Seltene Erden aus Abwasser gewinnen

16.12.2014, 19:58 Uhr
Seltene Erden aus Abwasser gewinnen

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Eigentlich sind Seltenen Erden weder selten noch Erden“, sagt Rainer Buchholz, Lehrstuhlleiter für Bioverfahrenstechnik an der Universität Erlangen-Nürnberg. Tatsächlich handelt es sich um 18 Metalle, mit Namen wie Lanthan, Europium und Neodym, die in der Erdkruste häufiger vorkommen als Gold oder Platin. „Jedoch ist es sehr schwer, die Metalle abzubauen“, sagt Buchholz. Bei der Gewinnung werden Säuren ins Erdreich geleitet, um die begehrten Rohstoffe zu lösen und ans Tageslicht zu fördern. Zurück bleibt eine giftige Schlammmasse.

Über 95 Prozent des Rohstoffes kommen aus China. Das Land ist damit der wichtigste Lieferant weltweit. Doch durch fehlende Umweltgesetze wird der giftige Schlamm dort nicht ordnungsgemäß entsorgt und macht so Tausende Quadratkilometer zu Ödland. Der Abbau verbraucht zudem große Mengen an Energie. Die Erlanger Ingenieure wollen deshalb Seltene Erden besser wiederverwerten. In Zusammenarbeit mit Kollegen der Technischen Universität München entwickeln sie ein Verfahren zur Gewinnung der Rohstoffe aus industriellem Abwasser. Die bayerische Umweltministerin Ulrike Scharf übergab ihnen dafür 380 000 Euro zur Förderung des Forschungsprojektes „ForCycle“. „Ein effektiver Umgang mit Rohstoffen ist sehr wichtig. Mit dem neuen Verfahren der Rückgewinnung von Seltenen Erden soll die Umwelt nachhaltig geschützt werden“, erklärte die Ministerin.

Algen filtern Metalle

Auch in Deutschland gibt es Vorkommen Seltener Erden, jedoch sind sie nur in kleinen Mengen in der Erde vorhanden. Deshalb wäre ein Abbau zu kostspielig. In Grönland wurden kürzlich große Vorkommen entdeckt, die Gebiete sind aber noch nicht erschlossen. Mit dem an der Friedrich-Alexander-Universität entwickelten Verfahren sollen Algen die Rohstoffe aus industriellen Abwässern filtern, das unter anderen aus Abraumhalden im Bergbau fließt.

Die speziell gezüchteten Mikroalgen benötigen lediglich Sonnenlicht und Kohlendioxid aus Abgasen. Die Metalle bleiben dann an der Oberfläche der Algen haften. „Auf diese Weise ist die Rückgewinnung vergleichsweise unkompliziert und günstig“, sagt Buchholz. „Wir benötigen die Seltenen Erden jetzt. Sie sind wichtig für die Hightech-Industrie, für die Produktion von Handys und Bildschirmen.“ Vor allem für Hybridfahrzeuge sind die Rohstoffe unentbehrlich. Auch Dauermagneten – eingesetzt in Windkraftwerken – bestehen zum Teil aus Seltenen Erden. Vor 20 bis 30 Jahren habe noch keiner Notiz von den Metallen genommen – heute seien sie für alle Technologien unverzichtbar, erklärt Buchholz.

Die Forscher möchten so weit gehen, dass die Algen zwischen den 18 Metallen unterscheiden können. „Ein Vorteil ist, dass wir für das Verfahren sogar tote Algen verwenden können“, sagt Buchholz. Im Anschluss können sie verbrannt werden. Dadurch ist es möglich, zusätzlich Energie aus der Biomasse zu gewinnen. Es wird aber auch daran geforscht, die Algen mehrfach einzusetzen, um umweltfreundlicher zu arbeiten. „Mit solchen Projekten schaffen wir eine Rohstoffwende“, sagt Scharf. „Die Abfälle von heute sind die Rohstoffe von morgen.“

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