Mirjam Schall trainiert im MDK für Bodenseequerung

30.4.2015, 10:49 Uhr
Mirjam Schall trainiert im MDK für Bodenseequerung

© Foto: Andreas Regler

Während die Schifffahrt auf dem Main-Donau-Kanal derzeit wegen Reparatur- und Wartungsarbeiten an den Schleusen eine Zwangspause einlegen muss, nutzte Mirjam Schall aus Wolkersdorf die sich so bietende Gelegenheit. Kurzerhand funktionierte sie die Wasserstraße zur Trainingsstrecke um; sie ist nämlich eine ebenso erfolgreiche wie ambitionierte Langstreckenschwimmerin.

Eine Distanz von zwölf Kilometern zu bewältigen, mit dem Auto ist es ein Leichtes. Mit dem Fahrrad dürfte es ebenfalls die wenigsten vor ein Problem stellen. Die Strecke zu joggen, ist hingegen schon wesentlich anstrengender. Mirjam Schall reicht das alles nicht: Sie schwimmt die Distanz. Einfach so. Zum Training. Denn die 38-Jährige hat in diesem Jahr noch Großes vor.

Über den Triathlon kam die gebürtige Rotherin in ihrer Jugend zum Schwimmen. Als Jahre später dann das Ehlers-Danlos-Syndrom, eine genetisch bedingte Störung des Bindegewebes, diagnostiziert wurde, änderte sich ihr Leben komplett. Auch das Thema Ausdauersport schien vorbei zu sein. Doch sie gab nicht auf, kämpfte sich zurück und begann nach einiger Zeit wieder zu schwimmen.

2006 startete sie zum ersten Mal beim Challenge in Roth als Staffelschwimmerin, genoss das Gefühl, später mit den Staffelfreunden durch das Zieltor zu laufen. Jahr für Jahr kam Mirjam Schall wieder, um im Dreierteam mit ihrer Lieblingsdisziplin dabei zu sein. Doch „irgendwann war das zu wenig“, 3,8 Kilometer reichten ihr nicht mehr. „Ich wollte Grenzen austesten“, sagte sie im Rückblick, „sehen, was ich schaffen kann.“ Nach einem 24-Stunden-Schwimmwettkampf hatte es die Verwaltungsangestellte schließlich endgültig gepackt. Damals habe sie sich „ins lange Schwimmen verliebt“.

Seit drei Jahren ist sie jetzt auf der Langstrecke im Freiwasser unterwegs. Das stundenlange Training muss nebenher laufen, denn im Hauptberuf arbeitet sie in der Verwaltung eines Nürnberger Intensivpflegedienstes. Um ihre Schwimmleidenschaft zum Beruf zu machen, würden schlichtweg die Sponsoren fehlen, stellt sie nüchtern fest.

35 Kilometer am Stück geschafft

Was sie aber nicht daran hindert, ambitionierte Ziele zu verfolgen. Im Sommer 2014 gelang ihr ein echter Paukenschlag: Als erster Mensch schaffte sie die sogenannte Dreiländerquerung des Bodensees. In etwas über 14,5 Stunden schwamm Mirjam Schall die rund 35 Kilometer von Lindau über das schweizerische Rorschach nach Bregenz.

Schon im Vorjahr wollte Mirjam Schall zur Vorbereitung das Unternehmen Kanal anpacken. Anfang April 2014 verhinderte jedoch schlechtes Wetter mit Schneefall die Sache. Heuer darum der zweite Anlauf.

Geplant war, im Nürnberger Hafen zu starten und Kanal aufwärts bis nach Hilpoltstein zu schwimmen. Alles war vorbereitet, die Vorfreude groß, da machte ihr das zuständige Wasser- und Schifffahrtsamt einen Strich durch die Rechnung. Hatte es zunächst geheißen, eine spezielle Genehmigung sei nicht nötig, erfuhr sie vier Tage vor dem Start, dass sie aus verschiedenen Gründen nun doch nur zwischen Meckenlohe und der Schleuse Haimpfarrich ins Wasser darf. Das Zeitfenster von knapp zehn Stunden, das man ihr zudem vorgegeben hatte, wollte sie dennoch bestmöglich nutzen.

Um kurz nach 8 Uhr fiel der Startschuss. An der Lände Roth ging es unter den Augen des Rother Bürgermeisters Ralph Edelhäußer los. Auch einige Mitschwimmer hatten sich eingefunden und begleiteten Mirjam Schall in den nächsten Stunden auf dem einen oder anderen Kilometer.

Am frühen Nachmittag war dann allerdings vorzeitig Schluss, mussten Schall und ihre Freunde dem stundenlangen Schwimmen im 14 Grad kalten Wasser Tribut zollen. Irgendwann halfen selbst Aufwärmpausen an Land und die über weite Strecken getragenen Neoprenanzüge nicht mehr. „Es war einfach zu kalt.“ Obwohl es am Ende „nur“ gut zwölf Kilometer Strecke geworden sind, war die Wolkersdorferin nicht enttäuscht. Im Gegenteil: Als sie in warme Klamotten gepackt, zusammen mit Freunden am improvisierten Schwimmer-Büfett (Kuchen, Muffins, Kaffee und Tee) an der Lände stand, machte sie einen rundum zufriedenen Eindruck.

Nur ein kleiner Mosaikstein

Warum auch ärgern? Gelegenheit, die am Samstag verpassten Kilometer wieder hereinzuschwimmen, wird sie in den nächsten Wochen noch zur Genüge haben. Denn das Kanalschwimmen war lediglich ein kleiner Mosaikstein auf dem Weg zu ihrem diesjährigen Saisonhöhepunkt. Die aktuell 50 bis 60 Schwimmkilometer pro Woche werden sich in den kommenden Monaten auf knapp 100 Kilometer steigern. Und auch die Staffelteilnahme beim Challenge in diesem Jahr fügt sich hier mit ein. Im Gegensatz zu vielen anderen Teilnehmern hat sie diesmal nämlich vor allem ein Ziel. Sie wolle einfach nur mit den Staffelkollegen „Spaß haben“, beteuert die Athletin der TSG 08 Roth.

Für den August hat sich Mirjam Schall dann die Längsquerung des Bodensees (www.bodenseequerung.de) vorgenommen. Das bedeutet: 64 Kilometer schwimmen zwischen dem deutschen Ort Bodman im Nordwesten und dem österreichischen Bregenz am Südostufer — ohne Ruhepause, ohne Hilfsmittel, alleine. Einige Wochen zuvor steht bereits die Breitenquerung des Bodensees von Friedrichshafen nach Romanshorn auf ihrer Projektliste; mit einer Länge von zwölf Kilometern für Schall’sche Verhältnisse ist fast schon eine Kurzdistanz.

Sollten ihr die beiden Querungen gelingen, wäre sie wieder mal die Erste. Nämlich der erste Mensch, der sowohl die Längs- als auch die Breiten- und die Dreiländerquerung des größten deutschen Sees geschafft hat. Bis dahin heißt es allerdings: schwimmen, schwimmen und nochmals schwimmen.

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