„Schwarzach soll behutsam belegt werden“

2.10.2012, 08:11 Uhr

SPD-Fraktionschef Werner Sittauer brachte die Position des gesamten Stadtrats auf den Punkt: „Wir müssen unsere rechtliche und mitmenschliche Pflicht wahrnehmen.“ Deshalb stimmten bis auf die FDP alle Parteien für ein Asylbewerberheim im ehemaligen kirchlichen Jugendheim in Schwarzach (wir berichteten).

Da sich die Kirche als Eigentümer an der Empfehlung des Stadtrats ausrichten will, sind somit die Weichen gestellt. Doch der Stadtrat ist sich bewusst, dass es in Schwarzach erhebliche Ängste gibt. Alle Fraktionen sehen ein Heim mit 35 Plätzen in einem 38-Einwohner-Ortsteil nicht als Wunschlösung.

Gute Betreuung

Deshalb schlägt der Stadtrat mehrere Punkte vor, um Konflikten vorzubeugen. Insbesonders soll eine hauptamtliche Betreuung in ausreichendem Umfang sichergestellt werden. Wobei noch zu klären sein wird, was das konkret heißt. Zudem sollen die Asylbewerber Mobicards für den Bus nach Schwabach erhalten, um nicht in Schwarzach isoliert zu sein.

Auch soll die für die Asylbewerber zuständige Regierung von Mittelfranken vor allem Familie in Schwarzach einquartieren, weil es so erfahrungsgemäß kaum Probleme gebe.

Ein entscheidender Punkt ist auch die Reihenfolge der Belegung. Zunächst sollen die Unterkünfte in Wolkersdorf und der Nürnberger Straße gefüllt werden. Zudem prüfen die Stadt und auch die kommunale Wohnungsbaugesellschaft GeWoBau, ob sie leere Wohnungen bereitstellen können. Erst dann solle Schwarzach an der Reihe sein. „Das Jugendheim in Schwarzach soll behutsam belegt werden“, schlussfolgerte Stadtrechtsrat Knut Engelbrecht.

Vor allem die SPD forderte gleiche Pflichten für alle. „Die Stadt Schwabach muss sich darauf verlassen können, dass auch andere Gebietskörperschaften ihrer Verpflichtung nachkommen“, betonte Werner Sittauer.

Die Landtagsabgeordnete Helga Schmitt-Bussinger sieht diese aber nur in Ansbach und Nürnberg. Überall sonst würde viel weniger aufgenommen als vorgesehen. Dies gelte auch für den Landkreis Roth (siehe eigenen Artikel).

2,6 Prozent nach Schwabach

Die ausreichende Unterbringung zu planen ist schon deshalb nicht einfach, weil die Zahl der Asylbewerber derzeit extrem wächst. Festgelegt ist folgender Verteilungsschlüssel:

Von allen Asylbewerbern, die in Deutschland dieses grundgesetzlich verbriefte Recht beantragen, kommen 16 Prozent nach Bayern. Davon muss jeder der sieben Regierungsbezirke jeweils ein Siebtel aufnehmen. Von diesem Siebtel muss Schwabach für 2,6 Prozent menschenwürdige Unterkünfte stellen.

Helga Schmitt-Bussinger hatte sich für die Stadtratssitzung am Freitag von der Regierung von Mittelfranken die aktuellen Zahlen geben lassen: Am 28. September bedeuteten 2,6 Prozent 47 Personen. In Wolkersdorf fänden 19 Platz, in der Nürnberger Straße in dem von der Awo zur Verfügung gestellten Haus rund 15. Das mache für Schwarzach momentan also rechnerisch 13, aber keine 35.

„Es gibt also großen Spielraum“, so Schmitt-Bussinger. Und ihr Parteifreund Werner Sittauer stellt klar: „Es gibt momentan keine Rechtfertigung, die Bewohnerzahl von Schwarzach zu verdoppeln.“

„Temporärer Standort“

Auch CSU-Fraktionschef Detlef Paul möchte „Schwarzach nicht verfestigen. Das ist ein temporärer Standort. Er soll als erstes wieder abgebaut werden“. In der jetzigen Situation aber sei er nötig. Er selbst habe sich kürzlich im überfüllten Auffanglager Zirndorf einen persönlichen Eindruck von der Lage machen können. Die Zustände seien „katastrophal“. Seine Schlussfolgerung: „Da gibt es gar keine Frage, dass wir helfen müssen. Wir sollten auch nicht alles schlechtdenken.“

Bruno Humpenöder, der Vorsitzende der Freien-Wähler-Fraktion, unterstützte ausdrücklich Sittauers Forderung, Schwabach nicht stärker zu belasten, als durch die 2,6 Prozent. Auch andere seien gefordert: „Denn wenn bei uns ein kleiner Ortsteil wie Schwarzach belastet werden kann, dann kann man jedes kleine Dorf auch woanders belasten.“

Doch Bürgermeister Dr. Roland Oeser (Grüne), der für OB Matthias Thürauf — er ist auf Dienstreise in China — die Sitzung leitete, erinnerte daran, dass niemand genau vorhersagen könne, wieviele Menschen 2,6 Prozent sind: „Die Zahlen sind völlig im Fluss.“

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