Supermarktchef überfiel die eigenen Läden

8.4.2014, 09:02 Uhr

Am 19. Januar 2008 versteckte er sich in einem Supermarkt in Lauf an der Pegnitz. Gegen 19.55 Uhr, kurz vor Geschäftsschluss, drehte eine Verkäuferin ihre letzte Runde. Sie bat die letzten Kunden zur Kasse und sperrte ab. Zehn Minuten später blickte sie in den Lauf eines Revolvers.

Der Täter trug einen blauen Overall mit Kapuze, dazu eine orangefarbene Skibrille. Er sprach kein Wort.  Heute ist klar: Er hatte versucht, jedes Risiko zu vermeiden und wollte nicht an seiner Stimme erkannt werden. Denn es war der Ex-Marktleiter, der mit dem Revolver drohte und mit 17.000 Euro Tageseinnahmen entkam.

70.000 Euro in der Kasse

Am 18. April 2009 schlug er in einem Verbrauchermarkt in Neustadt an der Aisch zu. Wieder war er maskiert, wieder versteckte er sich nach Ladenschluss im Geschäft, wieder drohte er mit einem Revolver. Doch diesmal versuchte er, die Verkäuferin mit ein paar knappen Sätzen einzuschüchtern – sie schrie so laut, dass er flüchtete. Damals befanden sich 70.000 Euro in der Kasse, er erbeutete nicht einen Cent. Jahrelang blieb der Täter unerkannt und die Akte unerledigt.

Doch im August 2013 wurde Rainer S. (Name geändert) plötzlich verhaftet - denn bei der Polizeiinspektion Schwabach ging ein Hinweis ein. Der Tipp kam von einer Vertrauensperson der Ermittler.

Doch was den Hinweisgeber trieb, den ehemaligen Marktleiter als Verdächtigen zu nennen, woher dessen Kenntnisse stammten - zu all diesen Fragen sagt der ermittelnde Beamte aus polizeitaktischen Gründen vor Gericht kein Wort.

DNA-Spuren am Revolver

Die Strafverteidiger Thomas Dolmány und Michael Löwe halten die Aussage des Polizisten deshalb nicht für verwertbar. Sie beanstanden, jedoch vergeblich, dass sie den Polizisten kaum befragen konnten: „Kaum haben wir eine Frage gestellt, die ihm nicht gepasst hat, hieß es, er habe keine Aussagegenehmigung“, wettert Rechtsanwalt Dolmány.

Der Angeklagte Rainer S. bestreitet die Vorwürfe. Während des mehrtägigen Prozesses lag ein Ordner vor ihm auf dem Tisch, in großen roten Buchstaben hatte er „innocent“ (englisch für unschuldig) auf dessen Deckel geschrieben. Doch auf einen Freispruch hoffte er vergeblich - die 16. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth folgt in ihrem Urteil Anklägerin Alexandra Armbrüster und spricht S. schuldig.

Fadenscheinige Ausflüchte

In ihrem Plädoyer reiht die Staatsanwältin Indizien an Indizien – und am Ende ist die Beweiskette lückenlos: Nach den Überfällen hatte der Räuber jedesmal den Overall und den Revolver – nur wenige Meter vom Tatort entfernt - weggeworfen.

Auf diesen Waffen fanden sich auch DNA-Spuren des Angeklagten. Dessen Erklärung, dass er unschuldig sei, aber mit diesen Revolvern früher einmal bei anderer Gelegenheit geschossen habe, den wahren Täter kenne, aber aus Angst nicht verraten wolle, überzeugte die Richter nicht.

Akzent verriet den Täter

Ein weiteres Puzzle-Teil kam von den überfallenen Verkäuferinnen selbst: Der Räuber hatte interne Kenntnisse, so die Frauen. Er kannte den hinter einer Wand verborgenen Standort des Tresors. Auch kannte er den Schreibtisch, an dem die Tageseinnahmen gezählt werden. Und am Ende flüchtete er durch den versteckt liegenden Ein- und Ausgang für das Personal - die einzige Tür ohne Alarmanlage.

Auch sein russischer Akzent blieb einer Verkäuferin im Gedächtnis. Dazu kommt ein handfestes Motiv: Rainer S. hatte kurz vor den Taten den Offenbarungseid geleistet. Doch plötzlich war er wieder flüssig und gönnte sich eine Urlaubsreise.

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