Schwabacher Blattgold ziert Schuh aus Herzogenaurach

13.8.2016, 08:20 Uhr
Schwabacher Blattgold ziert Schuh aus Herzogenaurach

© Hans von Draminski

„adidas fragte bei uns nach, ob man Leder vergolden könne“, erzählt Eytzinger-Geschäftsführer Christian Scheuring. Warum sich die Herzogenauracher nicht an einen anderen der wenigen noch verbliebenen Blattgold-Hersteller gewendet haben, kann Scheuring erklären: „Bei uns wird Beratung ganz groß geschrieben – und das spricht sich herum.“

Im Fall des adidas-Sportschuhs war die Problemstellung freilich nicht ganz einfach zu lösen: Feinporiges, hellgraues Leder musste so mit einem Goldüberzug versehen werden, dass die hell glänzende Applikation länger als nur ein paar Tage hält. „Da empfahlen wir aus der Erfahrung heraus die Verwendung eines bestimmten Klebstoffes und lieferten Goldblätter im Format zwölf mal zwölf Zentimeter“, zählt Scheuring auf. Trotz der 24-karätigen „Dreingabe“ ist die Sonderausführung des „Stan Smith“ übrigens nicht teurer als andere „Limited Editions“ bei adidas: Im Onlineshop der Firma kostet das edel aussehende Stück knapp 150 Euro – und es kann sogar mit Initialen oder ähnlichem personalisiert werden.

Sonderaufträge wie das Schuh-Blattgold sind es, die einem deutschen Blattgoldbetrieb heutzutage das Überleben sichern. Das traditionelle Handwerk hat es schwer – spätestens, seitdem asiatische Billigprodukte den Markt überschwemmen. Statt Gold gibt es Imitate aus billigeren Materialien, was Christian Scheuring sichtlich aufbringt – zumal die Ersparnis sich in Grenzen hält. „Nicht das Material macht den Löwenanteil der Rechnung aus, sondern die Arbeit der Vergolder“, plaudert Scheuring aus der Schule des Goldschläger-Alltags.

Blattgold-Betriebe wie Eytzinger bieten nicht nur Gold an, das nach prinzipiell denselben Prinzipien wie vor 150 Jahren zu hauchdünnen Blättern ausgewalzt wird, sondern auch andere Edelmetalle wie Silber, Platin oder reines Palladium. Ein 8000stel Millimeter ist das Material dann manchmal nur noch dick – und man kann sogar hindurchschauen, wenn man die hochempfindlichen Blätter gegen das Licht hält.

Ein quadratisches Blatt Gold mit zwölf Zentimetern Kantenlänge kostet etwa zwei Euro, für das Sportschuh-Projekt wurde keine ganz kleine Menge an adidas geliefert: „Die benutzten dann einen hauseigenen Kleber, das Gold wurde damit verpresst, damit es auf dem Schuh auch hält“, erzählt Christian Scheuring, der seit 1980 bei Eytzinger arbeitet. Eigentlich wollte der in Spanien geborene Journalistensohn, der eigentlich ausgebildeter Industriekaufmann ist, „nur mal hineinschnuppern“, blieb dann aber „irgendwie hängen“.

Spannend ist die Beschäftigung mit der Blattgoldherstellung allemal – vor allem, wenn man sich die Abnehmer der Produkte näher anschaut. Als 2012 im saudiarabischen Mekka vis-a-vis des Heiligtums der Kaaba, der zentralen Gedenkstätte des Islam, das riesige „Mecca Royal Clock Tower Hotel“ im Big-Ben-Stil als Teil der „Abraj Al Bait Towers“-Hochhausgruppe gebaut wurde, kam Eytzinger zum Zug und lieferte sogenanntes Glasmosaik: kleine Glasplättchen mit dazwischengelegten, strukturierten Goldblättern. Damit wurde das Uhrensegment an der Spitze des 601 Meter hohen Wolkenkratzers verkleidet, der momentan das dritthöchste Gebäude der Welt (nach dem Burj Khalifa in Dubai und dem Shanghai Tower) ist.

Die Firma Eytzinger ist dennoch ein Mittelstandsbetrieb geblieben, in dem der Chef persönlich das nach der Blattgoldherstellung verbliebene Restgold im Brennofen einschmilzt, die 1200 Grad heiße, rotglühende Muffel mit einer Spezialzange anfasst und mittels einer einfachen Form einen kruden Barren gießt, der an die Scheideanstalt zurück geht.

Mancher Arbeitsvorgang ist inzwischen gleichwohl automatisiert, was „der Sicherheit zugute kommt“, wie Christian Scheuring betont. An der Faszination der Goldschlägerei ändert der sanfte Hauch der Moderne freilich nichts. Eine Faszination, die offensichtlich selbst in den Chefetagen großer Konzerne wie adidas wirkt.

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