„M“ oder „N“ ? Das ist hier die Frage!

16.8.2014, 09:32 Uhr
Ob nun in den Garten zum Grillen oder zum Grillen im Garten eingeladen wurde: Guten Appetit.

© Irene Lenk Ob nun in den Garten zum Grillen oder zum Grillen im Garten eingeladen wurde: Guten Appetit.

Dazu müssen wir ein Problem lösen, das uns wirklich alles an Sprachkompetenz abverlangt.

Vorgestern klingelte mein Telefon. Eine Frau war dran. Zwar bekomme ich fast immer so einen bis zwei Anrufe am Tag, das kommt in Zeitungsredaktionen schon mal vor. Und von zehn Anrufern sind etwa 20 Frauen, wieso, weiß ich auch nicht. Aber das nur nebenbei. Jedenfalls: Dieser Anruf war einzigartig!

Hinein oder drinnen

Denn diese Dame hatte eine Frage, wie sie mir in meinen gefühlten 200 Berufsjahren noch nie gestellt worden ist: m oder n? Sie wolle eine Grillparty in ihrem Garten feiern und Freunde einladen. Mündlich kann das ja jeder. Aber schriftlich ist das eine linguistische Herausforderung. „Wie heißt es richtig?“ wollte die Dame wissen. „Ich lade zur Feier in meinem Garten ein. Oder: Ich lade zur Feier in meinen Garten ein. Also: m oder n?“

Sie wolle sich ja nicht blamieren, und ich als Zeitungsschreiber könne ihr da doch ganz bestimmt Auskunft geben.

Statt Duden: „gw“

Ich gebe zu: Einen kurzen Moment habe ich mich geschmeichelt gefühlt. Da hat jemand ein Problem, für dessen Lösung Gott den Duden geschaffen hat, und wen ruft die kluge Frau an? Mich!

Doch schon im nächsten Augenblick hat mir dieser gänzlich ungewohnte Vertrauensvorschuss Panikperlen auf die Stirn geflutet. M oder n? Dativ oder Akkusativ? Woher soll ich das wissen? Der Bastian Sick rettet doch dem Dativ, ich kümmer’ mich um Kirchweihen und Goldnächte. Keine Ahnung, ist doch auch Bratwurscht, hab’ ich gedacht. Aber das konnte ich ja schlecht sagen.

Blieb nur die Flucht ins virtuose Gestammle: Ja, also, nun, das sei ja doch durchaus, wenn man es recht betrachte, unter sorgfältiger Abwägung allen Für und Widers eine sehr interessante, weil äußert diffizile Konstellation, die eigentlich einer vertieften gedanklichen Durchdringung bedürfe, aber wenn ich denn so am Telefon ganz spontan sein solle, hmmm, dann stimme wohl mutmaßlich ganz sicher ohne jeden Zweifel – na beides!

Reform machts's möglich

Das sei seit der Rechtschreibreform so, sagte ich. Das sage ich immer, und immer funktioniert’s: Mit der Rechtschreibreform kennt sich ja keine alte…, also fast niemand aus. Deshalb wagt auch niemand Widerworte.

„M“ oder „N“ ? Das ist hier die Frage!

© Gudrun Bayer

Und weil ich schon so richtig im Dozieren war, habe ich ungefragt gleich noch die Erklärung hinterhergeliefert: Es komme eben darauf an, ob man betonen wolle, dass der Grill ausnahmsweise nicht im Wohnzimmer, sondern iM Garten stehe. Oder ob man explizit nicht allgemein zu sich nach Hause, sondern ausdrücklich iN den Garten einlade. Sonst muss man danach ja wieder überall die ganzen Chips wegsaugen.

Meine Präferenz sei übrigens das „n“, resümierte ich professoral.

Unglaublich, was ich mir in meiner Not so alles zusammenreime! Aber die Dame wirkte durchaus zufrieden und bedankte sich höflich.

Mein Gott, hoffentlich hat sie keine Deutschlehrer eingeladen. Die haben dieses m- und n-Zeugs doch sogar studiert und werden dafür bezahlt, auch die kleinsten Fehler sofort zu ahnden. Am Ende ist sie mittlerweile schon das Gespött ihres ganzen Freundeskreises, wird fortan gemieden und bleibt auf ganzen Bergen fein gewürzter Steaks sitzen.

Doch keine Sorge, verehrte Anruferin. Auch dafür gibt es eine Lösung. Sie wissen ja jetzt: Ich helfe gern. Und meine Nummer haben Sie ja schon.

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