Rost ersetzt Lack

19.5.2016, 14:30 Uhr
Rost ersetzt Lack

© Foto: Robert Gerner

Im Mai 1996, vor zehn Jahren also, wurde eines der bis dato spektakulärsten Werke auf dem Kunstweg eröffnet. Auf dem Platz vor dem neuen Rathaus hatten sich 21 mehr oder weniger bekannte Rednitzhembacher Persönlichkeiten versammelt. Das heißt: Die Leute bestanden nicht aus Fleisch und Blut. Sie waren zuvor dem Künstler Hermann Drescher Modell gesessen, der das Abbild ihrer Silhouette dann aus einer zwei Zentimeter dicken Stahlplatte schnitt.

Die Silhouetten erhielten anschließend noch eine blaue Pulverbeschichtung und wurden dann, einzeln oder auf Kleingruppen verteilt, an verschiedenen Standorten des Rathausplatzes einbetoniert. Das Problem: Nach fünf Jahren begannen die ersten Figuren zu rosten. Seither stehen die Rednitzhembacher Abbilder ein bisschen auch für die Vergänglichkeit der Kunst.

Stahl wird sandgestrahlt

Jetzt entschloss sich die Gemeinde zum handeln. Sie beauftragte nach einer kleinen Ausschreibung Hermann Dreschers Kollegen Klaus-Leo Drechsel, der den 21 Kunstwerken seit vergangener Woche mit Schleifmaschine, Sandstrahler und Rostbeschleuniger zu Leibe rückt. Die Kunstwerke verlieren also zuerst ihre blaue Farbe, doch durch den Rostbeschleuniger setzt der blank geschliffene und sandgestrahlte Stahl binnen weniger Wochen Patina an.

Dieser Rost-Look, so erzählt Klaus-Leo Drechsel, sei ursprünglich auch die Intention von Hermann Drescher gewesen. Doch seinerzeit, erinnert sich Bürgermeister Jürgen Spahl, sei das noch nicht mehrheitsfähig gewesen.

Doch die Geschmäcker ändern sich. Heutzutage ist Rost schick, „und das Braun harmoniert ja auch wunderbar mit dem Grün des Rathausparks“, sagt Klaus-Leo Drechsel. Diese Aussage muss man sich bei ihm ganz besonders auf der Zunge zergehen lassen. Denn Drechsel ist erstens bekannt als filigraner Glaskünstler. Und zweitens als Künstler, der mit seinen selbstverständlich rostfreien Edelstahlkonstruktionen wie dem Rednitzhembacher „Sternentor“ Furore gemacht hat.

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