Vom SV Nennslingen an die Taekwondo-Weltspitze

25.10.2018, 09:02 Uhr
Vom SV Nennslingen an die Taekwondo-Weltspitze

© Uwe Mühling

Der Zeitpunkt für den Ehrungsabend war bewusst gewählt: Nur wenige Tage nach der Rückkehr von Vanessa Beckstein von den Olympischen Jugendspielen in Buenos Aires luden der Sportverein und die Gemeinde Nennslingen zur Feierstunde ins Sportheim. Dort waren neben Bürgermeister Günter Obermeyer, einem Großteil des Marktgemeinderats und vielen Vereinsmitgliedern (vor allem aus der Taekwondo-Sparte) auch etliche Gäste von außerhalb gekommen. Allen voran konnte SVN-Vorsitzender Fritz Kirchdorffer den Präsidenten der Bayerischen Taekwondo-Union (BTU), Gerd Kohlhofer, und dessen „Vize“ Hasim Calik begrüßen. Auch die Kreisvorsitzende des Bayerischen Landessportverbandes (BLSV), Brigitte Brand, sowie Landrat Gerhard Wägemann waren dabei.

Mittelfränkischer Sportpreis

Der Landkreischef hatte bereits vor einigen Tagen die Laudatio für Vanessa Beckstein gehalten, als in Ansbach der „Sportpreis Mittelfranken“ vergeben wurde. Weil Vanessa zu diesem Zeitpunkt noch mit dem deutschen Team bei Olympia in Argentinien weilte, nahmen ihre Eltern Marika und Ernst die Ehrung in der Kategorie „Sportliche Leistung unter 18 Jahren“ entgegen. Inzwischen haben sie die Auszeichnung an ihre Tochter weitergegeben.

Wägemann hatte in Ansbach neben den deutschen Meistertiteln, zwei Siegen bei der Europameisterschaft und zwei dritten Plätzen bei der Weltmeisterschaft vor allem Vanessas Qualifikation für die „Olympic Youth Games“ in Argentinien herausgestellt. Hier war die 17-jährige Nennslingerin als einzige deutsche Taekwondo-Athletin qualifiziert, schied dann allerdings im Viertelfinale etwas unglücklich aus (wir berichteten ausführlich). Dennoch war es ein großer Erfolg, überhaupt in Buenos Aires dabei zu sein, und Vanessa schwärmt rückblickend von den tollen Erlebnissen rund um die Wettkämpfe und freut sich, dass sie es überhaupt zu einem solchen „Riesenturnier“ geschafft hat.

Zusammen mit ihrer älteren Schwester Isabel (19), die national und international ebenfalls viele Titel und Spitzenplätze geholt hat, und ihrem langjährigen Vereinstrainer Horst Scholz bilde die Olympionikin „ein harmonisches Team“, wie Wägemann sagte. „Beide Mädels zeigen sportliche Leistungen auf höchstem Niveau.“ Einen großen Anteil an den Erfolgen habe Horst Scholz, der „seit vielen Jahren eminent viel Zeit und Ehrgeiz sowie hohes persönliches Engagement in die beiden Talente und in die Taekwondo-Abteilung des SV Nennslingen investiert“.

Neben dem mittelfränkischen Sportpreis gab es für Vanessa Beckstein auch den selten vergebenen „Ehrenpreis des BTU-Präsidenten“ aus den Händen von Gerd Kohlhofer. Auch er stellte neben den Leistungen der Olympiateilnehmerin die „super Unterstützung“ durch deren Schwester Isabel heraus. „Es ist von beiden eine Riesenleistung“, sagte Kohlhofer. Und weiter: „Ihr habt einen Toptrainer, gerade in den kleineren Vereinen wird hervorragende Arbeit geleistet.“ Insofern lag es nahe, dass Horst Scholz ebenfalls den „Ehrenpreis des BTU-Präsidenten“ erhielt.

Mehr noch: Für seine 40-jährige Tätigkeit als Taekwondotrainer in Nennslingen sowie fast 30 Jahre als Abteilungsleiter bekam Scholz die BLSV-Verdienstnadel in Gold mit Brillant von der Kreisvorsitzenden Brigitte Brand verliehen. Für seine Ehefrau Theresia gab es Blumen vom Verein und ebenfalls ein herzliches Dankeschön. Brigitte Brand gratulierte den beiden Sportlerinnen sowie dem langjährigen Coach zu den „tollen Leistungen“.

Auch Bürgermeister Günter Obermeyer fand viele lobende Worte, erinnerte an diverse Einträge ins „Goldene Buch“ der Marktgemeinde und freute sich, dass die zwei Mädels trotz aller Erfolge „einfach geblieben sind“ und ihre Wurzeln eindeutig in Nennslingen haben. Sie unterstützen Horst Scholz im Taekwondo-Training, sind bei den „Wild Dancers“ ebenso engagiert wie bei der Evangelischen Landjugend. Gleichzeitig tragen sie den Namen Nennslingen in positivem Sinne weit hinaus.

Horst Scholz zeichnete den Weg seiner beiden Toptalente von den „Kampfzwergen“ hin zur Weltspitze nach und hatte dazu auch einige Videos von den Fights der zwei Ausnahmeathletinnen mitgebracht. 2006 fing Isabel an, zwei Jahre später folgte Vanessa. Dass die beiden Schwestern mit ihrem Trainer zusammenkamen, bezeichnete Scholz als „Glückstreffer“. Wichtig war auch, dass der SVN 2007 beschloss, wieder Turniere zu besuchen. Ziel damals: die Teilnahme an der Bayerischen Meisterschaft. Dass es gut zehn Jahre später neben nationalen Meisterschaften auch internationale Turniere und sogar die Olympischen Jugendspiele geworden sind, ist eine sportliche Erfolgsgeschichte, die ihresgleichen sucht.

Vorbild und Krönung

Vorstand Fritz Kirchdorffer brachte es auf den Punkt: „Wir reiben uns noch immer verwundert die Augen, aber hier haben Trainer, Sportlerinnen, Familie und Verein einfach zusammengepasst.“ Die beiden jungen Damen wirken, so Kirchdorffer, „positiv als Vorbild, übernehmen Verantwortung und unterstützen den Abteilungsleiter“. Für den 70-jährigen Scholz, der in Gersdorf lebt, seien die Erfolge der vergangenen zehn Jahre die „Krönung“ seiner Tätigkeit.

Stichwort Familie: Bei ihren Eltern und ihrem jüngeren Bruder Matthias bedankten sich Vanessa und Isabel Beckstein ebenso herzlich wie bei ihrem Trainer Horst Scholz, „der uns geholfen hat, unseren Traum zu erfüllen“, bei allen Unterstützern, beim SV Nennslingen und seiner Taekwondo-Sparte, bei Gemeinde, Landrat, Verband und auch bei den Freunden für das Verständnis sowie nicht zuletzt für die Geschenke und Auszeichnungen an dem Abend.

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