustenfelden. "Es ist ganz unterschiedlich. Einer hat sogar besonderes Pech und fast Totalausfall. Im Durchschnitt liegen die Verluste bei 30 bis 40 Prozent. Das ist ein Jahr zum Abhaken."

Droht die Existenzgefahr? "Manche Betriebe fragen sich schon, ob sie nächstes Jahr nochmal Tabak anbauen", erklärt Burk.

Ausnahmen: Spargel und Obst

"Das ist schon dramatisch", findet auch Werner Wolf. Was für den Tabak gilt, trifft für viele Kulturen zu. Zwar gibt es positive Ausnahmen: "Die Spargelernte war gut, auch die Obsternte ist sehr gut", sagt Wolf. Doch die Gesamtsituation ist eine andere.

Das Grundproblem war das Wetter: "Hohe Temperaturen, hohe Sonneneinstrahlung und kaum Regen von Mitte April bis Ende August. Zudem war es regional sehr unterschiedlich. Und wir hatten große Schäden durch Unwetter. So extremes Wetter hatten wie noch nie", so Wolf. Die Folge: "Dieses Jahr ist eines der problematischsten Jahre." Einige Beispiele:

Beispiele

Mais: Noch nie sei die Ernte bereits im August fast abgeschlossen gewesen. "Die Pflanzen sind regelrecht vertrocknet."

Gras: Manche Wiesen waren wie abgestorben. Oft war nur ein Schnitt möglich. "Im Winter und im Frühjahr kann das Futter in den bei uns so wichtigen Milchviehbetrieben knapp werden. Es ist dramatisch, wenn man nicht mehr weiß, wie man seine Tiere füttern soll", sagt Wolf.

Hopfen: Wolf erwartet im Raum Spalt rund 30 Prozent Verluste. "Das ist gravierend."

Getreide: Die Ernte war schon im Juni statt im Juli abgeschlossen. Der Ertrag je nach Lage sehr unterschiedlich. Besonders extrem sei dies beim Winterweizen. "In Wolkersdorf hatten wir 42 Doppelzentner pro Hektar, in Kraftsbuch bei Greding aber 76", nennt Wolf ein Beispiel.

Wald: "Manche Kiefern haben sich rot gefärbt", sagt Wolf und fürchtet, "dass nächstes Jahr der Borkenkäfer stärker zuschlägt".

Staatliche Hilfe: Die Staatsregierung habe Unterstützung beim Futterzukauf zugesagt. "Das ist ein wichtiges Signal." Wie die Hilfe der Bundesregierung konkret aussehe, stehe im Detail noch nicht fest.

Fazit: "Ich will nicht dramatisieren", betont Werner Wolf. "Aber Landwirte haben eben ihre Werkstatt draußen und sind voll von der Witterung abhängig. Es war ein dramatisches Jahr. Das darf nicht so bleiben. Das wäre eine Katastrophe für unsere Land- und Forstwirtschaft."

 

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