Stadt Bayreuth will durch Sport die Integration fördern

1.12.2013, 11:00 Uhr
Stadt Bayreuth will durch Sport die Integration fördern

© Kathrin Zeilmann/dpa

Es ist das erste Mal, dass Salima El Bali auf einem Fahrrad sitzt. Aber es klappt gut. Schon nach etwa einer Viertelstunde schafft es die 31-Jährige, die Balance zu halten. Wenig später dreht sie schon stolz ihre Runden auf dem Verkehrsübungsplatz Bayreuth. "Toll", ruft Alexandra Wolf ihr zu und applaudiert. Wolf ist Koordinatorin eines Projekts, das Frauen in schwierigen sozialen Lagen zum Sport animieren soll – Migrantinnen wie Salima El Bali können dabei beispielsweise radfahren oder schwimmen lernen.

Hartz-IV-Empfängerinnen können sich eine Yoga-Stunde gönnen, die sonst unerschwinglich für sie wäre. Alleinerziehende können sich beim Aerobic-Kurs eine Auszeit vom stressigen Familienalltag nehmen.

 "Es ist eine Erfolgsgeschichte", sagt Bayreuths Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe (Freie Wählervereinigung) über das Projekt, das im Februar 2011 gestartet ist.

"Sport unterstützt die Integration"

"Sport ist nicht nur gesundheitsfördernd, sondern unterstützt auch die Integration." Frauen aus anderen Ländern hätten häufig keine sozialen Kontakte in ihrer neuen Umgebung – der gemeinsame Sport helfe hier, neue Bekanntschaften zu schließen.

Frauen, die sich keinen Mitgliedsbeitrag im Fitnessstudio oder Sportverein leisten können, spreche das Projekt ebenso an. Denn die Gebühren für die Kurse seien minimal, betont Merk-Erbe: Etwa ein Euro pro Stunde. Die Übungsleiter arbeiteten für eine "sehr kleine Aufwandsentschädigung".

Manche Aktionen – wie etwa gemeinsame Wanderungen – könnten sogar kostenlos angeboten werden. Vereine und Organisationen spenden für das Projekt. Es binde die Frauen bereits bei der Erstellung des Kurs-Programms mit ein, sagt der städtische Integrationsbeauftragte Gerhard Eggert: "Wir fragen nach, was sie interessieren könnte." Alexandra Wolf lädt dann zum gemeinsamen Frühstücken ein, wo sich die Teilnehmerinnen austauschen, aber auch Probleme ansprechen können.

Denn gerade das Schwimmen sei für muslimische Frauen ein heikles Thema. Auch beim Radeln darf Unterrichtsleiter Heinrich Friedlein den Teilnehmerinnen nicht einfach spontan in den Sattel helfen. "Da muss man sensibel rangehen", sagt Friedlein. "Aber wir finden da immer Lösungen." Mögliche Sprachbarrieren bei den Kursen überwinden ehrenamtlich tätige Dolmetscher der türkisch-islamischen Gemeinde.

Verbesserung der physischen, psychischen und sozialen Situation

Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt von der Uni Erlangen-Nürnberg, die den Ansatz entwickelt hat, über den Sport Integration, Teilhabe und Gesundheitsförderung für Frauen zu ermöglichen, die sich in schwierigen Lebenslagen befinden. Durch den Sport soll sich die physische, psychische und soziale Situation der Frauen verbessern. Inzwischen haben auch andere Städte in Deutschland diesen Ansatz übernommen.

Salima El Bali ist in Marokko auf dem Land aufgewachsen – das Radfahren hat sie dort nie gelernt. Jetzt lebt sie seit sechs Jahren in Speichersdorf nahe Bayreuth. Im Integrationskurs ist sie mit dem Bayreuther Projekt in Kontakt gekommen und hat den Wunsch geäußert, schwimmen und radeln zu lernen. "Das Schwimmen war mir besonders wichtig, aber ich wusste ja nicht, wo ich das lernen könnte", erzählt sie. Oft sei sie schief angeschaut worden, wenn sie zugegeben habe, dass sie weder schwimmen noch radfahren konnte. In den Kursen aber sei das egal. "Die Leute hier sind sehr nett, das gibt auch Kraft. Man kann die Sachen ausprobieren.“

Fahrradtrainer Friedlein freut sich, dass Salima El Bali schon nach kurzer Zeit ohne Wackler auf dem Rad sitzt. Jetzt achtet er darauf, dass sie an den Kreuzungen Handzeichen gibt und die Verkehrsschilder beachtet. Wenn die Frauen auf dem Verkehrsübungsplatz sicher unterwegs sind, will er auch öffentliche Radwege mit ihnen benutzen und in die Innenstadt fahren – damit sie auch im Alltag durch die Stadt radeln können. "Das ist Integration in allen Bereichen", sagt er.

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