Tierschützer schlagen Alarm: Giftköder-Jagd auf Greifvögel

10.4.2015, 06:00 Uhr
Der Habicht ist zwar Vogel des Jahres - vor brutalen Giftködern schützen kann das ihn aber nicht.

© dpa Der Habicht ist zwar Vogel des Jahres - vor brutalen Giftködern schützen kann das ihn aber nicht.

Andreas von Lindeiner traute seinen Augen kaum, als er die Fotos sah: In einem Baum hatte ein skrupelloser Vogelgegner eine Sense mit der Klinge nach oben aufgehängt. "Wenn ein Greifvogel darauf landet, schneidet er sich die Füße auf und kann nie wieder jagen", meint der Artenschutz-Experte des LBV.

Er kennt viele solcher Fälle. Vor kurzem erst wurde in einer Garage im Landkreis Forchheim ein totes Sperberweibchen gefunden, noch gefangen in der Schlagfalle, die sie das Leben gekostet hatte. Drei Tellereisen waren dort aufgebaut, um Greifvögel zu erwischen.

"Es lässt einen sprachlos, welcher Hass da bei manchen Leuten herrscht", sagt von Lindeiner. "Das resultiert aus einem völlig falsch verstandenen Naturverständnis“, ist er überzeugt. Einem Naturverständnis, dem nicht nur Greifvögel zum Opfer fallen: Der LBV-Experte zählt den Kormoran auf, der 2014 im Chiemsee gekreuzigt wurde, die Fischotter, die im Bayerischen Wald illegal gejagt werden, oder die Kreuzottern, die 2013 in Nürnberg am Main-Donau-Kanal erschlagen wurden.

Bereits mehr als 1100 Tiere bereits tot

Deshalb fordert der LBV für Bayern eine Stabsstelle für Umweltkriminalität, wie es sie in Nordrhein-Westfalen schon gibt. „Die Polizisten sind in solchen Fällen überfordert. Sie hatten meist noch nie mit so etwas zu tun und wissen nicht, wie sie ermitteln sollen“, meint von Lindeiner.

Besonders alarmierend ist für ihn die Situation bei den Greifvögeln. Fast 700 Fälle mit über 1100 toten Tieren sind in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland bekanntgeworden — die Dunkelziffer dürfte ein Vielfaches davon betragen.

Die Zahl der Rebhühner ist in den vergangenen 20 Jahren um 80 Prozent zurückgegangen, die der Kaninchen fast ebenso stark. Viele machen den Habicht verantwortlich.

"Töten von Greifvögeln ist kein Kavaliersdelikt"

Der habe damit aber rein gar nichts zu tun, meint Andreas von Lindeiner: "Die Tiere verschwinden, weil wir massive Strukturverluste in der Landschaft haben. Ackersäume, Grabenränder und kleine Feldgehölze sind im großen Stil verschwunden.“ Die Habicht-Population sei ja auch keineswegs gewachsen. Sie liegt relativ stabil bei 2500 Brutpaaren in Bayern. 4000 bis 6000 Brutpaare gibt es bei den Sperbern — weil diese aber nur kleine Vögel bis zur Amselgröße jagen, gibt es kaum Probleme.

Dass Nabu und LBV den Habicht zum Vogel des Jahres 2015 gekürt haben, ist sicher eine unpopuläre Wahl, aber eben eine, die mit Bedacht getroffen wurde. "Das Töten von Greifvögeln ist kein Kavaliersdelikt", betont von Lindeiner. Bis zu fünf Jahren Gefängnis drohen für eine solche Straftat.

Um die illegale Verfolgung von Greifvögeln zu stoppen, haben LBV und Nabu nun eine Online-Petition gestartet, die man bis Ende des Jahres unter unterzeichnen kann.

Köder nicht anfassen!

Immer wieder werden vergiftete Fleischköder sichergestellt, neben denen verendete Vögel liegen. 2013 erwischte es auf einem Acker bei Freystadt (Kreis Neumarkt) einen Rotmilan und zwei Mäusebussarde, in Ostheim vor der Rhön kam es im selben Jahr zu einem wahren Serienmord: Neun Rotmilane, ein Schwarzmilan und fünf Mäusebussarde wurden vergiftet, dazu noch sechs Füchse und zwei Steinmarder.

Das Gift, mit dem die als Köder dienenden Schlachtabfälle versetzt werden, wirkt oft so schnell, dass die Tiere direkt daneben verenden. Viele eingesetzte Stoffe sind Kontaktgifte, wirken also auch direkt über die Haut. Deshalb sollten Spaziergänger Köder und Tiere auf keinen Fall anfassen, warnt von Lindeiner.

"Ein Foto zur Dokumentation wäre aber sehr wichtig", betont er. Schließlich könnten die Beweise später verschwunden sein. Findet man einen Köder, sollte man sofort die Polizei oder das Veterinäramt verständigen.

Dass die Greifvogel-Population in Bayern oft überschätzt wird, liegt zum Teil auch an deren Verhalten, meint von Lindeiner: „Bussarde sitzen gerne neben vielbefahrenen Straßen, weil da öfter Mäuse oder Hasen überfahren werden und sie so leicht an Beute kommen.“ Tatsächlich gibt es bei Mäusebussarden aber nur zwischen 12.000 und 19.500 Brutpaaren.

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