Schwabach: Ein "Bufdi" erzählt

12.10.2017, 06:00 Uhr
Schwabach: Ein

© Foto: Patrick Pleul (dpa)

Nachdem der 20-Jährige im vergangenen Schuljahr am Adam-Kraft-Gymnasium das Abitur bestanden hatte, wusste er nicht so richtig, wie er seine Zukunft gestalten sollte. Einfach zuhause herumsitzen wollte er nicht, genauso wenig wie ein Jahr im Ausland verbringen, wie es viele Gleichaltrige gerne machen. Ein Freund brachte ihn auf die Idee, einen Bundesfreiwilligendienst zu absolvieren.

"Ich kann helfen"

"Er selbst hat auch einen BFD im AWO Pflegeheim gemacht und es mir empfohlen", erzählt Julius. "Es war für mich eine sinnvolle Alternative für die Überbrückungszeit. Ich kann in Schwabach bleiben, verbringe nicht den ganzen Tag zuhause und kann dazu noch anderen Menschen helfen."

Seit Anfang September arbeitet Julius nun schon Vollzeit im Pflegeheim. Die ersten Tage war immer jemand bei ihm, um ihm bei seinen Aufgaben zu helfen, seine Fragen zu beantworten und ihn in sein neues Umfeld einzuführen. Mittlerweile hat er sich jedoch eingelebt und ist ein selbstständiges Teammitglied.

Aber was genau macht er denn den ganzen Tag? "Ich bereite die Mahlzeiten vor und serviere sie, begleite Heimbewohner zu Arztterminen oder erledige ,Botengänge‘, mache zum Beispiel die Einkäufe für die Senioren", erklärt Julius. Bei kleineren Feiern und Events hilft Julius auch mit, wie beispielsweise bei Kegelabenden oder bei den Vorbereitungen des wöchentlichen Gottesdienstes im Pflegeheim. Manchmal arbeitet er auch an Wochenenden, wie bei der "Oldtimer-Rallye" im vergangenen Monat.

Gute Sicht auf Oldtimer

Hier half er, allen Heimbewohnern einen guten Platz auf dem Gehsteig vor dem Pflegeheim zu verschaffen, damit sie die vorbeifahrenden Oldtimer mit Fahnen und Applaus begrüßen konnten. Damit es die Senioren schattig hatten, stellte er im Vorfeld Pavillons auf und fuhr Heimbewohner in Rollstühlen aus dem Haus.

Die Betreuung ist ebenso ein Teil seiner Aufgaben. Julius setzt sich gern zu den Heimbewohnern und leistet ihnen Gesellschaft. "Es sind nette Gesprächspartner", sagt Julius. "Sie freuen sich immer, wenn jemand Junges mit ihnen redet und erzählen mir Geschichten aus ihrer Kindheit oder ihrem Umfeld."

Besonders gerne hilft Julius bei der Aktion "Essen auf Rädern" mit. Hier befahren er und seine Kollegen im Umkreis von 50 Kilometer Kitas und liefern ihnen warme Mahlzeiten.

Bewusstsein fürs Gemeinwohl

Um sein eigenes Wissen zu vertiefen, finden fünf Mal während seiner Diensttätigkeit Seminare statt. Eines davon hat Julius bereits besucht, vier stehen noch bevor. Ziel der Seminare ist es, soziale, kulturelle und interkulturelle Kompetenzen zu vermitteln und das Bewusstsein für das Gemeinwohl zu stärken. Im BFD sind mindestens fünf Tage politische Bildung vorgesehen. Alle "Bufdis" und "FSJler" (Freiwilliges Soziales Jahr) aus den unterschiedlichsten Bereichen treffen sich bei diesen Seminaren, lernen sich gegenseitig kennen und tauschen ihre verschiedenen Erfahrungen aus.

Durch seine Arbeit im Seniorenheim hat sich sein Verständnis für die älteren Generation verändert. "Wenn man vorher jeden Tag in der Schule war und seine Zeit mit Gleichaltrigen verbracht hat, ist es eine komplett andere Erfahrung, plötzlich mit älteren Menschen umzugehen", erzählt Julius. "Man muss auf Dinge achten, die vorher nicht so wichtig erschienen sind, wie zum Beispiel lauter und deutlicher zu sprechen." Auch er selbst sei nicht mehr derselbe Mensch: "Früher hatte ich Probleme, auf andere zuzugehen. Jetzt bin ich viel offener und kann besser mit Menschen umgehen."

Seine Zeit im Pflegeheim hat Julius bereits sehr weitergeholfen. Hier darf er zum ersten Mal "richtige" Arbeitsluft schnuppern. "Es ist ein großer Unterschied zwischen in der Schule sitzen und arbeiten", sagte Julius. "Das weiß man aber erst, wenn man es am eigenen Leib spürt." Mittlerweile hat er sogar schon eine Vorstellung von seiner Zeit nach dem BFD: Julius möchte eine Ausbildung zum Industriekaufmann machen.

"Einen Tick schöner"

Auch Anna Wagner hat eine ähnliche Erfahrung gemacht. Nach ihrem Schulabschluss 2008 entschied sie sich für ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) im AWO Pflegeheim — und kehrte nach ihrem Studium dorthin zurück. Nun ist sie stellvertretende Leiterin des Sozialdienstes und kann jedem einen Freiwilligendienst empfehlen. "Wir freuen uns immer, wenn wir einen freiwilligen Helfer haben", erzählt sie. "Mit ihnen ist die Arbeit einfach einen Tick schöner."

Der Freiwilligendienst wird mit einem tariflich festgelegten "Taschengeld" bezahlt. Der Anspruch auf Kindergeld bleibt bis zur Vollendung des 25. Lebensjahrs erhalten. Je nach Einsatzstelle werden zusätzlich noch andere Vergünstigungen wie billigere Bustickets angeboten. Grundsätzlich kann jeder, der seine Schulpflicht erfüllt hat, ein BFD oder FSJ machen. Allerdings darf man beim FSJ das 27. Lebensjahr nicht überschritten haben. Beim BFD gibt es keine Altersgrenzen.

Das AWO Pflegeheim, Wittelsbacherstraße 2 in Schwabach, hat derzeit noch zwei Plätze für BFD beziehungsweise FSJ frei. Interessierte können sich direkt beim Pflegeheim melden oder sich für das kommende Jahr informieren und bewerben unter www.awo-freiwilligendienste-bayern.de

Keine Kommentare