Biker im Stadtwald

19.7.2018, 06:07 Uhr
Biker im Stadtwald

© Pixabay

Wer mit aufmerksamen Augen durch die Wälder spaziert, sieht sie: schmale, ausgefahrene Rinnen. Mitten durch den Wald, Hügel hinab, Gräben hinauf, über Stock und Stein. Mountainbike-Trails. Unter den aktiven Fahrern werden die Informationen, wo gerade ein neuer entstanden ist, von Mund zu Mund weitergeben. Zum Verdruss der Förster wird mitunter sogar Material im Wald verbaut, um Sprünge oder Steilkurven zu modellieren. Meist ein Wettrennen zwischen Bikern und Förstern. Der eine baut, der andere macht es kaputt, dann beginnt die nächste Runde.

Es herrscht nicht gerade Krieg im Wald, aber die Stimmung ist gereizt. Andernorts haben Jäger schon mal Drähte über Trails gespannt, um Biker aus ihrem Revier zu verjagen. Schwere Straftaten einiger weniger, aber doch Beleg dafür, wie groß die Wut der traditionellen Waldnutzer mitunter ist.  Im Weißenburger Land bleibt es bislang beim Murren. Aber: Die Strecken nehmen zu. Wülzburg, Steinerne Rinne, Römerbrunnen, Bergwaldtheater, Jakobsruh . . . Tendenz steigend.

Der Biker wird skeptisch beäugt

Inzwischen tauchen erste Verbotsschilder auf. Vom Altmühltal-Panoramaweg hat man die Biker bereits ausgesperrt. Zu hartnäckig waren die Beschwerden der Wanderer, die sich den schmalen Höhenweg nicht mit den Bikern teilen wollten. Touristiker und Gemeinden schlugen sich auf ihre Seite: Der Wanderer ist ein anerkannter Urlaubsgast, der Biker wird von offiziellen Stellen eher als Störenfried gesehen. Anders als in Österreich, wo man die Biker längst als das erkennt, was sie sind: ein touristischer Zukunftsbereich mit ausgesprochen zahlungskräftiger Klientel.

Biker im Stadtwald

© Jan Stephan

Ob auch Altmühlfranken, zwischen Naturpark Altmühltal und Fränkischem Seenland bald den Mountainbike-Tourismus für sich entdeckt, das  können auch Tanja Brunnhuber und Tobias Krause noch nicht sagen. Die beiden sind Teil der Fachfirma ARGE Mountainbike und gerade dabei, die Machbarkeitsstudie für Altmühlfranken und das angrenzende Ries zu erarbeiten. Sie haben als Bike-Experten eine beachtliche Referenzliste vorzuweisen. Tourismusgebiete wie Südtirol, das Trentino, der Chiemgau oder die Zugspitz-Region gehören zu ihren Kunden.

Sie kennen die Konfliktlinien zwischen der Mountainbike-Szene und den nicht eingeweihten Rest der Welt. Bei der Pressekonferenz mit Cappuccino in der neu eröffneten Talstation Heumöderntal bei Treuchtlingen  sind die beiden deshalb auch haupt­beruflich bemüht, Missverständnisse zu vermeiden. Nein, der Mountainbike-Fahrer „brettere“ nicht den Berg hinab, „Todes-Trail“ sei kein schöner Begriff für eine besonders steile Strecke und die verwegene Downhill-Gemeinde ohnehin nur ein Bruchteil der Szene. Der Sport habe vielmehr auch das Zeug zum neuen Familien- und Rentner-Hobby, sei wunderbar gesundheitsfördernd und umweltverträglich. Zumindest dann, wenn man das Angebot richtig plane. Und genau das sei hier in Altmühlfranken ihr Job.

Die beiden sind die Folge eines vom Weißenburger Radsportverein RC Germania initiierten Leader-Projekts. Bereits seit einem Dreivierteljahr sind sie in der Region unterwegs, sichten Trails, sprechen mit Bikern, Sportvereinen, gewerblichen Anbietern, der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt und vor allem mit den Gemeinden, die Teil des Projekts sind. Dazu zählen Weißenburg, Treuchtlingen, Gunzenhausen, Pleinfeld, Ellingen, Pappenheim, Solnhofen, Monheim und Wemding.

Ihr erster Eindruck: „Man hat hier sehr, sehr gute Möglichkeiten. Die Topografie ist super“, stellt Tobias Krause fest. Denn zum Mountainbiken braucht es nicht unbedingt Berge, ausreichend viele Hügel tun es auch. Und da braucht sich Altmühlfranken und Umgebung mit Jura, Alb, Hahnenkamm oder Wülzburg nun wahrlich nicht verstecken.  „Die Frage ist, was die Gemeinden genau wollen“, stellt Tanja Brunnhuber fest. Im Herbst werden die beiden Planer eine Übersicht präsentieren, was machbar und sinnvoll ist. Dann sind die Gemeinden am Zug.

Es kann Gemeinden geben, die eine touristische Nutzung mit Wertschöpfung wollen und deswegen ein starkes Angebot, erklärt Brunnhuber. Es kann Gemeinden geben, die vor allem daran interessiert sind, durch die neuen Angebote dafür zu sorgen, dass die Biker nicht mehr wild durch den Wald fahren. Es kann Gemeinden geben, denen es vor allem darum geht, den Vereinen, Jugendlichen und Sportlern vor Ort etwas zu bieten.

Träger sind die Vereine

Diese Wünsche werden mit den vorhandenen und möglichen Potenzialen abgeglichen und zu einem Plan ausgearbeitet. Das Konzept soll nicht nur festlegen, wo welche Strecken laufen, sondern auch von wem sie dauerhaft betrieben und gepflegt werden. Als Träger solcher Strecken sind Vereine wie der RC Germania oder der UFC Ellingen, auch Gemeinden und Tourismusverbände, aber auch gewerbliche Anbieter vorstellbar.

Im ersten Schritt geht es bei dem Wegenetz darum, dass man einzelne Hotspots verbindet. Zum Beispiel die neuen und offiziellen Trails im Heumöderntal mit Trails in Weißenburg, die in Zusammenarbeit mit der Stadt als offiziell anerkannt werden, oder die bestehende Pumptrack-Bahn des UFC in Ellingen . . . Zusätzlich arbeiten die Planer auch Konzepte aus, wo neue Strecken entstehen können. Wichtig sei dabei vor allem, dass sie für eine breite Klientel nutzbar seien. Brunnhuber: „Das ist wie beim Skifahren. Man braucht vor allem rote und blaue Pisten.“ Für ambitionierte  Sportler soll es auch einige besonders anspruchsvolle Strecken geben.

Das Konzept mit konkreten Vorschlägen soll im Lauf des kommenden Jahres fertig sein. Dann muss man sich in der Region Gedanken um die Umsetzung machen. „Da würden wir natürlich auch wieder gerne helfen“, sagt Brunnhuber. Touristisch ist die Mountainbike-Branche hoch interessant. In Österreichs Skigebieten sind die Radler im Umfeld von Bikeparks bereits der Sommerersatz für die Skifahrer geworden. Tourismusstudien weisen sie als besonders zahlungskräftiges Klientel aus. Kein Wunder, manches Rad hat den Preis eines halben Kleinwagens. Nachdem die Elektro-Welle auch im Mountainbike-Bereich aufgeschlagen ist, hat sich die Zielgruppe erheblich ausgeweitet.

Altmühlfranken als Mountainbike-Destination für den Wochenendausflügler aus den Ballungsräumen? „Möglich ist das, aber das entscheiden nicht wir, sondern die Gemeinden und Akteure vor Ort“, sagt Brunnhuber. Der Herbst wird in dieser Hinsicht auf alle Fälle spannend.    

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