Steinmeier kommt - aber wann öffnet das LEZ in Fürth?

17.3.2018, 10:40 Uhr
Steinmeier kommt - aber wann öffnet das LEZ in Fürth?

© Foto: Hans-Joachim Winckler

1897 ist er geboren, dieser prominente Fürther – in jenem Wohn- und Geschäftshaus seiner Eltern, in dem ein Teil der künftigen Dauerausstellung zu sehen sein wird. Direkt gegenüber dem unübersehbaren Neubau, der in Fürth für heftige Debatten darüber sorgt, ob diese moderne Architektur gleich neben dem Rathaus gelungen ist (finden nur wenige) oder nicht (finden viele).


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Erhards Geburtshaus ist der Ausgangspunkt der Ausstellung, dort soll es um seine Jugend gehen und die frühen Jahre des späteren Wirtschaftsministers und Bundeskanzlers. Er war bei Kriegsende 48 Jahre alt, hatte also ein Vorleben vor seiner Rolle als Politiker. Und mit diesem Vorleben befasste sich kürzlich der in Bern lehrende Historiker Christian Gerlach bei einem Vortrag bei den Grünen in Fürth über Erhards Rolle in den Jahren des Nationalsozialismus.

"Ludwig Erhard war kein Nazi."

Fazit des Experten, der seine nun schon rund 20 Jahre alten Forschungsarbeiten zusammenfasste: "Ludwig Erhard war kein Nazi." Er war aber ein auch mit den Regierenden gut vernetzter Wissenschaftler und arbeitete für das "Institut für Wirtschaftsbeobachtung der deutschen Fertigware" in Nürnberg, das eng mit der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) verbunden war. 1942 gründete er sein eigenes "Institut für Industrieforschung".

Erhard brauchte Aufträge — und die bekam er in den Jahren des Nazi–Regimes mit seiner staatlich gelenkten Wirtschaft vor allem von dieser Staatswirtschaft. In von den Nationalsozialisten annektierten Gebieten (Elsaß, Polen) betrieb er Politikberatung, er schrieb auch eine Denkschrift über "Kriegsfinanzierung und Schuldenkonsolidierung", finanziell unterstützt von der "Reichsgruppe Industrie", dem Lobby-Verband der Wirtschaft im NS-Regime.

Historiker Gerlach sieht eine "relative Nähe zwischen Erhard und der NS-Politik", zitiert vor allem aus einem von Erhard verfassten, nur in Kurzform erhaltenen Gutachten über "Die Wirtschaft des neuen deutschen Ostraumes". Es ging darum, was mit der Wirtschaft in den annektierten westpolnischen Gebieten geschehen solle. Erhards empfahl eine Ansiedlung Deutscher (die damals dem Vorgehen des Regimes entsprechend stets mit der Enteignung von Polen verbunden war), riet aber auch zu einer besseren Bezahlung und Behandlung der Polen — auch aus wirtschaftlichen Gründen, um sie als Arbeiter und potenzielle Käufer zu gewinnen.

In seiner Denkschrift sind abwertende Äußerungen über Polen enthalten. "Aber der Rassenwahn der Nationalsozialisten fehlt völlig", sagt der Historiker Daniel Koerfer im Gespräch mit unserer Zeitung.

Koerfer ist wissenschaftlicher Kurator jener Ausstellung, die im LEZ gezeigt werden soll. Und er widerspricht Vermutungen, die manche nicht nur in Fürth hegen: Das Zentrum solle keine "Huldigungsstätte für Erhard" werden. "Es gibt da keinen Buddha mit Zigarren", sagt Koerfer, der seine Dissertation über den "Kampf uns Kanzleramt" schrieb — über die Endphase der Regentschaft Konrad Adenauers, als dieser unbedingt verhindern wollte, dass der seiner Ansicht nach unfähige Erhard sein (dann auch glückloser) Nachfolger wird.

"Es wird keinen Erhard auf dem goldenen Podium geben", sagt Evi Kurz, die Vorsitzende der Ludwig-Erhard-Initiative und treibende Kraft hinter dem LEZ. Auch Erhards Rolle in der NS-Zeit werde beleuchtet. Koerfer sagt, die Erkenntnisse Gerlachs fänden sich ähnlich auch im LEZ, wo buchstäblich (und auch ausstellungstechnisch) "nichts unter den Teppich gekehrt" werde.

Steinmeier kommt

Ursprünglich sollte das Haus Ende 2017 öffnen, nun ist von "Frühjahr" die Rede. Das endet am 20. Juni. Der bestens vernetzten Evi Kurz ist es gelungen, eine Zusage von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier für die Eröffnung zu bekommen, einen Termin aber gibt es noch nicht.

Gespannt auf das, was im LEZ zu sehen sein wird, sind viele. Geplant ist neben dem Biografischen zu Erhard auch eine Schau zur Wirtschaftsgeschichte der Ära und zur Sozialen Marktwirtschaft. Finanziert wird das LEZ, das mit über 17 Millionen fünf Millionen Euro teurer wird als geplant, weitgehend über Steuermittel von Bund und Freistaat; die Stadt Fürth ist mit rund 1,8 Millionen dabei. Großzügige Spenden vor allem der Wirtschaft kamen dazu.

Da sind Fragen nach der Art, wie Erhard dort präsentiert wird, durchaus erlaubt. Zumal renommierte Historiker im Begriff "Vater des Wirtschaftswunders" eine kaum haltbare Überhöhung Erhards sehen. Mal schauen, wie hoch der Sockel wird, auf den ihn das LEZ stellt.

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