Stromtrassen-Gegner empfangen Seehofer mit Pfiffen

1.3.2014, 04:54 Uhr
In Fürth nahm sich Horst Seehofer einige Minuten, um mit den Demonstranten zu reden.

© Edgar Pfrogner In Fürth nahm sich Horst Seehofer einige Minuten, um mit den Demonstranten zu reden.

Rund 100 Demonstranten protestierten Freitagmittag vor dem Markgrafensaal in Schwabach gegen die bayerische Energiepolitik. Seehofer sabotiere die Energiewende, weil er einerseits den Ausbau der Windenergie verhindere und gleichzeitig gegen den Netzausbau kämpfe, sagte der Sprecher des Kampagnennetzwerks "Campact", das zu dem Protest aufgerufen hatte. Seehofer ließ sich von den Buh-Rufen und Pfiffen jedoch nicht beeindrucken.

Im Saal begrüßte er die CSU-Kommunalpolitiker mit Blick auf die kommenden Wahlen am 16. März "zur Eröffnung der heißen Phase des Faschings" und betonte, wie wichtig die Kommunen für Bayern sind: "Sie sind das Fundament des Staates." Bei der angestrebten Reform des kommunalen Finanzausgleichs sollen deshalb auch strukturschwache Kommunen mehr Geld erhalten. "Wir wollen das Verhältnis zwischen stark und schwach austarieren."

Ländliche Regionen attraktiver machen

Gleichzeitig will Seehofer die ländlichen Regionen für junge Menschen attraktiver machen, um ihren Wegzug aus diesen Gegenden in die ohnehin schon überfüllten Ballungsräume zu verhindern. Der Breitbandausbau sowie der schon erfolgte Umzug des Statistischen Landesamtes von München nach Fürth und die Eröffnung des Heimatministeriums in Nürnberg sollen dabei helfen. Eine Kürzung der Lehrerstellen, kündigte der Ministerpräsident an, werde es mit ihm ebenfalls nicht geben: "Das gilt für meine gesamte Legislaturperiode."

Mit Blick auf die Demonstranten betonte Seehofer, dass er die erneuerbaren Energien massiv ausbauen wolle: "Ein Drittel des bayerischen Stromverbrauchs stammt aus erneuerbaren Energien. Der Bund strebt das für 2020 an - wir sind ihm also sechs Jahre voraus!" Allerdings müsse man angesichts der "galoppierenden Strompreise" sicherstellen, dass der Ausbau der Energiewende nicht zu Lasten von Arbeitsplätzen und Verbrauchern auf den Weg gebracht werde.

Prüfen, ob Leitungen ausreichen

Die viel diskutierte Stromautobahn, die der Netzbetreiber Amprion bauen will, stellt der Ministerpräsident ebenfalls auf den Prüfstand. "Die Vermutungen verdichten sich, dass über die Trasse Kohlestrom transportiert werden soll", sagte Seehofer. "Aber wir sind nicht aus der Atomkraft ausgestiegen, um in Kohle einzusteigen." Vielmehr solle geprüft werden, ob für den Transport des durch Windenergie gewonnenen Stromes aus dem Norden in den Süden die bestehenden Leitungen, in die derzeit noch Strom aus den Atommeilern eingespeist werde, nicht ausreichten.

Wie in Schwabach, so sieht Horst Seehofer auch in Fürth zuerst Protestschilder, bevor er Wahlkampfhilfe leisten kann. Dem "Trassenwahn" und der Braunkohle haben die Demonstranten auch vor der Grünen Halle im Fürther Südstadtpark den Kampf angesagt, wo der CSU-Kandidat für das Oberbürgermeisteramt, Dietmar Helm, auf die Unterstützung seines Parteichefs baute. Helm kandidiert gegen SPD-OB Thomas Jung, der vor sechs Jahren mit knapp über 80 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt wurde.

Lob im Überschwang

Und der 45-jährige Landwirt aus Burgfarrnbach geht die Aufgabe mit gemäßigter Attacke an. Er kritisiert, dass Jung und die im Stadtrat maßgebliche SPD immer noch zu wenig Geld für die Sanierung der Fürther Schulen zur Verfügung stelle; und verspricht, falls er tatsächlich gewählt wird, wieder mehr Geld für freiwillige Leistungen und für die Ehrenamtlichen aufzuwenden. Als allererstes, so Helm, will er die Ehrenamtskarte in Fürth einführen. "Mit dieser Karte erhalten Ehrenamtliche in vielen Städten Bayerns Vergünstigungen, nur nicht in Fürth. Das wird sich ändern", betont Dietmar Helm.

Seehofer lobte die Seinen nach Kräften. Markus Söder, den manchmal "hyperaktiven" Finanzminister aus Nürnberg; den neuen Bundesminister Christian Schmidt aus Fürth; den Fürther Landrat Matthias Dießl, der seine Arbeit "vorzüglich, ausgezeichnet, hervorragend" mache; und auch Dietmar Helm sei ein Kandidat, "der ganz nach meinem Geschmack ist", sachlich und kompetent, was für den politischen Wettbewerb sehr gut sei.

Seehofer: "Bin Initiator der Energiewende"

Da nickte sogar OB Jung, der bei der politischen Konkurrenz interessiert zuhörte. Seehofer pries das "starke Bayern", das überall, wo er hinkomme, anerkannt werde, selbst in Berlin, wo der Regierende SPD-Bürgermeister Klaus Wowereit ihn schon als "meinen Sponsor" begrüße. Und er hatte auch noch ein paar Sätze für die "Trassenwahn"-Demonstranten übrig: "Ich bin ein Initiator der Energiewende", die andere sei die Bundeskanzlerin, wissend um die Probleme. Keine große Idee ohne Probleme, so Seehofer.

Aber: es wird keine Rückkehr zur Atomkraft in Bayern geben; alle erneuerbaren Energien werden ausgebaut - im Dialog mit der Bevölkerung, betonte der Ministerpräsident. Die Frage, ob es neue Stromtrassen überhaupt brauche, sei für ihn noch nicht beantwortet. Und Seehofer kündigt an: "Wir wissen, wie man sowas verhindert." Da klatschten sogar die, die bislang noch dazwischenriefen.

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