Winterquartier verzweifelt gesucht

3.11.2012, 09:54 Uhr
Winterquartier verzweifelt gesucht

© Gerner

Ivan hat erkennbar gute Laune. Neugierig beschnuppert das sieben Jahre alte Kamel Besucher. Könnte ja sein, dass der irgendwo ein Leckerchen versteckt hat. Um Ivan herum wuseln Pferde, Schafe, Ziegen, Hunde und zwei Lamas. Die Tiere sind gewissermaßen das Kapital des „Zirkus Central“. Den gibt es schon in fünfter Generation. Und zuvor waren die Schuberts als Schausteller und Straßenkünstler unterwegs. „Unser Familienwappen reicht zurück bis 1479“, erzählt Anna-Maria Schubert, die Frau des Direktors, stolz.

Früher, da arbeitete Dominikus Schubert noch mit Bären in der Manege. Und für die Auftritte in größeren Städten buchte die Nürnberger Zirkusfamilie schon einmal eine Löwen- oder Tigernummer. Doch die Zeiten für die mittelgroßen (wie den Zirkus Central) und die kleinen Zirkusse in Deutschland sind hart geworden. Eltern entführen ihre Sprösslinge heute lieber in den großen Freizeitpark als zur kleinen Manege um die Ecke. Zirkus? Der wirkt heute, wo waghalsige Österreicher aus der Stratosphäre in Überschallgeschwindigkeit mit dem Fallschirm zurück auf die Erde springen, wie aus der Zeit gefallen.

Ohne Zirkus? Unvorstellbar!

Und doch gibt es sie noch, die fahrenden Artisten wie Romina Schubert, eine von acht Töchtern von Dominikus Schubert. Etwas anderes als Zirkus kann sie sich gar nicht vorstellen. Wenn das große Zelt mit einem Durchmesser von 34 Metern wieder einmal stehen sollte, dann ist Romina alles in einem. Sie moderiert, schluckt und speit Feuer, jongliert und lässt die mächtigen Friesen nach ihrer Gerte tanzen.

Die Kosten steigen

„Doch das schöne Leben, wo man hart gearbeitet, aber dafür auch ordentliches Geld verdient hat, ist vorbei“, klagt sie. Die Zahl der Besucher nimmt seit Jahren ab, die Kosten jedoch steigen. Tierfutter, Strom, Wasser, das Gas zum Heizen der Wohnwagen, die Einstreu für die Vierbeiner: „Alles wird teurer.“ In diesem Jahr war es „so schlimm wie nie“, erzählt Romina Schubert. „Es gab Vorstellungen, da waren mehr Leute in der Manege als auf den Zuschauerbänken.“ Bei seinem Gastspiel in Raubersried hat der Zirkus so wenig Geld eingenommen, dass es anschließend nicht mehr reichte, den ansehnlichen Fuhrpark in den nächsten Ort zu bringen.

Wenn die Saison für die fahrenden Künstler vorbei ist, dann springt die Agentur für Arbeit ein. Insofern haben die Menschen das Nötigste. Auch sonst gab es für die Schuberts Hilfe. Leute aus der Umgebung spenden Hundefutter, die Schwabacher Bäckerei Dr. Karg überlässt dem Zirkus die nicht verkauften, hart gewordenen Brötchen – der Ersatz für Kraftfutter für die Vierbeiner. Ein Bauer aus Burgthann gibt für wenig Geld Stroh und Heu her. Die Marktgemeinde Wendelstein rechnet den Wasserverbrauch nicht ab, auch in Sachen Abwasserentsorgung gibt es nach Gesprächen mit einer Vertreterin des Landratsamts Roth eine gütliche Einigung.

Und doch muss der Zirkus Central weiterziehen, weil der Eigentümer der Wiese gekündigt hat. Das hat Dominikus Schubert einerseits überrascht. Andererseits wäre eine Wiese ohnehin nicht als Winterquartier für einen Zirkus geeignet. Wenn es regnet oder schneit, wird es schnell matschig. Und nasser Boden setzt den Tieren ganz schnell gesundheitlich zu. „Wir brauchen einen befestigten Platz“, erklärt Zirkusdirektor Schubert. „Vielleicht etwas mit Schotter.“

Unbezahlbar

In den vergangenen Wintern, da haben die Schuberts ihre zirkusfreie Zeit in Langenzenn, Altdorf oder Nürnberg-Buch verbracht. Doch in Buch würde alleine der Elektro-Anschluss 1000 Euro kosten. „Unbezahlbar“, klagt Senior-Chefin Anna-Maria Schubert.

Seit Wochen ist ihr Mann Dominikus auf der Suche nach einem Winterquartier. Zuletzt hat sich eine mögliche Alternative in Roth zerschlagen. „Wir haben derzeit nichts“, sagt er. Er hat Freizeitparks in ganz Süddeutschland angeschrieben. Seine Hoffnung: Viele von ihnen haben einen Zirkus in ihrem Standard-Programm, auch im Winter. Dort könnte der Zirkus Central die schlechten Zeiten überbrücken. Aber: Auf diese Idee sind die Mitbewerber auch schon gekommen. „Eine Antwort steht noch aus“, berichtet der Zirkus-Direktor.

Keine guten Aussichten. Für die Zweibeiner nicht, für die Vierbeiner auch nicht. Da kann Ivan, das Kamel, noch so gute Laune haben.

Wer eine Idee hat, wo der Zirkus Central sein Winterquartier aufschlagen könnte, kann sich an Familie Schubert wenden. Telefonnummer (0176) 26911918.

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