Söders Pläne zu NS-Bauten spalten die Gemüter

8.2.2014, 13:53 Uhr
Ein Erlanger Psychologe, der Finanzminister und eine Stadträtin sprechen sich klar für den Erhalt der NS-Bauten aus.

© Roland Fengler Ein Erlanger Psychologe, der Finanzminister und eine Stadträtin sprechen sich klar für den Erhalt der NS-Bauten aus.

"Das wäre, als würde man Gras über die Geschichte wachsen lassen", sagte Lösel. Geschichte brauche Anschaulichkeit - und die lasse sich, wie psychologische Untersuchungen zeigten, am besten mit konkreten Personen oder anschaulichen Objekten verdeutlichen. Nur wenn wir es "physisch und emotional erfahren" würden, gelange Geschichtswissen ins Langzeitgedächtnis.

Auch Finanzminister Markus Söder spricht sich klar für den Erhalt der Nazi-Bauwerke aus und will dabei den Bund in die Pflicht nehmen. "Das Reichsparteitagsgelände ist wohl das interessanteste erhaltene Ensemble in der Aufarbeitungsgeschichte. Die Hauptverantwortung dafür liegt beim Bund.“ 50 Prozent müsse dieser zu den Erhaltungskosten beitragen. Der Freistaat werde sich ebenfalls mit einem Prozentsatz im zweistelligen Bereich beteiligen, den Rest müsse die Stadt tragen.

Nach Worten der Stadträtin Julia Lehner ist der Erhalt der NS-Bauten auf dem Reichsparteitagsgelände alternativlos. "Sie sind wertvolle Bestandteile der Bildungsarbeit und machen erfahrbar, wie eine Diktatur funktioniert." Die Erfahrung vor Ort sei immens wichtig. Und Söder fügt mit gesenkter Stimme hinzu: "Das historische Erbe Nürnbergs zu erhalten, ist eine demokratische Verpflichtung."

Einen offenen und tabufreien Umgang mit den Nürnberger Propaganda-Bauwerken aus der Nazi-Zeit haben am Samstag indessen Intellektuelle und Kulturschaffende gefordert. Dabei sollte auch ein Abriss einzelner Bauwerke knapp 70 Jahre nach dem Ende der Nazi-Zeit nicht mehr kategorisch ausgeschlossen werden, forderten sie bei einem Symposium des Architektenvereins "Baulust“ in Nürnberg.

Die Zeppelin-Tribüne könne verfallen

Mehrere Referenten betonten, die Nazi-Bauten, wie auch die baufällige Zeppelin-Tribüne, müssten allein daran gemessen werden, ob sie einen wirksamen Beitrag zur Erinnerungskultur leisteten. Falls das zweifelhaft sei oder Nazibauten sogar für eine Mystifizierung der Nazi-Zeit sorgten, sollte ein Abriss oder zumindest ein "kontrollierter Verfall“ ins Auge gefasst werden.

Gegen eine Instandsetzung sprach sich auch der Berliner Schriftsteller und Philosoph Reinhardt Knodt aus: "Die Zeppelin-Tribüne ist ein Ort, der verfallen sollte. Kann sein, das man am Ende auch den Goldenen Saal mit Zement zufüllen muss“, sagte er. Der Goldene Saal hatte einst als eine Art VIP-Raum für die Nazi-Größen während der großen Aufmärsche bei den NSDAP-Reichsparteitagen gedient.

Widerspruch ernteten die Referenten bei den Machern des Dokumentationszentrums Reichsparteitagegelände. Zentrums-Mitarbeiter Alexander Schmidt erinnert daran, dass das Reichsparteitags-Gelände samt der Nazi-Bauten ein Anziehungspunkt für Nürnberg-Besucher aus aller Welt sei. Deshalb halte er Überlegungen für einen Abriss der Gebäude für "absurd“, unterstrich er. Ein Mitarbeiter der Nürnberger Bauverwaltung berichtete, Experten überprüften derzeit die Bausubstanz der Zeppelintribüne. Danach sei an auf einer kleinen Fläche eine "Musterinstandsetzung“ geplant. "Damit wollen wir erst einmal nur zeigen, wie das aussieht“.

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