Der neue "Messias" kommt aus Weißenburg

15.9.2017, 09:44 Uhr
Der neue

© WT-Archiv

Er versteht sich als neuer Gottessohn und behauptet, dass ihm von 1996 bis 1999 Gott erschienen ist und ihm die ultimative Weisheit offenbart hat. Dass der Workshop in einem Gebäude der Stadt Weißenburg stattfand, sieht etwa der Beauftragte für Sekten- und Weltanschauungsfragen der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern kritisch.

Es war ein buntes Völkchen, dass sich diese Woche für zwei Tage im und vor dem Wildbadsaal in Weißenburg versammelt hatte. Etwa 50 Interessierte aus dem ganzen deutschsprachigen Raum waren nach Weißenburg gekommen, um den Offenbarungen eines  knapp 60-Jährigen zu lauschen, der in Weißenburg aufgewachsen ist und nun in Ellingen lebt.

Er nimmt für sich in Anspruch, die neue göttliche Lehre zu verbreiten, die die einzig echte Wahrheit auf Erden darstellt und ihr „alle religiösen
und naturwisenschaftlichen Wissens- und Wahrnehmungselemente“ widerspruchslos zusammenführt. Seine mittlerweile acht Bücher sieht er als neue Offenbarung Gottes. In einem dieser Bände lässt er Gott über seinen neuen Menschensohn sa­gen: „Würden sich in Deiner Welt alle Gelehrten zusammentun, besäßen sie nicht annähernd seine Weisheit.“

Tausende Klicks im Netz

Es handle sich bei der Holo-Feeling-Bewegung nicht um eine Sekte, stellte Dr. Mathias Pöhlmann, der Beuaftrag­te für Sekten- und Weltanschauungsfragen der evangelischen Kirche in Bayern, auf Anfrage unserer Zeitung fest. Es gebe keine festen Strukturen und offenbar auch kein finanzielles Interesse. Laut Pöhlmann habe sich um den knapp 60-jährigen Ellinger aber eine Art „Leser- und Hörerkult“ gebildet.

Er selbst tritt regelmäßig in der Region, aber auch außerhalb auf. Regelmäßige Treffen in Ellingen sowie Vorträge in Pleinfeld, Fiegenstall und nun auch Weißenburg sind bekannt. Seine zahlreichen Videos im Internet bringen es immerhin jeweils auf mehrere Tausend Klicks und eine Lehre wird in verschiedenen Esoterik-Foren breit diskutiert.

Dass ihm nun die Stadt Weißenburg ein öffentliches Gebäude für seine Weltanschauung zur Verfügung stellt, sieht Kirchenrat Pöhlmann kritisch. „Das halte ich für sehr schwierig, klar, wir haben Religionsfreiheit, aber man muss immer überlegen, wem man da Tür und Tor öffnet. Damit ist immer auch ein Prestigegewinn für die Gruppen verbunden.“

Heiko Stefke, Rechtsdirektor der Stadt Weißenburg, weist die Kritik seitens der Kirche zurück. „Wir müssen alle gleich behandeln, und solange es keinen verfassungsfeindlichen oder kriminellen Hintergrund gibt, vermieten wir die öffentlichen Räume, wenn es eine Anfrage gibt.“ Alles andere sei eine Frage des Geschmacks, und die dürfe eine Stadt oder ein Mitarbeiter der Verwaltung nicht einfach nach persönlichem Gusto beantworten.

Das Holo-Feeling-Gedankengebäude sei „auf jeden Fall ein Angebot mit Risiken und Nebenwirkungen“, stellt Pöhlmann allerdings fest. „Es geht darum, was manche aus diesen Offenbarungen machen und wie sie auf sie wirken.“ Immerhin verspricht der „Menschensohn“ eine Lösung für alle Probleme und stellt fest, dass seine Sicht der Dinge die einzig richtige ist. Ins Himmelreich könne man somit nur gelangen, wenn man seiner Offenbarung folge.

Gottessohn aus Mittelfranken

Die Lehren des neuen „Messias“ sind ebenso krude wie umfassend und durchaus gelehrt. Der gelernte Elektriker hantiert mit philosophischen, naturwissenschaftlichen, judaistischen, mythologischen oder linguistischen Ansätzen und verknetet sie zu einem neuen Ganzen. Dessen Wahrheit offenbare sich allerdings nur dem endgültig, der die gesamten 2 000 Seiten seiner bisherigen acht Offenbarungsbücher lese. Schon bei der schnellen Lektüre offenbaren sich eine Vielzahl problematischer Positionen. So ist die neue Offenbarung etwa erheblich demokratiekritisch eingestellt und rät zu „anderen Formen der Selbstverwaltung“.

Generelle Einschränkungen für die Vermietung von Räumlichkeiten könnte allerdings der Stadtrat erlassen, stellte Rechtsdirektor Stefke fest. Sie müssten dann aber allgemeingültig sein. So sind im Söller im Gotischen Rathaus etwa politische Veranstaltungen verboten.

 

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