Die Weißenburger Lubberer kommt zurück

26.4.2017, 15:27 Uhr
Die Weißenburger Lubberer kommt zurück

© Jan Stephan

„Ich habe das vielleicht ein bisschen unterschätzt“, stellt Kazim Tolu fest. An der Zuversicht des aus Weißenburg stammenden Bausachverständigen ändert das aber nichts. „Das ist ein biss­chen mein Hobby und das wird richtig gut hier“, sagt er. In seinem Kopf ist das Haus bereits fertig. Er kann einem das Konzept von der Biergartenküche, über die Bar, das Nebenzimmer, den Speiseaufzug für den Saal bis hin zu den Standpunkten der Kühlschränke in der Küche im Detail erklären. Und das tut er auch gerne.

Seine Arbeiter haben in den vergangenen Wochen entkernt, containerwei­se Schutt und Müll aus dem Gebäude geschafft, die Kamine abgerissen und die Bausubstanz freigelegt. „Da haben wir einige Dinge gefunden, die uns ein bisschen Kopfweh gemacht haben“, sagt Tolu. Die Balken des Fachwerks zerfallen zu Staub, wenn man sie anfasst, manch Kamin wiegte sich im Wind, und wo auf der einen Seite ein Stahlträger ist, findet sich auf der anderen Seite nur ein Holzbalken. „Die haben damals eben verbaut, was sie eben hatten.“

Deswegen wird in den nächsten Wochen der komplette Dachstuhl abgerissen, das Gebäude um rund einen halben Meter kürzer gemacht, um eine durchgehende Traufe zu bekommen, und darauf ein neues Dach gesetzt. „Wenn das Dach fertig ist, brauchen wir noch drei Monate“, sagt Tolu und hält deshalb daran fest, dass die Sanierung 2017 abgeschlossen sein soll. „Silvester wollen wir hier feiern“, sagt er.

Das haben die Weißenburger immer gerne gemacht. 1836 baute die Brauerei Zum Weißen Lamm (heutiger Wittelsbacher) auf die Ludwigshöhe einen Sommerkeller samt kleinem Vorhaus und Kegelbahn.

Generationen von Weißenburgern verbrachten dort manch sonnigen Sommertag und tranken offensichtlich auch ordentlich. Gut 26000 Liter Bier wurden 1936 auf der Ludwigshöhe ausgeschenkt, wie das Stadtarchiv recherchiert hat. Das sind 140 Halbe pro Tag – gerechnet
auf alle 365 Tage des Jahres. Die Niedergang begann in den 1950er-Jahren, als die langjährige Pächterfamilie Knaupp sich verabschiedete. Es begann eine Zeit des häufigen Pächterwechsels. 2008 sperrte der Club Salinas zu, der die „Lubberer“ für mehrere Jahre wieder zu einem angesagten Weggehort gemacht hatte. Am Ende scheiterte man an den unzureichenden baulichen Bedingungen für den betrieb eines Clubs.

Seit fast einem Jahrzehnt steht der ehemalige Sommerkeller seitdem leer. Und spätestens im April vergangenen Jahres schien die Geschichte der Gaststätte endgültig ihrem Ende entgegenzugehen. Ein Brand in der ehemaligen Kegelbahn beschädigte die ohnehin marode Substanz des Gebäudes weiter. Im Nachhinein erwies sich der Brand als Glücksfall. Mit der Versicherungssumme konnte die Kernsa­nierung anfinanziert werden. „Ohne den Brand hätte ich es nicht genommen“, sagt Tolu heute.

Saal mit bis zu 500 Stehplätzen

Und das wäre jammerschade gewesen, denn er will mit der Ludwigshöhe zurück zu altem Glanz. Zehn Fremdenzimmer werden unter dem Dach und in einem Anbau eingerichtet, der große Saal mit bis zu 180 Sitzplätzen und knapp 500 Plätzen für stehendes Publikum soll wieder genutzt werden, und im Erdgeschoss soll wieder eine Wirtschaft einziehen. Und zwar eine, die sich auf das konzentriert, was die „Lubberer“ einst groß machte. Einfache, aber hervorragende fränkische Küche auf handwerklich starkem Niveau.

Gespräche mit potenziellen Betreibern habe es schon gegeben, aber noch keine weitergehenden Verhandlungen. „Spätestens wenn das Gebäude fertig ist, werden wir einen finden. Daran wird es nicht scheitern“, sagt Tolu. „Und wenn wir keinen finden, dann sperren wir erst mal nicht auf. Bevor ich einen habe, der das nicht richtig macht, warte ich lieber noch.“ Die Fremdenzimmer und den Saal wollen die Tolus selbst verwalten, die Wirtschaft soll verpachtet werden. „Zu Bedingungen, die auch dem Wirt Spaß machen“, stellt Tolu fest. „Ich glaube nicht, dass ein Wirt hier Spaß hat, wenn er mit Nebenkosten erst mal 5000 Euro im Monat zusammenbekommen muss.“

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