Schwabach: Pioniere evangelischer Kirchenmusik

27.10.2018, 06:00 Uhr
Schwabach: Pioniere evangelischer Kirchenmusik

© Foto: Stadtarchiv

Der Erlanger Kirchenmusik-Professor Konrad Klek hat im "Bürgerforum" der Stiftung "Unser Schwabach" erläutert, wie die Dekane Max und Sohn Wilhelm Herold Schwabach von 1875 an zum Zentrum der evangelischen Kirchenmusik in Bayern gemacht haben.

Exakt 50 Jahre seit der Benennung einer Straße im Eichwasen nach dem Ehrenbürger Dr. Max Herold hat Klek lokale Geschichte lebendig werden lassen, die auf Bayern und Deutschland ausgestrahlt hat.

Ab 1875 hat sich Max Herold (1840 – 1921) in Sachen Kirchengesang einen besonderen Namen gemacht und "Wiederaufbauarbeit geleistet", so Klek. Erst nach einem Erlass der Landeskirche sei der Wandel eingetreten, erklärte Klek. Denn die Aufklärung habe die evangelische Kirchenmusiktradition stark zurückgedrängt. Zum einen hat Max Herold vor Ort aktiv Musik in den Gottesdienst eingeführt. Lange Jahre war er Vorsitzender der Bayerischen Kirchengesangsvereins, dem Spitzenverband der Vereine in den einzelnen Gemeinden.

Sie mussten sich dort gründen, um überhaupt eine Basis für die Musik im Gottesdienst zu schaffen. Innerhalb der Kirche gab es weder Strukturen noch Geld für solche Bestrebungen. Bis heute existiert Herolds Verein als "Landesverband der evangelischen Kirchenchöre in Bayern" weiter.

Schwabach: Pioniere evangelischer Kirchenmusik

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Ferner hat Herold mit der Gründung der monatlich erscheinenden Zeitung "Siona" ein wichtiges Organ zur Vernetzung der Kirchengesangsvereine in ganz Deutschland geschaffen. Zu ihrer Hochzeit wurde sie in einer Auflage von 530 Stück im gesamten Reich bezogen, vereinzelt auch außerhalb Deutschlands. Sie erschien bis 1920 und enthielt bis dahin Fachaufsätze, Chorarrangements, Tipps zur Aufführungspraxis und Noten.

Zufällig entdeckt

"Sonst gab es die ja nirgends", erklärte Klek. Das Archiv dieser Zeitung hat Klek 1998 zufällig entdeckt, nachdem er im Arbeitszimmer des Schwabacher Kirchenmusikdirektors Oskar Stollberg neben dessen eigenen bestens sortierten Materialien auch die Schätze seines Schwiegervaters Wilhelm Herold (1870 – 1949) und dessen Vaters Max Herold fand.

Der Theologieprofessor Dietrich Stollberg, Sohn des Kirchenmusikers, hatte Klek nach Schwabach eingeladen. "Oskar Stollberg war ein toller Schwiegersohn, denn er hat das Erbe seines angeheirateten Vaters bewahrt und für die Nachwelt gesichert", so Klek. Seither sind die Büchlein, Kladden und Notizen eine bedeutende Basis für Kleks Forschungen zu den Protagonisten fränkischer Kirchenmusik. Originalausgaben mit handschriftlichen Vermerken von Max Herold geben tiefe Einblicke in seine Motivation, Musik zum festen Bestandteil des Gottesdiensts zu machen.

"Moralische Aufrüstung"

Ebenso vermitteln sie Hinweise zu seiner Auffassung zum Kirchenlied. So war er ein starker Verfechter des "rhythmischen Gemeindechorgesangs". Mehrere Kompositionen von Wilhelm Herold, der die Bestrebungen seines Vaters weitergeführt hat, konnte Klek ebenfalls sichern. Zur Bürgerstiftung hatte er sie mitgebracht. "Sonst liegen sie in einem feuerfesten Tresor", versicherte er.

Zum Teil seien seine Werke während des Ersten Weltkriegs entstanden. "Ziemlich pathetische Musik zur moralischen Aufrüstung der Heimatfront", so Klek. Denn Wilhelm Herold sei zu alt für die Teilnahme am Krieg gewesen, habe aber ideologisch mit wilhelminischer Auffassung sympathisiert. "Durch Kampf zum Sieg" hat er eines seiner Stücke genannt. Ferner gebe es Äußerungen, dass ihm der angelsächsische Einfluss auf deutsche Kirchenmusik zuwider war. Es existiere aber auch ein Band mit 26 Klavierliedern aus der Feder Wilhelm Herolds. "Schöne Musik aus Schwabach, die keiner kennt, mit romantischen Texten", charakterisierte er und regte an, die Werke hier aufzuführen. "Da wäre sicher etwas zu holen."

Jubiläum verpasst?

Außerdem vertrat Klek die Auffassung, die Schwabacher Kantorei hätte 2017 150-jähriges Gründungsjubiläum feiern können. "Denn 1967 hat Oskar Stollberg 100-Jähriges gefeiert", wusste der Kirchenmusik-Professor. Seiner Einschätzung zufolge geht dieses Datum wohl auf die Gründung des ersten Kirchenchors in Schwabach zurück.

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