Vor 300 Jahren erhielt Schwabach den Schönen Brunnen

13.5.2017, 12:58 Uhr
Vor 300 Jahren erhielt Schwabach den Schönen Brunnen

© Melanie Seitz

12. Mai 1717: Auf dem Marktplatz wird gefeiert. Der neue Schöne Brunnen wird seiner Bestimmung übergeben. Zur Enthüllung gekommen sind auch Markgraf Wilhelm Friedrich und dessen Gattin Christiane Charlotte. Der Markgraf hatte den Bau zwei Jahre zuvor verfügt. Den 12. Mai als Einweihungstermin hat er mit Bedacht gewählt: An diesem Tag feiert sein Sohn und späterer Nachfolger Carl Friedrich Wilhelm seinen fünften Geburtstag.

Zur Feier des Tages zeigt sich der Markgraf spendabel: Für jeden Bürger gibt es Weißbrot und eine Maß Bier, für Ratsmitglieder zum Weißbrot sogar Wein, wie Schwabachs Heimatforscher Heinrich Schlüpfinger schrieb.

"Der Schöne Brunnen war ja schon außergewöhnlich. Mit ihm wollte der Markgraf ein Zeichen setzen", erklärt die Kunsthistorikerin Sandra Hoffmann-Rivero, die Leiterin des Kulturamts. Die Gründe sind wohl vielfältig, vermutet sie. "Der Brunnen ist eine Wertschätzung des Markgrafen gegenüber Schwabach. Zudem hat er sich wahnsinnig gefreut, dass er einen Erbfolger hat. Und mit seiner Christiane Charlotte hatte er eine kunstsinnige Frau." Die drei goldenen Porträtmedaillons des Ehepaars und des Sohnes zeigen, dass sich die Markgrafenfamilie mit dem Schönen Brunnen selbst verewigt hat.

Vor 300 Jahren erhielt Schwabach den Schönen Brunnen

© Foto: Wilhelm

Schwabach erhielt dadurch sein neues Wahrzeichen. Heinrich Schlüpfinger bezeichnete den Schönen Brunnen als "barockes Denkmal fürstlicher Baulust". Bis heute formt es ein besonderes Ensemble: die gotische Stadtkirche, das Fachwerk-Rathaus und der barocke Brunnen prägen den Marktplatz. "Der Schöne Brunnen", sagt Sandra Hoffmann-Rivero, "hat dazu geführt, dass Schwabach so schön ist, wie es ist".

Schwabach um 1717: Für das Markgrafentum Brandenburg-Ansbach war die Münzstadt Schwabach durchaus von Bedeutung. Gleichzeitig begann in dieser Zeit auch die Industrialisierung mit der Kattunfabrik. Der Marktplatz selbst hatte bereits nahezu alle heutigen Gebäude. Ausnahme: Neun Jahre später begann der Neubau der Fürstenherberge.

Die Baugeschichte: Ein erster Brunnen auf dem Marktplatz stand offenbar schon zu Zeiten des Dreißigjährigen Kriegs. Der genauer Standort aber ist unbekannt. Dieser Brunnen hat wohl der Wasserversorgung der Bevölkerung gedient.

Erste Pläne für einen repräsentativen Springbrunnen werden bereits Markgraf Georg Friedrich (1556 bis 1603) zugeschrieben. Die aber scheiterten am Streit um Wasserrechte für die Oberreichenbacher Quellen. Markgraf Wilhelm Friedrich (1685 bis 1723) griff diese Idee jedoch wieder auf: mit Erfolg. Der Oberreichenbacher Bauer Max Städtler erhielt eine Entschädigung von 150 Gulden und der Markgraf das Recht, das Wasser aus dessen Quellen zu nutzen.

1715 wurde damit begonnen, über 4,4 Kilometer bis zum Marktplatz eine Wasserleitung aus Holz zu verlegen. Am 25. September wurde deren Fertigstellung gefeiert. Am Brunnen selbst begannen die Arbeiten mit gleich zwei Grundsteinlegungen am 7. Mai und am 20. August 1716.

Die Brunnengestaltung: Auf dem Obelisken thront der Brandenburger Adler. Geprägt ist der Schönen Brunnen zudem durch seine Figuren wie wasserspeiende Delphine, Tritonen und Najaden. "Das alles sind maritime Figuren aus der antiken Mytholgie und damit Anspielungen aufs Wasser", erklärt Sandra Hoffmann-Rivero. Goldene Medaillons zeigen das Fürstenehepaar und dessen Sohn.

Die Markgrafenfamilie: Im Alter von erst 17 Jahren wurde Wilhelm Friedrich Markgraf, da sein Halbbruder Georg Friedrich in einer Schlacht gefallen war. Der Schwabacher Historiker Eugen Schöler beschreibt Wilhelm Friedrich als "Grandseigneur", als "das Gegenteil eines fürstlichen Leuteschinders". Er war hochgebildet, aber auch "überaus zaghaft und menschenscheu". Mit Schwabach fühlte sich der Markgraf besonders verbunden. So hatte er das damalige Jagdschlösschen in Unterreichenbach erworben, in dem er 1723 im Alter von nur 36 Jahren auch starb.

Mit Christiane Charlotte (1694 bis 1729), seiner Cousine, eine geborene Herzogin von Württemberg, hat er "eine vorbildliche Ehe" geführt, so Eugen Schöler im Stadtlexikon. Christiane Charlotte charakterisiert Schöler als "Glücksfall", als engagiert und temperamentvoll. "Ohne sich in den Vordergrund zu drängen, war sie eine wichtige Beraterin."

Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor, von den aber nur ein Junge das Säuglingsalter überlebt hat: Carl Friedrich Wilhelm (1712 bis 1757). Er folgte später seinem Vater als Markgraf nach. Sein aufwändiger Lebensstil und brachte ihm dem Beinamen "Der wilde Markgraf" ein.

Die Erbauer: Entworfen hat den Brunnen der "Obristbaudirektor" des Markgrafen Johann Wilhelm von Zocha, dessen Bruder Carl Friedrich als sein Nachfolger von 1726 bis 1728 den Neubau der Fürstenherberge geschaffen hat.

Die Aufsicht über die Brunnenarbeiten führte der markgräfliche Brunnenmeister Martin Conradi. Die Figuren wurden von Hofbildhauer Johann Christoph Fischer geschaffen. "Das ist schon eine qualitativ gute Arbeit", erklärt Sandra Hoffmann-Rivero. Die Steine für den Brunnen stammen aus einem Steinbruch bei Wendelstein.

Die Finanzierung: Es war ein Geschenk der speziellen Art. Denn die Kosten trug keineswegs der Markgraf. Im Gegenteil: Insgesamt 2346 Gulden musste Schwabach zur Finanzierung aufbringen. Zum Vergleich: Die Gesamteinnahmen der Stadt betrugen 1717 exakt 11 153 Gulden. Der Schöne Brunnen schluckte also rund ein Viertel der Jahreseinnahmen. "Die Stadt wurde gezwungen, diese wahnsinnig hohe Summe dazu zu zahlen", sagt Kulturamtsleiterin Sandra Hoffmann-Rivero. In die Jetztzeit übertragen, wären dies rund 30 Millionen Euro. Ob man ihn für dieses Geld heute noch bauen würde?

Die Renovierungen: Der Schöne Brunnen wurde bisher sechs Mal restauriert: 1813, 1878/79, 1932, 1961, 1990 bis 92 und 2007. Erste große Maßnahme war 1813 die Ausbesserung des Obelisken. 1878/79 wurden die mythischen Figuren vom Rother Bildhauer Eduard Feuerlein neu geschaffen. Die Originale sind verschollen.

1976/77 wurde der Schöne Brunnen wegen des Baus der Tiefgarage zerlegt, abgebaut und wieder neu errichtet. Die letzte Sanierung fand 2007 statt.

Zum Schutz der Figuren wurde im Herbst 2009 nach kontroverser Diskussion statt der alten Holzbedachung eine moderne Pyramide aus Glas und Stahl erstmals aufgebaut.

 

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