Schwabach: Schrödels Autoreise nach Indien

19.10.2018, 12:15 Uhr
Komfort sieht anders aus. Christian Schrödel (li.) und Leo Zenetti mit ihrem Fiat Scudo in der kasachischen Steppe.

Komfort sieht anders aus. Christian Schrödel (li.) und Leo Zenetti mit ihrem Fiat Scudo in der kasachischen Steppe.

Christian Schrödel kratzt sich am Kopf, zieht an seinem inzwischen beeindruckend langen Bart und lächelt verlegen. "Ja, der Anfang war nicht ganz so, wie ich mir das vorgestellt habe", erzählt der 28-Jährige. Mit seinem Kumpel Sebastian Stell wollte er mit einem umgebauten alten Transporter über Polen, Weißrussland, die Ukraine, Moldawien, Georgien, Armenien, Aserbaidschan, Kasachstan, Iran, Turkmenisatan, Usbekistan, Kirgistan, Tadschikistan, Pakistan und China nach Indien fahren. 6000 Kilometer Luftlinie, ungezählte Kilometer mehr auf Asphaltstraßen und üblen Schlaglochpisten.

Doch nach einer Woche war die Stimmung schon im Keller, nach drei Wochen packte Sebastian Stell den Bus und seine sieben Sachen und fuhr wieder zurück in die Heimat. Die Freundin, die er kurz vor Beginn der Reise kennengelernt hatte, wartete. Und Christian Schrödel blieb zurück.

Zu viel Zeit investiert

Ebenfalls abbrechen? "Das kam für mich nicht infrage", sagt der Schwabacher. "Dafür hatte ich einfach zu viel Zeit in die Vorbereitung gesteckt." Der Gastronomieleiter, der zuletzt in einem Fünf-Sterne-Hotel in Österreich gearbeitet hatte, machte auf eigene Faust weiter. Also ging es zwei Monate lang mit Öffentlichen Verkehrsmitteln durch den Kaukasus. So lange, bis er Leo Zenetti kennenlernte. Der Karlsruher hatte eine ähnlich abenteuerliche Tour absolviert und war mit seinem umgebauten Fiat eigentlich schon auf dem Rückweg. Doch von Christian Schrödels Reiseplänen ließ sich Zenetti inspirieren. Aus zwei Solisten wurde wieder ein Zweier-Team.

Schwabach: Schrödels Autoreise nach Indien

Die beiden haben faszinierende Landschaften gesehen und unglaublich gastfreundliche Menschen kennengelernt. Sie haben an Grenzübergängen schon diverse Polizisten mit Zigaretten und Alkohol bestochen und wildfremden Kindern mit ein paar Buntstiften oder Süßigkeiten eine Riesenfreude gemacht.

Endlose Steppe

Alleine im letzten Monat sind sie 5000 Kilometer durch die kirgisische und tadschikische Steppe gezockelt – mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von kaum 20 km/h. "Schneller geht’s nicht, wenn man sich nicht das Auto ruinieren will."

Schon vor seiner Wahnsinnstour hatte Schrödel, der junge Globetrotter, 85 Länder dieser Erde bereist. Als gelernter Hotelfachmann und Betriebswirt konnte er mit der Arbeit in gehobenen Hotels, zum Beispiel in Chile und den USA, seine Urlaubskasse immer wieder auffüllen. In den Häusern konnte er essen und wohnen, Ausgaben fielen so kaum an.

Ab Reiseland 86 ging’s mit dem Komfort aber bergab. Geschlafen wird seit Mai meist im engen Fiat, nur selten leisten sich die Weltenbummler ein Hostel oder eine Jurte. Für das Waschen der Wäsche und die Körperpflege müssen es eiskalte Gebirgsflüsse tun.

Für vier Tage in der Heimat

Umso mehr freute sich der 28-Jährige, dass er in den vergangenen Tagen seinen Trip für vier Wochen unterbrechen konnte. Von Tadschikistan aus flog er zurück, um mit seinem Opa Rudi Nobis dessen 80. Geburstag zu feiern. Vor der Feier im Evangelischen Haus stand er erst einmal "eine halbe Stunde unter der heißen Dusche".

Und doch zieht und zog es Schrödel schnell wieder zurück in den fernen Osten. Sein Kumpel Leo fuhr, während Schrödel in Schwabach feierte, schon mal weiter bis nach Usbekistan. Auch Zenettis Schwabacher Mitfahrer hat sich inzwischen wieder auf den Weg gemacht. Usbekistan ist auf der Liste der von Schrödel besuchten (Urlaubs-)Länder die Nummer 98. Iran könnte im November die Nummer 100 werden.

Doch für Christian Schrödel ist nicht nur der Weg das Ziel. Das Leben in Asien ist spottbillig, ab und zu kann man sich auch etwas gönnen. So konnte er schon zwei Mal Freundin Marlene zu Stippvisiten begrüßen, eine Österreicherin, die er an seiner letzten Arbeitsstätte kennengelernt hatte. Sie war von Christian Schrödels Reiseplänen zunächst nicht begeistert, das hat sich aber geändert. "Natürlich sind wir für lange Zeit getrennt, aber dank ihm lerne ich Länder kennen, die ich ohne ihn nie kennengelernt hätte." Das nächste dieser Länder wird der Iran sein. Im November gibt es ein Wiedersehen.

Bis Indien. Mindestens.

Doch für Christian Schrödel ist der Iran noch nicht Endstation. Bis nach Indien soll ihn sein Weg führen. Mindestens. Ob es dann noch weitergeht bis Papua-Neuguinea ist noch nicht raus. Sicher ist nur eines: Erst wenn er das nächste Mal zurück nach Schwabach kommt, werden die wallende Haarpracht und der talibanähnliche Bart fallen. Bis dahin sind für Schrödel, der sich kurz vor Beginn der Reise noch eine Glatze zugelegt hatte, Schere und Rasierer tabu.

ZWeitere Fotos von Christian Schrödels Reise unter www.nordbayern.de/
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