"The Voice": Wendelsteiner Torwart wird Zweiter

18.12.2017, 14:19 Uhr

© Foto: Jörg Carstensen/dpa

Bevor es ernst wird, muss der junge Mann erst einmal runter von der Bühne. Als 17-Jähriger hat man nach 23 Uhr nichts mehr zu suchen im Scheinwerferlicht des Fernsehsenders SAT 1. Benedikt Köstler zieht sich mit seinem Coach Mark Forster also notgedrungen zurück in den Halbschatten der ersten Zuschauerreihe und erlebt von dort, wie sich die vier Balken, die das Zuschauer-Voting widerspiegeln, nach und nach mit Namen füllen. BB Thomaz fällt als erste der vier Finalisten von Deutschlands beliebtester Casting-Show durchs Raster, "Benni", wie ihn seine Mitspieler bei der JFG Wendelstein nennen, ist schon mindestens Dritter. Anna Heimrath verabschiedet sich als nächste. Köstler schaut zunehmend ungläubig auf die Video-Wand, Arm in Arm mit seinem Coach. Nur noch zwei sind übrig.

Doch dann: 25,45 Prozent für Benedikt Köstler, 50,10 Prozent für Natia Todua, die junge Frau mit der roten Rasta-Frisur. Die Kameras zeigen nicht mehr den Zweiten, sondern die strahlende Siegerin, die wie ein Flummi-Ball über die Bühne hüpft.

Sabbat-Jahr gut genutzt

Bei Benedikt Köstler ist die Enttäuschung nur von kurzer Dauer. Obwohl er nicht darf, ist er plötzlich doch wieder auf der Bühne und umarmt die Siegerin. "Ich hätte nie gedacht, dass ich bis ins Finale komme. Ich habe ja nicht mal damit gerechnet, dass sich jemand bei den ,Blind Auditions‘ für mich umdreht", wird er später sagen.

Für "Voice" hatte sich der baumlange Burgthanner ja nur beworben, weil er zwischen seiner Mittleren Reife im Frühjahr 2017 und seinem Start der Ausbildung bei der Polizei im Herbst 2018 ein gutes Jahr überbrücken muss. Doch mit der rauen Version von "Always On My Mind", dem Klassiker von Elvis Presley, sang er sich schon bei seinem ersten Auftritt in die Herzen aller vier Coaches – und in die von Millionen von Fernsehzuschauern. Das war im Sommer, dar war er noch 16.

Von Runde zu Runde verblüffte der junge Mann, der seit seinem 14. Lebensjahr für die JFG Wendelstein im Tor steht, das Publikum mit seiner Reibeisenstimme – einer Stimme, die nicht nach der eines noch nicht einmal Volljährigen klingt, sondern so, als wäre sie schon ein paar Jahrzehntelang im Show-Business durch diverse Whiskey-Gelage geschleift worden. Benedikt dominierte, unterstützt von seinen Eltern, seinem Bruder und immer wieder von seinen Mitspielern von den A-Junioren der JFG Wendelstein, sein Battle, er brillierte in den Sing-Offs und er wurde mit 70 Prozent der Stimmen der Zuschauer(innen) am Sonntag vor einer Woche bei der ersten Live-Show in Berlin vom Halbfinale ins Finale befördert (wir berichteten).

Zweimal super, einmal naja

In diesem Finale hat der Burgthanner zwei wirklich starke und einen schwächeren Auftritt. Gleich zum Auftakt stellt er im Duett mit seinem Coach sogar Mark Forster in den Schatten. "Kogong" heißt der aktuelle Hit des Pop-Rappers, der klingt bei Forster/Köstler fast noch besser als bei Forster solo. Auch beim zweiten Auftritt wirkt Benni wie ein echter Sieganwärter. Denn "Your Song" von Elton John wird tatsächlich Bennis Song.

Pech für ihn, dass er zum Abschluss mit der neuen britischen Pop-Queen Rita Ora noch einmal ran muss. Bei "Anywhere" sind erstens leisere Töne gefragt und zweitens mehr Bewegung auf der Bühne – und hier wird es bei Benni deutlich dünner. Hier hat die spätere Siegerin Natia Todua halt doch noch ein bisschen mehr zu bieten.

Und jetzt? Benni Köstler hat ein unglaubliches halbes Jahr hinter sich, seine Familie, seine Mitspieler und sein Trainer Eric Zöllner werden allerdings schon dafür sorgen, dass der junge Mann am Boden bleibt. Dass es etwas werden kann mit einer großen Karriere im Show-Business ist nämlich eher unwahrscheinlich. Denn wer erinnert sich heute noch an Ivy Quainoo (Siegerin Voice of Germany 2011), an Nick Howard (2012), an Charley Ann Schmutzler (2014) oder an Tay Schmedtmann (2016)? Andreas Kümmert (2013) und Jamie-Lee Kriewitz (2015) haben nur deshalb später für Schlagzeilen gesorgt, weil der eine trotz Qualifikation nicht mitmachen wollte beim europäischen Sängerwettstreit "Eurovision Song Contest und weil die andere dort mit sagenhaften elf Punkten den letzten Platz belegte.

Bühnenzauber

Was die Zukunft auch bringen wird: Ein bisschen Bühnenzauber gibt es auf jeden Fall noch für Benni Köstler. Gemeinsam mit seinen drei Final-Kolleginnen und zwei weiteren Halbfinalisten geht er auf Deutschland-Tour. Bayreuth, Bielefeld, Bremen, Aschaffenburg, Freiburg, Nürnberg (3. Januar), Kob-lenz, Berlin, Hamburg, Bochum, Wolfsburg, Hannover, Wetzlar, Passau, Ludwigsburg, Düren, Frankfurt, Mannheim, Trier und Regensburg heißen die Stationen. Viele Konzerte sind schon ausverkauft.

Danach wird Benedikt Köstler wieder das tun, was er neben Singen ebenfalls gut kann: Bälle halten im Tor der A-Junioren der JFG Wendelstein. Für den Zweiten der Bezirksoberliga geht es ab Frühjahr immerhin um den Aufstieg in die Landesliga. Für alle "Groupies": Erstes Wendelsteiner Heimspiel nach der Winterpause ist am Sonntag, 25. März, 13 Uhr, das Duell gegen die SG Quelle Fürth II (auf dem Platz des TSV Röthenbach/St. W.). Mal sehen, wie viele Zuschauerinnen sich dann für Fußball interessieren – beziehungsweise für einen gut aussehenden, großgewachsenen Torhüter.

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