Der Kamin bleibt erstmal stehen

22.3.2011, 07:57 Uhr
Der Kamin bleibt erstmal stehen

© Steiner

Bereits am Sonntagabend waren bei einer kurzfristig einberufenen Versammlung rund 50 Bürger vor Ort und haben mit Bürgermeister Manfred Schuster und den Raiba-Vorstandsmitgliedern Werner Seegmüller und Wilfried Wiedemann heftig diskutiert. Offensichtlich mit Erfolg. Denn inzwischen steht fest: Der Schornstein kann erst einmal stehen bleiben. Der Abriss, der für den gestrigen Vormittag geplant war, wurde ausgesetzt, bis ein erneutes Gutachten Klarheit schafft, wie marode der Kamin wirklich ist. Ein Moratorium wie bei der Kernkraft, wenn man so möchte. Und noch eine Parallele zur großen Politik zeigt sich in dem Alesheimer Ortsteil. Die Bürger sind vor allem deshalb verärgert, weil sie sich übergangen fühlen. Durch das Dorf weht auch ein wenig der Hauch von Stuttgart 21.

„Wir sind nicht unmündig“

„Wir sind doch keine unmündigen Kinder, die vor vollendete Tatsachen gestellt werden“, erregt sich eine der acht Damen, die für den ganzenVormittag eine Art Hausfrauenwache auf die Beine gestellt haben, um zu verhindern, dass der Kamin einfach platt gemacht wird. „Hier geht es nicht um einen Parkplatz, sondern um unser Wahrzeichen“, erklärt Claudia Stichauer die Gründe, warum die Debatte in Trommetsheim so emotional geführt wird. Und noch etwas führt in dem Ort zu Unmut, wie einer der drei Männer, die mit Wache halten, erklärt: „Warum haben die das nicht schon alles im Herbst geprüft, als der Storch nicht da war?“

Inzwischen steht fest: erst einmal wird gar nichts gemacht an dem Kamin, erklärte Raiba-Vorstandsmitglied Wiedemann gegenüber unserer Zeitung. Gemeinsam mit dem Landesbund für Vogelschutz (LBV), den Bürgern und der Gemeinde soll ein weiteres Gutachten in Auftrag gegeben werden,

das klären soll, ob die Sanierung vielleicht doch kostengünstiger zu machen ist, und ob der 15 Meter hohe Schlot wirklich akut einsturzgefährdet ist. Denn auch das wird überdeutlich in Trommetsheim: die Bürger hängen nicht nur an ihren Störchen, sondern auch an ihrem Wahrzeichen.

Das hat auch Bankvorstand Wiedemann längst erkannt: „Wir haben großes Interesse an der Sanierung, am Ende muss ich aber in der Vertreterversammlung der Raiba die Entscheidung auch finanziell rechtfertigen.“

Eine erste Kostenschätzung von 150.0000 bis 200.000 Euro für einen Neubau steht im Raum (wir berichteten). Das wäre auch den Trommetsheimern zu viel. Zumal sie überzeugt sind: die Sanierung des Kamins wäre auch wesentlich günstiger zu haben. „Wir würden alle mithelfen, viel in Eigenregie machen und auch Spenden sammeln“, versichert eine Dame.

Was wäre, wenn auch das zweite Gutachten bestätigen würde, dass der Kamin nicht mehr repariert werden kann? „Dann bauen wir eben einen neuen!“, gibt sich eine andere Storchenfreundin kämpferisch.

Wie ernst es den Damen ist, zeigt sich, wenn man den schlimmsten Fall skizziert. Was wäre passiert, wenn die Baufirma gestern wirklich mit dem Abbruch begonnen hätte? „Dann hätten wir uns notfalls angekettet oder eine Sitzblockade gemacht, um das zu verhindern!“, sagt Claudia Stichauer. Die anderen Damen nicken zustimmend. Man merkt, wenn es um ihren Storch geht, dann kennen sie keinen Spaß.

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