Schattner und die neue Wahrscheinlichkeitsrechnung

4.1.2018, 11:11 Uhr
Triathlet, Duathlet, Skiker und Langstreckenschwimmer: Marcus Schattner, mit 50 so erfolgreich wie nie.

Triathlet, Duathlet, Skiker und Langstreckenschwimmer: Marcus Schattner, mit 50 so erfolgreich wie nie.

Drei deutsche Meistertitel in drei verschiedenen Sportarten in einem Jahr, dieses bemerkenswerte Ergebnis kann Marcus Schattner für 2017 in seinem sportlichen Lebenslauf verbuchen. Und als wäre das alles nicht bereits genug, kommt sogar noch ein Weltrekord hinzu.

Den Grundstein für den DM-Hattrick legte der Ausdauersportler mit seinem Sieg bei den Deutschen Duathlon-Meisterschaften Ende April in Alsdorf. Da am selben Wochenende der Duathlon in Hilpoltstein ausgetragen wurde, habe er hin und her überlegt, ob er in Alsdorf überhaupt starten solle, erzählt er.

Die Rechnung ging auf

Andererseits: "Wenn ich mich schon schinde, springt vielleicht der Deutsche Meister-Titel raus." Also fuhr der gebürtige Rother, der nach wie vor für die TSG Roth startet, nicht die paar Minuten von seinem Wohnort Nürnberg in die Burgstadt, sondern stattdessen viereinhalb Stunden nach Nordrhein-Westfalen.

Die Rechnung ging auf. Sowohl die Plackerei als auch die weite Anreise wurden nach einem couragierten Rennen über zehn Kilometer Laufen, 40 Kilometer Radfahren und weiteren fünf Kilometern per pedes mit dem Sieg in der Altersklasse 50 belohnt.

Wenige Wochen später gab es selbst für den erfahrenen Triathleten, der diesen Sport mittlerweile seit rund 30 Jahren ("Als gebürtiger Rother kommt man am Triathlon praktisch nicht vorbei") mit Leidenschaft betreibt, ein Novum zu feiern: Zum ersten Mal in seinem Leben stand der 50-Jährige in Bad Schönborn bei einer Deutschen Meisterschaft im Triathlon am Start. "Sonst finden die Meisterschaften immer um den Rothsee-Triathlon herum statt", erzählt Schattner.

Durchaus etwas ausgerechnet

Weil die Titelkämpfe über die Olympische Distanz 2017 jedoch zwei Wochen vor dem für ihn wichtigsten Wettbewerb des Jahres ausgetragen wurden, passten sie endlich einmal in die Saisonplanung des Mathematik- und Physiklehrers. Zum einen war der Zeitpunkt gut zum "Aufwärmen" für den Rothsee. Zum anderen, bekennt Schattner, habe er sich im Kraichgau durchaus etwas ausgerechnet. "Ich bin schon zur DM gefahren, um zu gewinnen." Für ihn als einen der Jüngsten in der AK 50 seien "die Chancen da jetzt am größten". Denn das Leistungsniveau in dieser Altersklasse ist laut Schattner enorm hoch. "Da sind ganz viele harte Hunde dabei", die wie er seit Jahrzehnten aktiv seien und über die entsprechende Erfahrung und Fitness verfügen würden.

Erschwerend kam hinzu, dass es an diesem Tag "tierisch heiß" war und in mehreren Wellen gestartet wurde, so dass sich die Athleten nie sicher sein konnten, wo sie im Vergleich zur Konkurrenz gerade liegen. Schattners Strategie lautete deshalb Angriff: "Ich bin von Anfang bis Ende volle Möhre durchgeheizt." Und das war gut so. Mit gerade einmal vier Sekunden Vorsprung sicherte er sich den Titel des Deutschen Meisters in der AK 50.

Rothsee-Triathlon statt EM

Auf die Europameisterschaft eine Woche später verzichtete Schattner dann allerdings. Die Regenerationsphase bis zu "seinem" Rothsee-Triathlon Ende Juni wäre einfach zu kurz gewesen. Und der Wettbewerb vor den Toren Hilpoltsteins ist für ihn, der bislang keine einzige Auflage dieser Kult-Veranstaltung versäumt hat und deshalb nicht umsonst den Spitznamen "Mr. Rothsee" trägt, "einfach gesetzt in der Saison".

Apropos Rothsee: Vor genau zehn Jahren stand Marcus Schattner dort das bislang letzte Mal ganz oben auf dem Podium; insgesamt konnte er vier Siege verbuchen. Dass es ein fünftes Mal geben könnte, daran glaubt aber selbst er nicht mehr wirklich. "Mein Leistungszenit ist überschritten", stellt er nüchtern fest. "Man muss eben akzeptieren, dass man langsamer wird. Oder aufhören." Daran denkt er allerdings noch lange nicht. "Ich kann auch Spaß am Sport haben, ohne zu siegen." Dass mit Anja Beranek nach 2016 heuer erneut eine Frau vor ihm das Ziel erreichte, dürfte ihn aber dennoch – zumindest ein wenig – gefuchst haben.

Dass er nicht nur den Ausdauerdreikampf beherrscht, bewies Marcus Schattner im Herbst. Ende September nahm der Wahl-Nürnberger zusammen mit Initiatorin Mirjam Schall und drei weiteren Athleten die Längsquerung des Gardasees in Angriff. Trotz Dunkelheit, Kälte ("Das Reingehen kostet nur Überwindung. Schlimmer ist das Rauskommen") und einer streckenweise heftigen Gegenströmung gelang ihnen ein Weltrekord: Als erste Staffel schwammen sie in 16 Stunden und 42 Minuten die rund 53 Kilometer lange Strecke vom Nord- zum Südufer. Rekord hin oder her, "es war eine Mordsstimmung und eine tolle Truppe", erzählt Schattner. "Vielleicht machen wir so was in Zukunft nochmal. Irgendwas Dummes fällt uns schon ein."

Noch eine DM zum Abschluss

Den Schlusspunkt unter ein Erfolgsjahr, das ihm nach 1994 erst seine zweite Nominierung zum Sportler des Jahres einbrachte, setzte der Pädagoge schließlich Anfang Oktober. Wie im Vorjahr gewann Marcus Schattner die Deutsche Meisterschaft im Skiken. Zum hierzulande noch eher exotischen Fahren mit den Cross-Skates brachte ihn vor einigen Jahren ein Kollege. Schattner lernte den mit dem Skilanglaufen vergleichbaren Bewegungsablauf von der Pike auf und mischt seitdem in der nationalen Spitze mit. "Es ist zwar noch ein sehr überschaubarer Haufen". Ein Selbstläufer sei der Titelgewinn aber keineswegs, denn "wer kommt, der kann es eigentlich".

Und welcher Sieg ist ihm jetzt persönlich am wichtigsten? Da muss er überlegen. "Die Triathlon-DM war das Überraschungspaket", meint er schließlich, "aber man strengt sich bei allen Wettkämpfen an". Eine Wertigkeit gebe es daher eigentlich nicht. "Außer wenn ich den Rothsee nochmal gewinne, das wäre ein echtes Highlight", schiebt er lachend hinterher. Oder die Wahl zum Sportler des Jahres? "Im Herbst der Karriere wäre es schon eine schöne Sache, das zu gewinnen."

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