Schwabach: Doch kein "erpresserischer Menschenraub"

27.9.2018, 13:30 Uhr
Das Landgericht Nürnberg-Fürth verurteilte den 22-jährigen Mann zu einer Gefängnisstrafe. Mit zwei Jahren und neun Monaten fiel sie aber duetlich geringer aus als zunächst erwartet.

© Daniel Karmann Das Landgericht Nürnberg-Fürth verurteilte den 22-jährigen Mann zu einer Gefängnisstrafe. Mit zwei Jahren und neun Monaten fiel sie aber duetlich geringer aus als zunächst erwartet.

Wäre es nach dem Staatsanwalt gegangen, würde Olaf K. (Name geändert) richtig lange hinter schwedischen Gardinen sitzen: Sechs Jahre und sechs Monate Haft forderte der Anklagevertreter unter anderem wegen erpresserischem Menschenraub und verschiedener Körperverletzungsdelikte.

Der 22-Jährige hatte aber Glück, dass sich die 16. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth sehr ausführlich mit seinem Fall befasste, viele Urteile von anderen Gerichten zu ähnlichen Fällen wälzte und am Ende zu einer anderen Rechtsauffassung kam: Olaf K. wurde "nur" wegen Erpressung, Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Beleidigung verurteilt – alles Straftaten, für die der Gesetzgeber deutlich geringere Mindeststrafen vorsieht, wie für den erpresserischen Menschenraub, der mit mindestens fünf Jahren Gefängnis geahndet werden muss. "Das war aber ganz knapp an der Grenze", sagte der Vorsitzende Richter Dieter Seyb, der am Ende die Strafe von zwei Jahren und neun Monaten verkündete.

Im April 2018 hatte ein junger Mann einen verzweifelten Hilferuf per Textnachricht an seinen Vater geschickt. Er war Zeuge der gewalttätigen Auseinandersetzung des seit Monaten getrennten Paares aus Schwabach geworden und hatte den aggressiven 22-Jährigen am Ende von seiner Ex-Freundin getrennt.

Er wollte Macht demonstrieren

"Es ging dem Angeklagten nur darum, seine Macht zu demonstrieren", sagte der Vorsitzende Richter im Gerichtssaal und ließ dann die Geschehnisse des 2. April Revue passieren: Am frühen Morgen lauerte der 22-Jährige seiner Ex-Freundin vor ihrer Wohnung in Schwabach auf, als diese gerade das Haus verließ und zur Arbeit gehen wollte. Er forderte 50 Euro Benzingeld von ihr, das die 20-Jährige aber nicht dabei hatte.

Daraufhin zerrte der wohnungslose Olaf K. die junge Frau in sein Auto, das er seit Monaten auch als Schlafquartier nutzte. Er fuhr zu einer Bank in der Schwabacher Innenstadt, hielt an und zwang seine Ex-Freundin 200 Euro abzuheben. Während der kurzen Fahrt hatte er seine Geldforderungen vervierfacht. Anschließend zerrte er die Frau wieder ins Auto, später schlug er ihr mit Wucht ins Gesicht.

Als die Geschädigte nach einem Taschentuch für ihre blutende Nase verlangte, forderte Olaf K. Geld dafür. Bei einem Stopp auf einem Parkplatz packte er die Frau an den Haaren und schlug ihren Kopf gegen das Auto. In diesem Moment schritt der Zeuge ein, der sich während der ganzen Zeit im hinteren Teil des Wagens versteckt hatte. Er zog Olaf K. von seiner Ex-Freundin weg.

Kaum Schuldbewusstsein

Die junge Frau wurde zum Glück nicht schwer verletzt. Vor Gericht versuchte sie, ihren ehemaligen Partner möglichst wenig zu belasten. Dieser zeigte sich kaum schuldbewusst. "Sie saßen hier, wie ein trotziger kleiner Schulbub", sagte Richter Seyb und begründete die Haftstrafe folgendermaßen: "Sie brauchen einen deutlichen Schuss vor den Bug."

Er gab Olaf K. mit auf den Weg, sich in der Haft einem Anti-Aggressionstraining zu stellen. "Sie haben sich Nullkomanull im Griff", so der Kammervorsitzende mit Blick auf die Vorstrafen und ein weiteres, noch ausstehendes Verfahren wegen Körperverletzung. Bei letzterem steht ebenfalls eine mehrjährige Freiheitsstrafe im Raum.

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