Senioren am Steuer: Wenn Freiheit zum Risiko wird

15.3.2018, 14:45 Uhr
Senioren am Steuer: Wenn Freiheit zum Risiko wird

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Das Thema ist höchst sensibel. "Auch Senioren wollen mobil sein, das ist ja auch verständlich", sagt Jörg Truxa, der stellvertretende Leiter der Polizeiinspektion Schwabach. "Deshalb ist der Führerschein oft das Letzte, woran sie sich klammern." Das ist die eine Seite.

Die andere ist die Sicherheit im Straßenverkehr. Natürlich kann auch ein 85-Jähriger noch fitter sein als ein 60-Jähriger. Deshalb lässt sich nichts verallgemeinern. Und doch wachsen mit zunehmendem Alter die Gesundheitsprobleme. Kann man noch gut genug sehen? Gut hören? Schnell reagieren?

Bei akuter Gefahr

Stellt die Polizei bei Unfällen oder Kontrollen Hinweise auf erhebliche Einschränkungen fest, ist sie gezwungen zu handeln. Um eine akute Gefahr abzuwenden, kann zum Beispiel der Führerschein oder der Fahrzeugschlüssel eingezogen werden. Das aber könnten nur kurzfristige Notlösungen sein, so Truxa. Über einen dauerhaften Führerscheinentzug entscheiden die Führerscheinstellen der Kommunen. An sie leitet die Polizei entsprechende Fälle weiter. Solche Hinweise können aber auch — wie im erwähnten Fall — aus der Justiz kommen, oder auch von Angehörigen.

Und dann? "Dann lade ich Betroffene und Angehörige zu einem Gespräch", erklärt Lutz Pfüller, der Leiter der Führerscheinstelle bei der Stadt. 2017 hat es 13 solche Treffen gegeben. In sieben Fällen wurde der Führerschein freiwillig abgegeben. In einem haben die polizeilichen Ermittlungen ergeben, dass sich der Sachverhalt doch anders darstellte. In einem weiteren Fall konnte der Betroffene überzeugend darlegen, dass kein besonderes Risiko besteht.

Im Zweifel ein Gutachten

Viermal aber wurde ein Gutachten durch einen verkehrsmedizinisch qualifizierten Arzt gefordert. Zwei haben tatsächlich zum Entzug des Führerscheins geführt. In den beiden anderen Fällen wurden Auflagen wie etwa ein Nachtfahrverbot erlassen.

Im Landkreis Roth werden deutlich höhere Zahlen genannt. Die Überprüfung der Fahrtauglichkeit sei "tägliches Geschäft", erklärt Julian Seitz, der Leiter der dortigen Führerscheinstelle. "Gutachten gibt es pro Jahr etwa 50." Dabei handelt es sich nicht ausschließlich, aber überwiegend um Senioren. Die Kosten trägt der Betroffene. Je nach Fall sind sie sehr unterschiedlich, "meistens im mittleren dreistelligen Bereich", so Pfüller.

Am besten aber, man lässt es gar nicht so weit kommen, dass Polizei oder Justiz einschreiten müssen. "Bemerkt werden die Probleme ja meist in der Familie", sagt Truxa.

Überzeugen durch Angebote

Die Angehörigen sind in einem Dilemma. Der Verzicht aufs Auto ist ein massiver Eingriff in die Lebensführung. Und doch: "Man muss sich ja nur vorstellen, dass wirklich jemand totgefahren wird und man sich sagen muss: Eigentlich habe ich es ja gewusst."

Jörg Truxas Rat: "Man muss die Senioren überzeugen, dass sie das Auto nicht unbedingt brauchen. So kann man ihnen anbieten, Besorgungsfahrten für sie zu übernehmen. Oder ihnen ein Busticket kaufen."

Die Stadt Schwabach bietet sogar einen kostenlosen Anreiz: Wer seinen Führerschein abgibt, erhält zumindest für drei Monate eine Mobicard für Bus und Bahn in Schwabach und Nürnberg. Im vergangenen Jahr sind elf Schwabacher Senioren so umgestiegen.

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