Nur 4.500 Euro Geldstrafe für die sehr späte Wahrheit

26.5.2015, 10:40 Uhr

Es war eine Zufallsbekanntschaft mit heftigen Folgen: Alexander W. und Norbert L. (Namen geändert), beide Fahrer getunter 3er BMW, treffen sich auf einem Parkplatz in Roth und vereinbaren eine Wettfahrt von der Kreisstadt aus durch den Kreisel in Pfaffenhofen und wieder zurück. L. kam in Pfaffenhofen von der Fahrbahn ab, wurde schwer verletzt. Und Alexander W. gab bei einer Verhandlung vor Jugendrichter Reinhard Hader an, dass er lediglich mit 40 bis 50 Stundenkilometern unterwegs war.

Eine uneidliche Falschaussage?

Ja, meinte die Staatsanwaltschaft und erhob Anklage gegen den 23-jährigen Techniker, der sich bei der Verhandlung am Amtsgericht zunächst sehr zugeknöpft zeigte. Keine Angaben zum Verdienst, keine Angaben zum Arbeitgeber. Auch sonst war W. sehr wortkarg.

Unterredung mit Richterin

Sein Rechtsanwalt wünschte noch vor Verhandlungsbeginn einen „Gedankenaustausch“ mit Richterin Birgit Eckenberger, der nicht (wie beantragt) zwei Minuten, sondern 17 Minuten dauerte.

Nach weiteren fünf Minuten Beratung des Anwalts mit seinem Mandanten wollte sich Alexander W. zur Sache äußern.

Aus „Jux und Tollerei“ sei man durch die Gegend gefahren, sagte der 23-Jährige. Als der BMW von Norbert L. auf Höhe des Jägerhofes in Pfaffenhofen mit dem Heck weggerutscht sei und verunglückte, „war ich gut auf der Bremse, um einen weiteren Unfall zu vermeiden.“ Er sei auf jeden Fall schneller als 40 km/h gewesen, ließ sich Alexander W. aus der Nase ziehen, als ihm die Richterin vorgehalten hatte, dass es mindesten 80 bis 90 km/h gewesen sein müssen. Birgit Eckenberger verwendete dabei das Wort „Drift-Challenge“, ein Begriff aus dem Motorsport, bei dem alles erlaubt ist, was quer geht. Jede Menge quietschende Reifen, Qualm und Gummigeruch gehören hier dazu.

Keine Spazierfahrt

Alle anderen Zeugen hätten das hohe Tempo bestätigt, erinnerte Eckenberger an die Gerichtsverhandlung im Dezember 2014. Und wenn schwere Blumenkübel durch die Luft fliegen, ein Sachschaden von 25.000 Euro entsteht und L. erhebliche Verletzungen mit Dauerschäden davontrug, dann sei das keine Spazierfahrt gewesen. „Wenn Sie ein Urteil wollen, das nicht im Führungszeugnis steht, dann will ich die Wahrheit wissen“, wurde die Richterin deutlich.

Als Alexander W. sein Verhalten als „Scheiße“ bezeichnete, wollte Eckenberger nicht widersprechen und sagte, dass die nächste (Scheiße) die Falschaussage gewesen sei, „obwohl Sie vier Mal belehrt wurden, die Wahrheit sagen zu müssen.“

„Weniger geht nicht“

Staatsanwältin Christina Höfler meinte schließlich, die an sich vom Gesetzgeber vorgesehenen Mindestfreiheitsstrafe von drei Monaten in eine Geldstrafe umwandeln zu können und beantragte 90 Tagessätze zu 50 Euro.

Die Richterin folgte diesem Antrag und machte noch einmal deutlich, dass jeder Zeuge verpflichtet sei, die Wahrheit zu sagen. Die 4500 Euro Geldstrafe bezeichnete sie als „absolut untersten Rahmen; weniger geht nicht.“

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