Schafkopf-Stammtisch mit Frauenüberschuss

21.7.2017, 05:58 Uhr
Schafkopf-Stammtisch mit Frauenüberschuss

© Foto: Thomas Correll

"Ich ruf’ die Blaue", verkündet Renate und spielt Trumpf an. Drei Stiche später ist das Spiel mehr oder weniger entschieden. "Die stech’ ich zam!" Renate schmettert ihre Herz-Sau auf die Alte, die Hans gespielt hatte. Hans merkt trocken an: "Mit vollen Hosen ist gut stinken." Nachdem alle acht Karten gespielt sind, zahlen Hans und Gisela je zehn Cent an Renate und Christel. Spiel fünf Cent, Schneider zehn.

Schafkopf. Um es zu spielen, muss man erst einmal eine eigene Sprache lernen: Man muss wissen, was die Alte ist, die Blaue oder die Brechodelmannsquatschn; was ein Wenz oder ein Schelln-Solo ist, ein Du und ein Sie; und dass man einen Trumpf anspielt, wenn man Spieler ist – fast immer zumindest. Jede Regel hat ihre Ausnahme, jeder Schafkopf-Spieler seine Sprüche und jedes Spiel seine eigene Dynamik.

Fränkischer Volkssport

Diesem fränkischen Volkssport hat sich der Schafkopf-Stammtisch in der Seniorenwohnanlage Rednitzgarten verschrieben. Organisatorin Babette Gillmeier lädt jeden ersten und dritten Montag im Monat zur geselligen Runde nach Walpersdorf und die Schafkopf-Begeisterten kommen in Scharen – 50 Spieler sind keine Seltenheit. "Spieler" ist allerdings nicht ganz richtig. Fast die Hälfte der Rednitzhembacher Kartler sind Kartlerinnen, darauf ist Babette Gillmeier besonders stolz.

Angefangen hat alles mit Marga Beckstein, die nicht nur die Frau des früheren Ministerpräsidenten ist, sondern auch begeisterte Schafkopf-Spielerin und -Lehrerin. Vor acht Jahren, erzählt Gillmeier, besuchte Beckstein die Wohnanlage und unterrichtete Interessierte im fränkischen Traditionsspiel. Der Funke sprang bei vielen über, der Stammtisch war geboren.

Ins Schwarze getroffen

"Ich kann zwar nicht Schafkopfen, aber ich kann gut organisieren", sagt Babette Gillmeier und schmunzelt ob der Tatsache, dass sie, die so viele Schafkopf-Freunde zusammenbringt, das Spiel selbst nicht einmal beherrscht. Macht nichts, Gillmeier hat mit ihrem Angebot ins Schwarze getroffen. Aus Wendelstein, Feucht, Zirndorf, Nürnberg oder Roth kommen die Kartlerinnen und Kartler. Altersmäßig ist von 60 bis 85 Jahren alles dabei.

Christel, Renate, Gisela und Hans spielen in der Küche, etwas abgesondert, am elften Tisch: "Die anderen plaudern so laut, wenn sie ihre Hörgeräte nicht eingeschaltet haben", erklärt Renate und lacht. Es wird ohnehin viel gelacht am Tisch, was nicht heißt, dass das Spiel nicht ernst genommen wird. Renate schreibt sich sogar auf, wie viel sie an einem Nachmittag gewinnt oder verliert, um insgesamt den Überblick zu behalten. "Im Moment bin ich leicht im Plus", freut sie sich.

Fünf Cent für Hans und Gisela

"Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen", sagt Hans und seufzt, als er einen Stich einsammelt, der ihm gerade einmal sechs Punkte einbringt (Unter, König, Sieben, Neun). Der Mann in der Runde ist für die klassischen Kartel-Sprüche zuständig und lässt sich nicht lumpen: "Mit am Unter gehst’ net unter." Das nächste Spiel ist vorbei, fünf Cent für Hans und Gisela, die ihr Geld einsackt und dafür Schokolade verteilt: "Nur für den Blutzucker!"

Wenn in der Runde jemand Geburtstag hat, bringt er Sekt mit, Christel backt Kuchen. Gisela gehört nicht zur Stammbesetzung, sie ist eingesprungen. Als "Brunskartler", wie es in Schafkopf-Sprache heißt. Trotzdem macht es den Eindruck, als wäre Gisela schon Jahre dabei. Kartler unter sich – man versteht sich sofort.

Nachfrage ist da

Das freut auch Babette Gillmeier immer wieder, die sogar von Nachahmer-Runden in der Region erzählt. Die Nachfrage ist offensichtlich da: "Es gibt nicht so viele Angebote für dieses Alter", erklärt Gillmeier. Das Karteln aktiviere außerdem die Gehirnzellen und halte geistig fit. Ein weiterer Vorteil: "Wir sind kein Verein, jeder kann kommen und gehen, wie er lustig ist."

Trotzdem will keiner die Kartelrunde verpassen: "Arzttermine oder Urlaube werden – wenn es irgendwie möglich ist – nicht auf die Stammtisch-Montage gelegt", sagt Gillmeier, "das sind hochheilige Tage!" So sieht es auch Renate, die in der Küche gerade einen Wenz erfolgreich nach Hause gebracht hat. Sie wird ihr Plus heute wohl noch etwas vergrößern. Aber das kann sich schnell ändern, denn in zwei Wochen heißt es in Walperdorf wieder: "A Kartn oder a Scheidla Holz."

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